Erste Lehrlingsbaustelle in Niederösterreich
Liebnitz (nlk) - Rund 50 Lehrlinge von niederösterreichischen Handwerksbetrieben in 17 Berufen
- vom Maurer über Installateure und Elektriker bis zum Dachdecker und Gartengestalter - werden selbst, nur
betreut von Ausbildnern, im Alleingang Hand anlegen, um in Liebnitz im Thayatal nach dem Spatenstich am 10. Oktober
auf 876 Quadratmeter Nutzfläche ein Wohn- und Ferienpflegeheim für Kinder zu errichten, die an Mukopolysaccharidose
(MPS) unheilbar erkrankt sind. Sie richten damit die erste niederösterreichische Lehrlingsbaustelle ein. Der
Bau ist voraussichtlich Ende Frühjahr 2005 fertig. Bauherr ist die Siedlungsgenossenschaft Waldviertel. Das
Wohn- und Ferienpflegeheim ist ein gemeinsames Projekt des Ressorts Wohnbau der NÖ Landesregierung, der Siedlungsgenossenschaft
Waldviertel und der Initiative Handwerk Marketing Ges.m.b.H.
Handwerksberufe hätten in den letzten Jahrzehnten an Prestige verloren. Das sei bedauerlich, sagte Landeshauptmannstellvertreterin
Liese Prokop, „Theorie vor Praxis, das ist der Zeitgeist“. Derzeit würden in Niederösterreich ungefähr
700 bis 800 junge Menschen keine Lehrstelle bekommen. Genaue Zahlen liegen im Oktober bzw. im November vor. Dann
werde auch das mit allen Sozialpartnern und mit der Arbeiterkammer abgestimmte Auffangnetz wirken. Die Ausbildung
von Lehrlingen sei heute notwendig, damit es nicht zu einem Mangel an handwerklichen Facharbeitern kommt. In Liebnitz,
so Prokop, werde versucht, „ein mustergültiges Projekt zu realisieren“.
Die Nachfrage der Jugendlichen beschränke sich auf wenige Berufe. Im Fremdenverkehr, im Gesundheitsbereich
und in der Baubranche, etwa bei den Zimmerern und Spenglern, würden dagegen Lehrlinge gesucht, meinte Niederösterreichs
Wirtschaftskammer-Präsidentin KR Sonja Zwazl. Die bei der ersten Lehrlingsbaustelle in Niederösterreich
Beschäftigten seien daher auch für das Image vorteilhaft. Die Wirtschaft brauche nicht Modeberufe, sondern
das, was für die Wirtschaft notwendig sei.
Die Initiative Handwerk Marketing Ges.m.b.H. habe ähnliche Vorhaben in Vorarlberg und in Steiermark bereits
realisiert, ergänzte Geschäftsführer Andreas Müller. Man werbe auch in der Öffentlichkeit
für dieses Projekt und für die Lehre am Bau. In einer Zeitungsserie wird über Berufe und Karrierechancen
am Bau informiert. Webcams werden die Bauarbeiten live auf der Homepage www.lehrlingsbaustelle.at übertragen.
Zudem wird eine Lehrlingsbörse für Stellenangebote und -nachfragen eingerichtet. Auch Schulklassen werden
zu Exkursionen auf die Lehrlingsbaustelle in Liebnitz eingeladen. |