Wirtschafts-/Budgetpolitik – ÖIAG  

erstellt am
03. 09. 03

 Schüssel: voestalpine wird sich als Leitbetrieb weiterhin bewähren
Wien (bpd) - Bundeskanzler Wolfgang Schüssel nahm am Dienstag (02. 09.) nach dem Ministerrat zur Privatisierung der voestalpine Stellung: "Seit Bekanntgabe des Regierungsprogramms, das eine hundertprozentige Privatisierung vorsieht, ist ein deutlicher Anstieg der Aktienkurse zu verzeichnen. Wir liegen heute bei über 36 Euro pro Aktie. Das ist ein sichtbarer Erfolg für die Qualität dieses Unternehmens", betonte Schüssel und verwies darauf, dass Anfang des Jahres der Aktienkurs noch 20 Euro betragen habe. Der Bundeskanzler hob auch die Dividendenentwicklung des Unternehmens hervor. So hat die ÖIAG von der voestalpine in den vergangenen sieben Jahren 111 Millionen Euro an Dividenden bekommen. "Durch den Verkauf der ÖIAG-Anteile rechnen wir mit Einnahmen von 440 Millionen Euro. Das ist zwar nicht der bestmögliche Preis, weil wir strategische Investoren ausgeschlossen haben. Ich glaube aber, dass dieser Weg absolut sinnvoll ist", so Schüssel.

Bundeskanzler Schüssel wies auch darauf hin, dass der Anteil von stabilen österreichischen Aktionären bereits 36% beträgt. Dies beinhalte nicht die von der ÖIAG gehaltenen Anteile. Bereits frühere Regierungen hätten 63% der staatlichen Unternehmensanteile an der voestalpine verkauft, so Schüssel. "Durch diese Abgabe haben wir eine starke Mitarbeiterbeteiligung von etwa 6%. Dazu kommen Kleinaktionäre und institutionelle Anleger in der Höhe von etwa 26%", betonte Schüssel. " Der Verkauf der ÖIAG-Anteile an institutionelle und Kleinanleger und die Begabe als Wandelanleihe sichern unsere Zielen. Diese sind die langfristige Sicherung des Unternehmensstandortes, die Erhaltung der Forschungsaktivität und Entscheidungszentrale in Österreich sowie die Verbesserung der Arbeitsplatzperspektive. Dadurch können wir davon ausgehen, dass die vorgegebenen Ziele auch erfüllt werden", so Schüssel.

Der Bundeskanzler hob klar hervor, dass der Regierungsbeschluss zur Privatisierung der voestalpine Auftrag aber nicht die Durchführung bedeute. Die Umsetzung liege allein bei der ÖIAG. Der Privatisierungsauftrag der Bundesregierung wurde im April 2003 gefasst und am 25. Juni 2003 konkretisiert. "In unserem Interesse liegt, dass die Privatisierung den EU-Regeln entspricht, jedoch auch die Interessen der Belegschaft, der Kunden und des Zusammenhalts der voestalpine berücksichtigt werden. Die gesamtösterreichische Perspektive muss gewahrt werden. Ich bin davon überzeugt, dass die voestalpine österreichisch bleibt und sich als Leitbetrieb absolut bewähren wird", so Schüssel.

 

 Gusenbauer zu Voest: Aus Staatseigentum, soll ÖVP-Eigentum werden!
Wien (sk) - "Lassen Sie die Voest in Ruhe arbeiten, stoppen Sie die Privatisierung der Voest, das ist das Gebot der Stunde, Herr Finanzminister." So lautete die Forderung, die SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer in der Sondersitzung des Nationalrats am Dienstag (02. 09.) an Finanzminister Grasser richtete. Grasser, der zuvor am Rednerpult gestanden war, habe keinen einzigen nachvollziehbaren Grund nennen können, warum der Staatsanteil der Voest am 18. September über die Börse verkauft werden muss. Das mache die Bevölkerung zu recht misstrauisch. "Hier soll ein österreichisches Paradeunternehmen an eine Clique verkauft werden, die damit ein enormes Geschäft macht. Aus Staatseigentum soll ÖVP-Eigentum werden. Das ist aber keine Privatisierung und auch keine Wirtschaftspolitik", kritisierte Gusenbauer.

Gusenbauer erklärte, dass die bisherige Eigentümermischform - 65 Prozent der Voest sind in privaten Händen - für den Aufstieg der Voest zum erfolgreichsten Stahlunternehmen in Europa verantwortlich sei. Der private Anteil sichere das Bemühen, Gewinne zu erwirtschaften, der staatliche Anteil habe gleichzeitig eine feindliche Übernahme verhindert. Es gebe auch heute keinen einzigen Grund, die restlichen 34,7 Prozent Staatsanteil zu vescherbeln.

Alle Behauptungen und Versprechen, die die Regierung heute abgebe, wie zum Beispiel die Sicherung einer österreichischen Kernaktionärsstruktur, die Beibehaltung der Einheit des Unternehmens oder der Erhalt und Ausbau der Forschungs- und Entwicklungskapazitäten in Österreich seien unehrliche Erklärungen, mit der ÖVP und FPÖ versuchen würden, "über den oberösterreichischen Wahlkampf zu kommen". Denn Finanzinvestoren hätten die einzige klare Zielsetzung, Aktien bei steigendem Kurs weiter zu veräußern. "Ihre Erklärungen sind daher nur Wunschzettel an die künftigen Eigentümer", so Gusenbauer.

Kritik übte Gusenbauer auch am derzeitigen, unter der schwarz-blauen Regierung eingesetzten ÖIAG-Management. Es sei das bislang erfolgloseste, bestbezahlteste Management, das obendrein ein "noch nie da gewesenes Tohuwabohu" angerichtet habe.

In der Beantwortung der Dringlichen Anfrage der SPÖ habe Grasser keine einzige der an ihn gestellten Fragen beantwortet, stellte Gusenbauer weiters fest. Aber durch die Bemühung eines Otto-Bauer-Zitats habe Grasser bewiesen, dass sein wirtschaftspolitisches Verständnis am Niveau von 1927 stehen geblieben sei.

 

 Bleckmann sieht FPÖ-Linie voll umgesetzt
Deutschlandsberger Erklärung findet Niederschlag in gemeinsamem Entschließungsantrag
Wien (fpd) - "Was gestern noch unmöglich schien, sei heute durch ein umfangreiches Engagement der Freiheitlichen möglich geworden", kommentierte FPÖ-Generalsekretärin Magda Bleckmann das Zustandekommen eines gemeinsamen Entschließungsantrages der Regierungsparteien zur Privatisierung der Voest. Am Montag (01. 09.) hatten Molterer und Grasser einen solchen bekanntermaßen noch kategorisch ausgeschlossen.

In diesem Entschließungsantrag hätten die Freiheitlichen sämtliche ihrer Forderungen einbringen können. Demnach werde der Aktienanteil der Mitarbeiter auf 10% angehoben. "Das bedeutet eine Stärkung jener, die wohl am meisten an einer Fortsetzung der Erfolgsgeschichte des Unternehmens interessiert sind, nämlich die Dienstnehmer", sagte Bleckmann. Darüber hinaus habe man entgegen des ursprünglichen Wunsches der Volkspartei festschreiben können, dass auch die Anteile der österreichischen Aktionäre aufgestockt würden und eine österreichische Kernaktionärsstruktur von 25% plus einer Aktie Grundlage für eine Privatisierung sei.

Die Freiheitlichen sehen somit ihre Deutschlandsberger Erklärung vom 28. Juni 2003 vollends umgesetzt. "Denn: Wenn die ÖIAG keinen lupenreinen Kernaktionär findet, der sämtliche Zielvorgaben aus dem heutigen Entschließungsantrag auf Punkt und Beistrich erfüllt, kommt es zu keiner Privatisierung", fand Bleckmann klare Worte. Der heutige Antrag sei ein großer Erfolg für die Freiheitlichen und ein annehmbarer Kompromiß für den Koalitionspartner. "Sämtlichen Medien, die gegenteiliges Behaupten und der FPÖ hier ein Verlassen ihrer Linie attestieren, empfehle ich, sich vor der Verbreitung groben Unfugs mit dem Sachverhalt vertraut zu machen", schloss Bleckmann.

 

Grüner Antrag gegen »Zerschlagung« der Voest
Kogler: "Glaubwürdigkeitstest" für alle österreichischen Abgeordneten
Wien (grüne) - Einen "Sicherheitsbeschluss gegen den Ausverkauf der Voestalpine AG" forderten die Grünen bei der Sondersitzung des Nationalrates ein. Sie haben einen Entschließungsantrag eingebracht, mit dem der Privatisierungsauftrag an die ÖIAG dahingehend abgeändert werden soll, dass zumindest 25 Prozent plus eine Aktie als Sperrminorität vorerst von der ÖIAG nicht verkauft werden sollen. Ein "Glaubwürdigkeitstest" für alle oberösterreichischen Abgeordneten, so Budgetsprecher Werner Kogler.
Im Landtag wurde dort nämlich ein fast identer Antrag mit den Stimmen von FPÖ, SPÖ und Grünen gegen die ÖVP beschlossen. Den Antrag begründet Kogler mit dem "hervorragenden Entwicklungsprozess" der voestalpine in den letzten Jahren. Mit der bestehenden Eigentümerstruktur könnten die Ziele der Regierung "am sichersten erreicht werden", meint Kogler. Die Voestalpine AG könne damit ihren Kurs der Diversifizierung fortsetzen.

Weiters wollen die Grünen den Rechnungshof-Ausschuss trotz Sommerpause sofort einberufen, um die vom Rechnungshof kritisierten ÖIAG-Verträge unter die Lupe zu nehmen. "Damit die Gesetzgeberin umgehend die notwendigen Konsequenzen aus den im Wahrnehmungsbericht aufgezeigten Missständen ziehen kann", so die Grünen. Den SP-Misstrauensantrag gegen Finanzminister Karl-Heinz Grasser wird man aller Wahrscheinlichkeit nach unterstützen.

Die Dringliche Anfrage der SPÖ sowie die Anträge von Grünen und Sozialdemokraten werden ab 15.00 Uhr behandelt.
 
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