Ettl: Basel II-Bericht des EP legt Grundlage für künftige EU-Richtlinie  

erstellt am
03. 09. 03

Dringender Appell an Europas Banken: Keine unnötige Kredit-Verteuerung
Wien (sk) - "Der heute in Straßburg zur Abstimmung gebrachte Initiativbericht des Europäischen Parlaments zu Basel II ist in Summe eine gute Grundlage für die neue Bankenaufsicht-Richtlinie, die ab 2006 wirksam werden soll." Harald Ettl, SPÖ-Europaabgeordneter und Mitglied des Ausschusses für Wirtschaft und Währung, nennt am Dienstag (02. 09.) das nun vorliegende Papier eine "fundierte Prinzipienerklärung des Parlaments, an der sich die EU-Kommission bei den weiteren Verhandlungen mit dem EP orientieren sollte." Die Diskussion im Europäischen Parlament verbindet Ettl mit einem Aufruf an Europas Banken, Basel II nicht weiter als Vorwand für ungerechtfertigte Kreditzinserhöhungen oder Kreditkündigungen zu benützen. "Dies gilt vor allem für Kredite, für die von den Banken nach dem jüngsten Richtlinien-Entwurf sogar ein geringeres Eigenkapital zu halten sein wird als nach heutigem Basel I-Recht."

Der Rückgang der Kreditvergaben durch die Banken, so Ettl, sei zwar großteils auf konjunkturelle Unsicherheiten und mangelnde Nachfrage zurückzuführen, habe aber auch angebotsseitige Ursachen: "Viele Banken versuchen mit Hinweis auf Basel II ihre Zinsspanne zu erhöhen oder weisen Kreditnehmer mit höherem Risiko ab. Auch die Zinssatzsenkungen der EZB sind nur selten in vollem Umfang an die Kreditnehmer weiter gegeben worden."

Von der künftigen Richtlinie erwartet sich Ettl, dass sie tatsächlich einen echten Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen ermöglicht und nationalstaatliche Sonderregelungen nur bei objektiven Besonderheiten zulässt. "Erst wenn eine weit reichende Integration von Basel II in den Rechtsstand der 15 bzw. 25 EU-Mitgliedstaaten umgesetzt ist, sind auch die erhofften Wachstumsschübe eines großen und vertieften Binnenmarktes realistisch." Darüber hinaus müsse sicher gestellt werden, dass jedes Bankenaufsichtsrecht, das aus den Basel II-Verhandlungen hervorgeht, letztlich dem Gläubigerschutz, "also dem Schutz der Sparer und der Funktionsfähigkeit des Finanzmarktes dient."

KMU-Bedürfnisse weitgehend berücksichtigt
An den bisherigen Entwürfen streicht Ettl insbesondere die Tatsache hervor, dass die meisten Besonderheiten von Klein- und Mittelbetrieben als Motor der europäischen Wirtschaft berücksichtigt wurden. Offen sei derzeit noch die Risikoeinstufung von Banken-Beteiligungen an Unternehmen sowie an Venture-Capital-Fonds. Ettl: "Hier muss ein Mittelweg gefunden werden, der den Risiken gerecht wird, den Banken aber gleichzeitig keine überzogenen Eigenkapital-Vorschriften aufbürdet und somit die Kapitalaufbringung für Unternehmen unnötig erschwert."

Darüber hinaus sei bei den Vorschriften für eine KMU-"Risikopoolung" (einheitliche Risikobewertung von Krediten an vergleichbare Unternehmen oder Branchen) und den damit verbundenen Berechnungen und Annahmen ("Stress Test") darauf zu achten, dass die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt. "Basel II darf nicht zu ausufernden administrativen Mehrbelastungen für die Banken und damit für ihre Kreditnehmer führen." Ähnliches gelte auch für die parallele Verwendung von internen Rating-Verfahren und Verfahren des sogenannten Standard-Ansatzes: "Die Auswahl des Verfahrens kann selbstverständlich kein Rosinen-Picken durch die Beaufsichtigten sein. Gleichzeitig sind aber auch unnötige Schikanen durch die Aufsichtsbehörde strikt zu vermeiden."

Gemeinwirtschaftliche Besonderheiten integrieren
Neben dem starken Gewicht von KMUs gehört das Nebeneinander von privatwirtschaftlich geführten Betrieben und Unternehmen, die zumindest teilweise gemeinwirtschaftliche Aufgaben erfüllen, zu den typisch europäischen Besonderheiten. Dies gilt u.a. auch für Public Private Partnership-Projekte, für Unternehmen im öffentlichen Sektor und für viele Träger der Daseinsvorsorge und Infrastruktur. In diesen Fällen, so Ettl, sei in der EU-Richtlinie eine Möglichkeit zu nationalstaatlichen Regelungen im Bankenaufsichtsrecht angebracht. "Denn diese Unternehmen besitzen - wenn sie im öffentlichen Eigentum stehen - in den seltensten Fällen eine Risikoeinstufung durch eine Rating-Agentur bzw. weisen nach einer Privatisierung eine zu kurze Unternehmensgeschichte auf. Würde man nun diese Kreditnehmer über einen rein privatwirtschaftlichen Einheitskamm scheren, so verteuert oder verhindert man die Bankkredite und belastet damit auch die Nutzer der Infrastruktureinrichtungen. Daher wird es notwendig sein, hier das Risiko entsprechend den nationalen Gegebenheiten einzustufen."

Konsumenten- und Kleinanlegerschutz gewährleisten
Insbesondere im Hinblick auf sogenannte Asset Backed Securities (wirtschaftliche Zusammenfassung von Bankkrediten und deren "Verkauf" in Form von Wertpapieren) fordert der Europaabgeordnete ein klares Regelwerk. Die EU müsse hier zu einem Interessensausgleich zwischen der Wettbewerbsfähigkeit des Finanzmarktes und den berechtigten Anliegen der Konsumenten und des Kleinanlegerschutzes kommen. "Denn dieses eigentlich aus dem anglo-amerikanischen Raum stammende Finanz-Instrument wird auch für den europäischen Markt immer wichtiger. Für den Käufer solcher Wertpapiere ist daher eine transparente Information über die Risikoaufteilung zwischen ihm und der Bank von entscheidender Bedeutung."
     
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