Ein Rätsel trotz aller Beweise  

erstellt am
02. 09. 03

Franzobels biografischer Monolog zum Frauenmörder Jack Unterweger
Graz (forum stadtpark theater) - Als der österreichische Frauenmörder Jack Unterweger seinem Leben in einer Schlinge aus einem Schnürsenkel ein Ende setzte, war er bereits eine Legende geworden. Einerseits als der Häfen-Poet, der die "Technik des Erzählens" per Fernkurs aus dem Knast heraus erlernte, andererseits als eines der letzten Symbole jener liberalen Zeit, die an die Resozialisierung von Verbrechern glaubte.


Foto: forum stadtpark theater

11 Morde an Frauen in Österreich, den USA und Tschechien sollen auf das Konto des mutmaßlichen Serienkillers gehen. Dennoch war er im medizinischen Sinne nicht geistesgestört: Er wusste, was er tat und manipulierte die Öffentlichkeit genauso geschickt wie seine Opfer.

Der schrille Monolog des Bachmannpreisträgers und Meisters der skurrilen Phantasie Franzobel folgt dem "Fürsorgefratz", "Hurenbankerl", "Frauenliebling" und Massenmörder auf den wichtigsten Stationen seiner Biografie und zeigt den Menschen hinter dem Medien- und Rechtsphänomen Unterweger, seine Schrullen, Sehnsüchte und Lebensanschauungen in einem Kosmos voller Perversität und zwischenmenschlicher Kälte.

Ist er der Täter, oder nicht? Hat er elf Prostituierte ermordet, oder nicht: "Natürlich hätte ich sagen können, ich sei es gewesen. Oder nein: ich war ein Justizopfer." Der da spricht, ist Jack Unterweger, 1994 wegen neunfachen Frauenmordes zu lebenslangem Gefängnis verurteilt und einen Tag nach dem Urteil durch Selbstmord ums Leben gekommen. In der Diktion des Bachmann-Preisträgers und Meisters der skurrilen Phantasie Franzobel klingt das so:"War a s, war a s net, hat a elf Huren okragelt oder net, natürlich kunnt i sagen, i wars, oder na, i bin a Eumel der Justiz!" Die Uraufführung von Franzobels Monolog, ein Grenzgang nicht nur für den Autor sondern auch für Rudi Widerhofer in der Rolle des Massenmörders, steht am 20. August 2003 in der Regie von Ernst M. Binder auf dem Programm der Festwochen Gmunden.

Als der österreichische Frauenmörder Jack Unterweger seinem Leben in einer Schlinge aus einem Schnürsenkel ein Ende setzte, war er bereits eine Legende geworden. Einerseits als der Häfen-Poet, der die "Technik des Erzählens" per Fernkurs aus dem Knast heraus erlernte, andererseits als eines der letzten Symbole jener liberalen Zeit, die an die Resozialisierung von Verbrechern glaubte. 11 Morde an Frauen in Österreich, den USA und Tschechien werden dem Serienkiller zugeschrieben.

Zur Rekapitulation der unglaublichen Ereignisse: Der Österreicher Jack Unterweger, unehelicher Sohn eines US-Soldaten und einer Wiener Prostituierten, machte eine geradezu erstaunliche Karriere. Als 24jähriger wurde er 1974 zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt, weil er die 18jährige Deutsche Margaret Schäfer mit ihrem BH erdrosselt hatte. Das Opfer hatte ihn an seine Mutter erinnert. Im Gefängnis verfasste Unterweger seine Autobiographie "Fegefeuer oder die Reise ins Zuchthaus", in welcher er sich mit seiner Kindheit und seiner Verbrechenskarriere auseinandersetzte. Kritiker feierten das Buch, und Unterweger avancierte zum Liebling der Schickeria.

Die österreichische Justiz entließ daraufhin den prominenten Häftling bereits nach 16 Jahren vorzeitig. Ab Oktober 1990, knapp sechs Monate nach seiner Entlassung, häuften sich neue, grässliche Frauenmorde, denen eine vergleichbare Handschrift des Täters gemeinsam schien. Nach abenteuerlichen Ereignissen - Unterweger berichtete zeitweise selbst als Journalist über die Morde - wurde er schließlich wegen 9fachen Mordes zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilt. Jack Unterweger, der die Morde vor Gericht bis zuletzt geleugnet hatte, erhängte sich einen Tag nach dem Urteil in seiner Zelle.

Der schrille Monolog Franzobels folgt dem "Fürsorgefratz", "Hurenbankerl", "Frauenliebling" und Massenmörder auf den wichtigsten Stationen seiner Biografie und zeigt den Menschen hinter dem Medien- und Rechtsphänomen Unterweger; seine Schrullen, Sehnsüchte und Lebensanschauungen in einem Kosmos voller Perversität und zwischenmenschlicher Kälte.

Franzobel
BLACK JACK
mit Rudi Widerhofer als Jack Unterweger
und Lothar Lässer als Kärntner Volldepp

Musik: Lothar Lässer
Inszenierung: Ernst M. Binder
Ausstattung: Carlos Schiffmann
Dramaturgie: Alexandra Rollett
Licht: Geari Schreilechner

Aufführungstermine: 9., 10., 11., 12., 13., 16., 17., 18., 19., 20., 23., 24., 25., 26., 27., 30. September; 1., 2., 3., 4. Oktober 2003, 21:00 Café Stockwerk, Graz

Eine Koproduktion des forum stadtpark theater, Graz mit Festwochen Gmunden und dietheater, Wien

Kartenvorbestellungen: drama@gmx.com

Text von Werner Wolf zur Uraufführung in Gmunden

     
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