IV-Präsident Mitterbauer: Wachstumspolitik ist wirtschaftspolitische Hauptherausforderung
Wien (PdI) - Anlässlich des Tages der Industrie hat die Industriellenvereinigung gemeinsam mit
Unternehmerinnen und Unternehmern in drei Arbeitsgruppen die neue IV-Wachstumsstrategie "Wachstum.Nachhaltig.Gestalten"
fertiggestellt und Bundeskanzler Wolfgang Schüssel übergeben. "Wir haben dieses Programm erarbeitet,
weil wir überzeugt sind, dass die Schaffung zusätzlichen Wachstums zur wirtschaftspolitischen Hauptherausforderung
des Herbstes wird", betonte der Präsident der Industriellenvereinigung, DI Peter Mitterbauer auf einer
Pressekonferenz gemeinsam mit IV-Vizepräsident Dr. Veit Sorger und IV-Generalsekretär Dkfm. Lorenz Fritz.
Die Umsetzung von "Wachstum.Nachhaltig.Gestalten" soll den herrschenden Pessimismus und die Zurückhaltung
von Produzenten und Konsumenten abbauen helfen und der investierenden Wirtschaft Vorhersehbarkeit und Berechenbarkeit
der zukünftigen Rahmenbedingungen gewährleisten.
Das IV-Wachstumspapier folgt dem von der Industriellenvereinigung entwickelten politischen Strategie-Dreieck mit
den Eckpunkten "Staat modernisieren - Bürger und Unternehmen entlasten - In die Zukunft investieren."
Zu diesen Themenfeldern werden die Ist-Situation analysiert und konkrete kurz- und mittelfristige Maßnahmen
vorgeschlagen.
Im Bereich der öffentlichen Verwaltung legt die Industriellenvereinigung große Erwartungen in die Ergebnisse
des Österreich-Konvents. Klar sei, dass alleine eine gelungene Verwaltungsreform Einsparungen bis zu 3 Mrd.
EUR ermögliche. IV-Präsident Mitterbauer geht damit von einem ähnlichen Potenzial wie die Wirtschaftskammer
Österreich aus. Darüber hinaus verwies die IV auf die unterschiedlichen Kosten der Hoheitsverwaltung
in den Bundesländern. So schwankt die Zahl der Bediensteten im Bereich der Hoheitsverwaltung je tausend Einwohner
zwischen 2,5 (Stmk.) und 4 (Bgld., Sbg.). Ebenso uneinheitlich sind die Personalausgaben auf Gemeindeebene je Einwohner,
die sich zwischen EUR 250 (Bgld.) und EUR 580 (Vbg.) bewegen. "Schließlich sind auch die Gehaltsstrukturen
ungleichmäßig. Deshalb ist es für Einrichtungen des Bundes schwierig, Beamte aus den Bundesländern
zu gewinnen, weil deren Gehaltsniveau vom Bund nicht gehalten werden kann", so Mitterbauer.
Konkret schlägt die Industriellenvereinigung zur Staatsmodernisierung vor:
- Der Abschluss eines "Finanzausgleichs neu" muss mehr Transparenz, mehr Steuerungselemente, mehrjährige
Planungen sowie Kosteneinsparungen für den Staat bringen.
- Die Einführung einer - nach betriebswirtschaftlichen Prinzipien aufgebauten - Kostenrechnung für
die öffentliche Verwaltung unter Einbeziehung von Experten aus der Wirtschaft und ein darauf basierendes Controlling-System
ist ein entscheidender Hebel für permanente Effizienz-Steigerungen.
- Eine verpflichtende Gesetzesfolgekostenabschätzung vor dem Beschluss von Gesetzen soll Auswirkungen für
die Gesamtwirtschaft ermitteln und Fehlregulierungen vermeiden.
- Kostensenkungs-Potenziale in einzelnen Bereichen sollen durch strukturierte Durchleuchtung ermittelt werden
(z.B. Zahl der Krankenhausbetten, Lehrer-Schüler-Quoten, Neustrukturierung der ÖBB).
Sorger: Weniger Belastungen - mehr Wachstumschancen
IV-Vizepräsident Veit Sorger präsentierte die aus Sicht der Industrie notwendigen Entlastungsmaßnahmen,
um zusätzliches Wachstum generieren zu können. Der Druck auf den Steuerstandort Österreich habe
sich durch Maßnahmen der Mitbewerber - insbesondere in der Unternehmensbesteuerung - verstärkt: "Wir
müssen aufpassen, dass wir vom Leistungs- nicht zum Lastenstandort werden!"
Konkret nannte Sorger folgende Entlastungsmaßnahmen:
- Neben der schrittweisen Senkung des KÖSt-Satzes auf 25 Prozent, die Einführung einer modernen Gruppenbesteuerung,
steuerliche Verbesserungen beim Beteiligungserwerb. Darüber hinaus die steuerliche Erleichterung der Internationalisierung
(Anerkennung von Auslandsverlusten von Töchtern, keine Besteuerung stiller Reserven beim Transfer von Wirtschaftsgütern),
die Aufhebung der 75%-Vortragsgrenze für Verluste, die Abschaffung der Gesellschaftssteuer und der Kreditgebühr
und die Absenkung der Lohn- und Einkommensteuerbelastung.
- Auf Grund der unverhältnismäßigen Verteuerung durch die LKW-Straßenmaut kompensierende
Entlastungen durch eine massive Absenkung der KFZ-Steuer im Sinne der geplanten neuen EU-Wegekostenrichtlinie.
Weiter die Abschaffung der Doppelmauten (Vielfahrerbonus) und keine weitere Mautanhebung, solange der österreichische
Tarif im europäischen Spitzenfeld liegt, sowie die Teilzweckbindung der MÖST.
- Im Bereich CO2/Klimaschutz ist zur standortverträglichen Erreichung des Reduktionsziels der Industrie
die volle Nutzung des Potenzials der flexiblen, projektbezogenen Instrumente unerlässlich. Vor allem aber
eine ausreichende Zuteilung von Emissionszertifikaten unter Berücksichtigung des jeweiligen betrieblichen
Reduktionspotenzials und unter Beachtung standortpolitischer Gesichtspunkte. In vielen Gesprächen gelang es,
dass die Bundesregierung dieses Thema als eine ihrer sechs Prioritäten für die Herbstarbeit aufgenommen
hat. Bundeskanzler Schüssel machte anlässlich des Industrieempfanges gestern klar, dass die Kyoto-Ziele
für die Regierung gelten, aber gleichzeitig die Zielerreichung nicht zu Lasten des Standortes der energieintensiven
Industrie zu gehen habe.
- Im Bereich Ökostrom muss neben der strikten Einhaltung der vorgesehenen Höchstbelastungsgrenzen und
der Konzentration der Förderung auf die effizientesten Anlagen die Beseitigung von Diskriminierungen für
Unternehmen am Programm stehen (Ökostromerzeugung für Eigenverbrauch, industrielle KWK, Ablauge und biogene
Abfälle).
Zukunftsinvestitionen: Stiftung rasch umsetzen, konsistente Headquarterpolitik entwickeln.
"Bei all der guten Arbeit, die die Bundesregierung in den vergangenen drei Jahren in der Innovationspolitik
geleistet hat: Österreich weist als Innovationsstandort im internationalen Vergleich Schwächen bei der
Innovationsfinanzierung, bei der wirtschaftlichen Umsetzung wissenschaftlicher Ergebnisse, bei der zersplitterten
Strukturierung der Forschungs- und Finanzierungslandschaft und bei der Gewinnung der "besten Köpfe"
für Innovation auf", betonte IV-Präsident Mitterbauer zum Themenfeld Zukunftsinvestitionen.
Die Industrie schlägt - beispielsweise - vor:
- Das Ziel, die F&E-Quote bis 2006 auf 2,5 % des BIP bzw. bis 2010 auf 3 % des BIP zu steigern und Österreich
unter die Top-3-Wirtschaftsstandorte der EU zu bringen, muss auf Basis eines entsprechenden politischen Commitments
konsequent verfolgt werden.
- Neben der wichtigen KMU - Politik soll eine konsistente Headquarter-Politik die Rahmenbedingungen für
Headquarters und Konzernforschungszentralen verbessern, damit diese auch in Zukunft in Österreich bleiben
bzw. sich hier ansiedeln.
- Die Ausgaben der öffentlichen Hand sind pro Jahr um rund 12 % im Sinn des Nationalen Forschungs- und Innovationsplans
zu steigern und unter Beachtung maximaler Hebelwirkung einzusetzen. Eine Nationalstiftung ist einzurichten. Die
Mittel aus Nationalstiftung bzw. Offensivprogramm II sind wirtschaftsnah einzusetzen, um die gegenwärtige
konjunkturelle Schwächephase rasch überwinden zu können.
- Die Internationalisierung des Bildungswesens ist fortzusetzen. Österreich muss als attraktiver Standort
für die "besten Köpfe" positioniert werden. Erforderlich ist u.a. ein Maßnahmenpaket
"Top-Wissenschafter und Forscher für die Industrie".
- Die öffentlichen Finanzmittel sind durch privates Kapital und private Initiativen im Rahmen von Public-Private-Partnerships
zu ergänzen. Die Förderungsmöglichkeiten für transeuropäische Ausbauvorhaben sind besser
zu nutzen. Die Planungs- und Genehmigungsverfahren im Straßen- und Schienenbereich sind deutlich zu beschleunigen.
Die Effizienz der Finanzierungs-, Betriebs- und Errichtungsgesellschaften von Verkehrsinfrastruktur ist deutlich
zu erhöhen
IV-Präsident Mitterbauer abschließend: "Alle Diskussionen um den Unternehmensstandort Österreich
der vergangenen Wochen greifen zu kurz oder sind überflüssig, wenn nicht wirtschaftspolitische Maßnahmen
für mehr Wachstum und zur Steigerung der Standortattraktivität - insbesondere kurz vor der Erweiterung
der Europäischen Union - getroffen werden. Diese Bundesregierung hat den Mut zu grundlegenden Strukturreformen
gezeigt, sie sollte zusätzlich mutige wirtschaftspolitische Wachstumsmaßnahmen treffen!"
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