Paris (esa) - Wissenschaftliche Ausrüstung mit erstem europäischem Studentenexperiment auf der
ISS angekommen Die Vorbereitungen für die spanische Sojus-Mission zur Internationalen Raumstation (ISS) im
Oktober sind einen weiteren Schritt vorangekommen: Am 31. August um 5.41 Uhr MESZ hat das unbemannte Progress-Fahrzeug
M-48 (ISS-Mission 12P), das zwei Tage zuvor um 3.48 Uhr MESZ vom Kosmodrom in Baikonur, Kasachstan, gestartet worden
war, erfolgreich an der ISS angedockt.
Die russischen Progress-Fahrzeuge werden zur Versorgung der ISS eingesetzt. Der am vorvergangenen Freitag gestartete
„Frachter“ hatte unter anderem europäische Experimentausrüstung an Bord, die bei der bevorstehenden Mission
des spanischen ESA-Astronauten Pedro Duque eine wichtige Rolle spielen wird. Duque wird eine Reihe physikalischer,
humanphysiologischer, biologischer und bildungsbezogener Experimente durchführen.
Eines davon ist der Studentenversuch WINOGRAD zur Erforschung des unterschiedlichen Wachstumsverhaltens von Winogradski-Säulen
in der Schwerelosigkeit und auf der Erde. Winogradski-Säulen sind Kolonien verschiedener Bakterienarten, in
denen die Abfallstoffe einer Art den anderen als Nahrung dienen. Auf der Erde leben sie in Teichen oder Seen und
benötigen lediglich Licht zur Photosynthese. Ihre Eigenschaften machen sie interessant für Wissenschaftler,
die nun über die Möglichkeit nachdenken, bei künftigen Langzeit-Raumflügen auf ihre Hilfe zu
setzen: Bakterien könnten zur Abfallbeseitigung oder zum Recycling von Luft und Wasser eingesetzt und die
von ihnen erzeugten Gase als Brennstoff verwendet werden.
Wegen seiner lebenden Proben mußte WINOGRAD bis zuletzt zugänglich bleiben. Das Experiment wurde daher
als eine der letzten Nutzlasten erst acht Stunden vor dem Start in das Progress-Fahrzeug eingebaut. Es soll von
der gegenwärtigen ISS-Mannschaft aktiviert werden und bis zur Ankunft Duques im Oktober aktiv bleiben.
Zur Nutzlast dieses Progress-Flugs gehörten auch wesentliche Komponenten von vier weiteren lebenswissenschaftlichen
Experimenten. Eins davon ist PROMISS-2, das unser Verständnis der grundlegenden Vorgänge bei der Proteinkristallisierung
verbessern soll. Das Experiment NEUROCOG, das Aufschluß darüber geben soll, wie die Menschen die Weltraumumgebung
wahrnehmen, welche Rolle das Gefühl für Sicht, Gleichgewicht, Bewegung und Position dabei spielt und
welchen Einfluß die Schwerelosigkeit auf ihre Wahrnehmung hat, und das Experiment CARDIOCOG zur Erforschung
der Veränderungen im Herz-Kreislauf-System und bei der Atmung in der Schwerelosigkeit wurden bereits vom belgischen
ESA-Astronauten Frank De Winne während seiner Mission „Odissea“ im Oktober 2002 erfolgreich durchgeführt;
allerdings haben die damals erzielten Ergebnisse eine Reihe neuer Fragen aufgeworfen, denen nun in weiteren Untersuchungen
auf den Grund gegangen werden soll. Das ESA-Experiment BMI schließlich soll die Veränderungen des Blutdrucks
im 24-Stunden-Rhythmus messen; seine Ergebnisse könnten zur Entwicklung von Maßnahmen gegen die Blutverlagerung
beim Menschen in der Schwerelosigkeit führen.
Darüber hinaus wurde eine Biologie-Aktivierungseinheit für die Experimente ROOT und GENE zur ISS gebracht,
die beim bevorstehenden Flug Duques mitgeführt werden sollen.
Neben der Durchführung der oben geschilderten Experimente wird Pedro Duque bei seiner am 18. Oktober beginnenden
Mission vor allem die Aufgabe haben, die Sojus TMA-2, die seit April als „Rettungsboot“ an der ISS angedockt ist,
gegen die Kapsel der Sojus TMA-3 auszutauschen. Duque nimmt an diesem Flug, der gleichzeitig dem „Wachwechsel“
auf der ISS dient - Michael Foale (USA) und Alexander Kaleri (Rußland), die Mitglieder der neuen Bordmannschaft
(„Expedition 8“), werden ihre Kollegen der „Expedition 7“, Ed Lu (USA) und Jurij Malenchenko (Rußland), ablösen
- als Flugingenieur teil. Nach Beendigung seiner Mission wird er mit Lu und Malenchenko an Bord der TMA-2-Kapsel
zur Erde zurückkehren.
Derzeit bereitet sich Duque, der als sechster Europäer zur ISS fliegen wird, in der Sternenstadt bei Moskau
auf seine Mission vor. Bei diesem Flug ist erstmals ein Europäer Ersatzmann für einen Europäer:
Für den Fall der Fälle stünde der niederländische ESA-Astronaut André Kuipers bereit,
der im April nächsten Jahres im Rahmen einer niederländischen Sojus-Mission die Raumstation besuchen
soll. |