Chalupka vor dem Expertenhearing: Richtige Nutzung des bestehenden Asylgesetzes statt unausgereifter
Reform
Wien (epd Ö) - Heftige Kritik an dem von Innenminister Strasser vorgelegten Gesetzesentwurf
übten Asyl-Experten im parlamentarischen Hearing am Dienstag (23. 09.). "Die
Absicht des Asylgesetzentwurfs, die Verfahren zu beschleunigen, ist zwar zu begrüßen, doch bietet der
Entwurf dafür keine ausreichende Problemlösung und ist schlichtweg unausgereift und daher abzulehnen",
sagte der Direktor der Diakonie Österreich, Michael Chalupka bei dem Hearing im Innenausschuss.
Die Beschleunigung gehe auf Kosten des Rechtsschutzes, indem vor das eigentliche Verfahren ein Zulassungsverfahren
geschaltet werde und die Berufungsmöglichkeiten eingeschränkt werden sollen. Ein solches Zulassungsverfahren
nehme in unqualifizierter Weise das Asylverfahren vorweg und berge das Risiko, dass Menschen dann nicht mehr zum
Asylverfahren zugelassen würden, die jetzt noch Asyl in Österreich bekommen haben und vor Verfolgung
sicher seien, verdeutlichte Chalupka. "Was wir wirklich brauchen, ist daher kein Asylzulassungsverfahren,
das schutzbedürftige Menschen in die Illegalität drängen wird – und weitere soziale Probleme schaffen
wird, da sich ja auch diese Menschen nicht in Luft auflösen werden, sondern wir brauchen eine personell und
qualitativ so ausgestattete erste Instanz, deren Bescheide es dem Unabhängigen Asylsenat (UBAS) ermöglichen,
als Überprüfungsinstanz zu agieren", betonte der Diakonie-Direktor.
Das derzeit geltende Asylgesetz sei bereits ein taugliches Instrument zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft.
„Mit punktuellen Novellierungen in einigen wenigen Punkten könnten die in der Vollzugspraxis aufgetretenen
Schwierigkeiten behoben werden, und das geltende Asylgesetz würde noch viele Jahre gute Dienste leisten“,
regt der Diakonie-Direktor statt einer nunmehrigen Beschlussfassung für eine Reform an. Der Schlüssel
zu einem funktionierenden und den Nöten der Menschen gerecht werdenden Asylsystem liege nach wie vor in der
Verbesserung der qualitativen und quantitativen Ausstattung der ersten Instanz, also des Bundesasylamts.
Österreich sei kein besonders attraktives Asylland, die Zahl der Asylsuchenden sei wohl eher durch die Lage
Österreichs an den Schlepperrouten zu erklären. Dieser Umstand lasse sich aber durch den vorliegenden
Asylgesetzentwurf nicht beeinflussen.
In Österreich ist heuer die Zahl der Asylanträge erstmals nach Jahren wieder rückläufig. Von
Jänner bis August dieses Jahres wurden nach Daten des Innenministeriums 21.074 Anträge verzeichnet. Im
Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es noch 24.006, also um fast 3000 mehr. Im Vorjahr war mit insgesamt 39.354
Anträgen ein Rekord verzeichnet worden.
Das geplante Gesetz halte sich an den Entwurf der EU-Asyl-Richtlinie und widerspreche darum nicht den Grundrechten,
der Europäischen Menschenrechtskonvention oder der Genfer Flüchtlingskonvention, betonte Innenminister
Ernst Strasser. Dennoch soll die Kritik in der Endfassung berücksichtigt werden. Das EU-Parlament hat am Dienstag
den österreichischen Vorschlag für eine Liste sicherer Drittstaaten, in die Asylwerber zurückgebracht
werden könnten, abgelehnt und Österreich aufgefordert, seine Initiative zurückzuziehen. |