Stenzel:
Österreich profitiert am meisten von EU-Erweiterung
Rahmenbedingungen an Bedürfnisse anpassen - Ausbau der Infrastruktur - Zwei-Klassen-Gesellschaft
bei Kommissaren kontraproduktiv
Wien (övp-pk) - "Von der bevorstehenden EU- Erweiterung wird Österreich am meisten
profitieren - wegen seiner Nähe zu diesem Raum und den daraus resultierenden Chancen, in den dortigen wirtschaftlichen
Expansionskurs stark eingebunden zu sein", stellte ÖVP-Delegationsleiterin MEP Ursula Stenzel am Montag
(22. 09.) bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Generalsekretär Dr. Lorenz
Fritz, Industriellenvereinigung, fest. Voraussetzung dafür sei allerdings, dass die Rahmenbedingungen für
Industrie und Wirtschaft "positiv adaptiert" werden.
Stenzel verwies auf Studien, die eindeutig die Vorteile der Erweiterung für die heimische Wirtschaft, speziell
auch für die Industrie belegen. "Ein größeres Europa bedeutet ein stärkeres Europa. Die
Wachstumsraten in den mittel- und osteuropäischen Staaten liegen jährlich um rund 2,5 Prozent über
jenen des EU-Durchschnittes. Ein - für Österreich - hochinteressanter Wirtschaftsraum." Investitionen
und wirtschaftliches Engagement heimischer Unternehmen in diesen Ländern können laut Stenzel in Österreich
selbst beachtliche Wachstumsimpulse auslösen und zusätzliche Qualitätsarbeitsplätze schaffen.
Keine Zwei-Klassen-Kommissare
Die EU-Erweiterung mit 1. Mai 2004 bezeichnete Stenzel als "wirklichen Meilenstein in der Geschichte
Europas, weil dieser Tag ein historischer Schritt zur Vereinigung eines politisch stabilen Europas ist. Eine Vereinigung,
die erstmals unter friedlichen Vorzeichen und freiwillig geschieht". Umso mehr müsse man daher darauf
Bedacht nehmen, Ungerechtigkeiten und Ungleichgewichte von der ersten Minute an zu vermeiden. "Es geht nicht
an, dass wir eine Zwei- Klassen-Gesellschaft implementieren, dass es künftig Kommissare mit Stimmrecht und
solche ohne geben soll. Das erweiterte Europa kann nur funktionsfähig sein, wenn es ein Europa gleichberechtigter
Partner ist." Bei der nächsten Regierungskonferenz sollten daher laut Stenzel diese Probleme angesprochen
und korrigiert werden.
Wettbewerb erfordert tadellose Infrastruktur - Ausbau der transeuropäischen Netze drängt
Abgeordnete Stenzel betonte nachdrücklich die Wichtigkeit eines zügigen Ausbaues der transeuropäischen
Netze in Österreich: "Speziell der Ausbau der Verkehrsanbindung an den Osten drängt. Hier liegt
eine Wettbewerbsherausforderung der besonderen Art für unser Land. Sollen Industrie und Wirtschaft die Chancen
wahrnehmen, benötigen sie infrastrukturelle Voraussetzungen, die tadellos sind."
Man dürfe sich allerdings nicht der Illusion hingeben, so Stenzel, dass die Versäumnisse der früheren
SP-Regierungen im Bereich Schiene jetzt so rasch aufholbar seien, wie es die heimische Wirtschaft benötige,
"um von der Nähe zu den Erweiterungsländern tatsächlich reüssieren zu können".
Dem Ausbau der Straßenverbindungen müsse deshalb - wegen der Versäumnisse im Bereich Schiene -
Vorrang eingeräumt werden. Unter der Prämisse der Nachhaltigkeit gehe es jetzt darum, die ökonomischen
und ökologischen Ziele so zu harmonisieren, dass Österreich bzw. die Wirtschaft die Vorteile der EU-Erweiterung
lukrieren kann. "Wir können sicher nicht bis zum Jahr 2010 warten - da haben zwischenzeitlich dann andere
die Chancen genutzt", betonte Stenzel. |
Swoboda: Stenzel leidet unter verkehrspolitischem Realitätsverlust
Schuldige außerhalb der SPÖ zu suchen
Wien (sk) - "Mit ihrer heutigen Kritik an den angeblichen Versäumnissen der früheren SP-Regierungen
im Bereich Schiene übertrifft Europaabgeordnete Ursula Stenzel hinsichtlich ihres politischen Kurzzeitgedächtnisses
noch manche Exponenten der österreichischen Bundesregierung", urteilt Hannes Swoboda, SPÖ-Delegationsleiter
im Europäischen Parlament, am Montag (22. 09.) gegenüber dem SPÖ-Pressedienst.
Stenzel hatte heute bei einer Pressekonferenz wegen dieser "Versäumnisse" einen vorrangigen Ausbau
der Straßenverbindungen gefordert.
"Stenzel hat vergessen, dass an den SP-Regierungen die ÖVP nicht ganz unbeteiligt war, und dass in Österreich
schon einige Jahre eine Bundesregierung ohne SP-Beteiligung regiert." Vielleicht sei es in Brüssel schwer,
immer auf dem Laufenden zu sein - man habe jedenfalls schon bessere Ausreden gehört, warum in Österreich
beim Bahnausbau unter Schwarz-Blau nichts vorangehe, so Swoboda. "Und hätte nicht Infrastrukturminister
Gorbach rechtzeitig eingegriffen, hätte Staatssekretär Kukacka sein Ziel, die ÖBB zu zerschlagen,
wohl schon weit vorangetrieben." Es bleibe daher offen, so der Europaabgeordnete, "wie lang die ÖVP
noch der SPÖ ihr Scheitern im Infrastrukturbereich anlasten wird und wann die Regierung endlich die großartige
verkehrspolitische Bilanz von Schmid, Forstinger, Reichhold, etc. vorlegen wird." |