Musiktheater in drei Erzählungen von Bernhard Lang
Graz (2003) - Bernhard Langs erstes abendfüllendes Musiktheater fasst die wechselhafte Geschichte
von Europa und Amerika ins Auge und bringt mit drei Erzählungen nach Texten von Marquis de Sade, William Burroughs
sowie Prozessakten/Augenzeugenberichten eine mögliche Geschichte der Grausamkeit auf die Bühne.
Der österreichische Komponist Bernhard Lang hat das Thema Europa-USA schon lang vor dem 11. September 2001
zur übergeordneten Instanz eines Musiktheaterprojektes erhoben. "Das Theater der Wiederholungen"
lässt in seinem auf Gilles Deleuze verweisenden Titel nicht nur das spezifische Kompositionsprinzip des Werks
anklingen, sondern auch seine inhaltliche Programmatik: "Eine mögliche Geschichte der Grausamkeit".
Langs Opus Magnum ist in drei große Abschnitte, drei Erzählungen gegliedert, die jeweils im 18., 19.
und 20. Jahrhundert angesiedelt sind. Der erste Akt ("Lob der zynischen Vernunft") basiert auf Texten
von De Sade und Huysmans und wirft einen Blick auf den europäischen Absolutismus, thematisiert die Verherrlichung
des Naturrechts, das Lob des Stärkeren, die ideologische Absage an jede Form des sozialen und solidarischen
Denkens.
Der zweite Akt verlässt diesen grauen, zynischen, europäischen Kontext, widmet sich dem Aufbruch in eine
andere, eine freiere, humanere Welt und erinnert daran, dass Nord-)Amerika als europäischer Traum entstanden
ist, wo sich Europa - im Sinne der konsequenten Entwicklung von Demokratie und liberalem Kapitalismus - selbst
erneuern konnte.
Die dritte Erzählung schließlich - basierend auf Protokollen der Nürnberger Prozesse und Berichten
aus serbischen Lagern während des Jugoslawienkriegs - ist eine Rückkehr zum Ausgangspunkt, nach Europa,
in die Zeiten, als der alte Kontinent wieder in seinen Alpträumen versunken ist, aus denen er neuerlich von
seinem real gewordenen Traum (von Amerika) errettet werden musste.
Uraufführung: 04.10.2003
Weitere Aufführungen: 09., 10., 11.10. 2003, jeweils 20.00 Uhr
Ort: Helmut-List-Halle
Komposition: Bernhard Lang
Klangforum Wien
Musikalische Leitung: Johannes Kalitzke
Regie, Choreographie und szenische Konzeption: Xavier Le Roy
Eine Koproduktion von steirischer herbst mit Graz 2003 - Kulturhauptstadt Europas
und Opera National de Paris |