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EU-Regierungskonferenz / EU-Verfassung |
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erstellt am
01. 10. 03
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Schüssel:
Alle Mitgliedsstaaten sollen relevante Schwerpunkte thematisieren können
Bundeskanzler präsentiert österreichische Position bei Regierungskonferenz vor
EU-Hauptausschuss
Wien (övp-pk) - "Der Konvent hat großartige Arbeit geleistet, am 4. Oktober beginnt
nun die Arbeit der Regierungskonferenz", stellte Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel am Dienstag (30. 09.) im Hauptausschuss zur Vorbereitung der EU-Regierungskonferenz 2003, bei der
ein EU-Verfassungsvertrag zur Diskussion steht, fest. Der Bundeskanzler und Außenministerin Dr. Benita Ferrero-Waldner
werden dabei einen "Beitrag leisten, dass die Konferenz in einem konstruktiven Geist durchgeführt wird".
Bis zur Europawahl im Juni 2004 soll die Regierungskonferenz abgeschlossen sein, aber "natürlich dürfen
dabei nicht substanzielle Interessen der EU und Österreichs einem allzu großen Verhandlungsdruck geopfert
werden".
Der Bundeskanzler dankte im Ausschuss den österreichischen Vertretern im Konvent für die gute Arbeit.
Sie hätten durch Knüpfen von Netzwerken mit anderen Staaten eine Plattform von Ländern gebildet,
die sich im Konvent eingebracht habe und die auch nach dem Abschluss der Konventsarbeit kooperiert. Diese offene
Plattform ist darin einig, dass die Regierungskonferenz wirklich eine Regierungskonferenz mit der vollen Einbindung
der nationalen Parlamente sein soll und nicht bloß eine Absegnung des Konventsentwurfs. Alle Mitgliedsstaaten
müssten die Möglichkeit haben, relevante Schwerpunkte zu thematisieren.
Hinsichtlich der Institutionenfragen sei für Österreich die Zusammensetzung der EU-Kommission von zentraler
Bedeutung. "Jedes Mitglied soll mit Sitz und Stimme in allen EU-Institutionen vertreten sein." Skepsis
äußerte der Kanzler an den unterschiedlich dauernden Vorsitzen beim EU-Rat und den Fachministerräten,
vor allem hinsichtlich der notwendigen langfristigen Kohärenz. Wenig könne man auch der Einrichtung eines
Legislativrates abgewinnen. "Das Ziel der Union sollte sein, die Arbeit bürgernäher zu machen, und
nicht, neue Institutionen einzurichten."
In der Frage der qualifizierten Mehrheitsentscheidungen betonte der Bundeskanzler: "Die 'rote Linie' sind
für uns die Vitalinteressen der Mitgliedsstaaten - im Fall Österreichs das Wasser, Grund und Boden und
die Wahl der Energieträger. Das ist ein Allparteienkonsens, bei dem ich gerne bleiben möchte."
Schwerpunkt ist für Schüssel die sogenannte "Daseinsvorsorge". Der Kanzler verwies in diesem
Zusammenhang auf den Teil III des Konvententwurfs, der im Plenum des Konvents nicht diskutiert worden sei und bei
dem es um Dienstleistungen wie die Wasserversorgung und Müllentsorgung gehe. Hier müsse man versuchen,
Bündnispartner zu finden, um Klarstellungen einzubringen, wonach das Subsidaritätsprinzip gesichert bleibe.
Bedenken hegt Schüssel auch hinsichtlich der Einrichtung einer europäischen Staatsanwaltschaft. Problematisch
scheine ihm, dass die europäische Staatsanwaltschaft für grenzüberschreitende Straftaten zuständig
sein soll. Absolute Einstimmigkeit sollte es bei justiziellen Fragen und bei der polizeilichen Zusammenarbeit bei
Grundsatzentscheidungen geben.
Die Integration des Euratom-Vertrags sei zwar nicht gelungen, aber "wir werden es weiter probieren".
Österreich wolle europäische Normen und Demokratie in der europäischen Atompolitik. "Es ist
wichtig, das zu thematisieren", schloss der Bundeskanzler. |
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Einem: Kanzler muss sich für einzelne Fragen bei Regierungskonferenz einsetzen
EU-Konventsergebnis soll weitgehend unverändert übernommen werden
Wien (sk) - Am 4. Oktober soll in einer EU-Regierungskonferenz über die vom Europäischen
Konvent ausgearbeitete Europäische Verfassung abgestimmt werden. SPÖ-Europasprecher Caspar Einem brachte
am Dienstag (30. 09.) im Hauptausschuss des österreichischen Parlaments einen
Antrag ein, in dem die österreichische Bundesregierung aufgefordert wird, "manche Fragen im Rahmen der
Regierungskonferenz nochmals zu relevieren, um den Interessen der ÖsterreicherInnen möglichst optimal
Rechnung zu tragen".
"Viele erreichte Lösungen zeigen natürlich auch, wie schwer es war, Kompromisse zu erzielen. Und
viele Regierungen sind ebenso wie viele Konventsteilnehmer nicht mit allen Lösungen einverstanden", so
Einem. Das sei ein Kennzeichen von Kompromissen, die notwendigerweise keine volle Erfüllung der jeweils eigenen
Vorstellungen, Interessen oder Wünsche bringen können. "Dennoch sollte das Konventsergebnis weitgehend
unverändert übernommen werden, zumal nicht damit zu rechnen ist, dass andere Lösungen wesentlich
leichter zu einem Konsens führen können", unterstrich der SPÖ-Europasprecher.
Einem forderte daher den Bundeskanzler und die Außenministerin auf, sich für folgende Fragen im österreichischen
Interesse einzusetzen: Leistungen der Daseinsvorsorge bzw. der Dienste von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse
müssen auch unter den Bedingungen der Vollendung des europäischen Binnenmarktes die allgemeine und diskriminierungsfreie
Zugänglichkeit für alle, die ihrer bedürfen, bewahren können.
Die Position der Europäischen Union in den Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik sollte weiter gestärkt
werden. Die neu geschaffene Funktion eines Außenministers der Union könne nur dann wirklich zu einer
substantiellen Verbesserung von Europas Rolle in der Welt führen, wenn er einerseits durch einen einheitlichen
europäischen diplomatischen Dienst und andererseits durch entsprechende Entscheidungen des Europäischen
bzw. des Rates für auswärtige Angelegenheiten unterstützt und angeleitet wird. Daher sollte das
Prinzip der Entscheidung mit qualifizierter Mehrheit nach Möglichkeit ausgeweitet werden. Dabei könnten
durchaus spezielle Schutzmechanismen für allenfalls in Fragen vitaler Interessen betroffene Mitgliedstaaten
gefunden werden und einen Kompromiss erleichtern.
In der Sicherheits- und Verteidigungspolitik sollte ein Weg gewählt werden, der es den Mitgliedstaaten mit
ihren unterschiedlichen Sicherheitskonzeptionen und unterschiedlichen Verfassungstraditionen erlaubt, dennoch soweit
wie möglich solidarisch zu kooperieren und für einander einzustehen. Im Bereich der sogenannten strukturierten
Zusammenarbeit im Sinne des Artikels I 40 Absatz 6 sollte noch sichergestellt werden, dass es nicht zu militärischen
Alleingängen einer Gruppe von EU-Mitgliedstaaten ohne ausdrückliche Zustimmung aller Mitglieder kommt.
Im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit soll das Verfahren der Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit noch weiter
ausgedehnt werden, nicht zuletzt um auch die Schaffung eines Europäischen Staatsanwaltes für den Bereich
der subsidiären Verfolgung von Straftaten gegen die Interessen der Union zu ermöglichen. Im Bereich der
friedlichen Nutzung der Nuklearenergie soll darauf gedrängt werden, dass es zu einer Beseitigung der einseitigen
Bevorzugung dieser Energieerzeugungsform und zu einheitlichen europäischen Sicherheitsstandards für AKW
kommt.
Im Bereich des Rechtsschutzes für den Einzelnen sollte es zu einer Erleichterung der Rechtsdurchsetzung nach
dem Vorbild der Individualbeschwerde an den Verfassungsgerichtshof im österreichischen Rechtssystem kommen.
Entscheidungen des Europäischen Rates sollten, zumal sie für andere Organe der EU verbindlichen Vorgaben
bedeuten, einer nachprüfenden Kontrolle des EuGH am Maßstab der Verfassung unterworfen werden.
Die Europäische Kommission sollte in ihrer Rolle gestärkt werden. Dazu bedarf sie einer effizienten Aufgabenverteilung
in einer nicht beliebig vermehrbaren Zahl von Portefeuilles und der Legitimität ihrer Entscheidungen in den
Augen der Mitgliedstaaten. Zu diesem Zweck sollten alle Kommissare stimmberechtigt sein und mit konkreten Aufgaben
betraut werden. Im Interesse einer vereinfachten Weiterentwicklung der zu beschließenden Verfassung der EU
sollte ein erleichtertes Verfahren zur Verfassungsänderung auf europäischer Ebene für Fragen, die
keine Kompetenzverschiebungen zwischen den Mitgliedstaaten und der Union und keine Grundrechtsfragen berühren,
geschaffen werden. |
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