»Wir öffnen keine Büchsen, sondern schliessen Lücken«
Brüssel (bmaa) - Aussenministerin Benita Ferrero-Waldner dankte am Montag (29. 09.) beim
EU-Aussenministertreffen in Brüssel der italienischen EU-Präsidentschaft dafür, dass sie bei der
Diskussion in Riva del Garda gut zugehört und die Liste der Punkte verlängert hat, die in der Regierungskonferenz
behandelt werden sollen. "Das ist ein guter Anfang. Wenn wir die Regierungskonferenz schnell und effizient
zu Ende führen wollen, brauchen wir Spielregeln, in denen sich alle wieder finden können. Ich glaube
allerdings, dass wir noch einige Verbesserungen vornehmen sollten", so Ferrero-Waldner.
Die Aussenministerin verwies darauf, dass bei dem Treffen von eineinhalb Dutzend EU-Staaten zur Regierungskonferenz
am Rande der VN-Generalversammlung letzte Woche in New York sich alle Teilnehmer darüber einig waren, dass
jeder Staat das Recht auf eine Behandlung der für ihn wichtigen Fragen haben muss. "Ich sage bewusst
"wichtig", das heißt nicht, dass wir alles neu diskutieren sollten", sagte Ferrero-Waldner.
Dieses Recht auf eine Behandlung von wichtigen Fragen gilt ihrer Ansicht nach umso mehr, als das Präsidium
des Konvents bei der Formulierung seines endgültigen Kompromisses "eine sehr selektive Art des Zuhörens"
praktiziert hat, sodass sich eine Reihe von Staaten - darunter auch Österreich - nicht ausreichend berücksichtigt
fühlten. "Es würde der Regierungskonferenz nicht gut tun, wenn noch einmal so vorgegangen würde.
Die Themenliste, die uns die Präsidentschaft heute vorgeschlagen hat, trägt diesem Gedanken schon viel
besser Rechnung als in Riva. So wurde zum Beispiel bereits die Zusammensetzung der Kommission in die Liste aufgenommen",
sagte die Aussenministerin.
Dennoch ist die Liste für Ferrero-Waldner noch nicht ganz vollständig. Was ihr insbesondere fehlt, sind
die offenen Fragen im Zusammenhang mit dem Europäischen Rat und seinem Präsidenten. "Ich bin nach
wie vor nicht davon überzeugt, dass diese Konstruktion uns einen Mehrwert bringt. Wenn wir uns damit anfreunden
sollen, müssen wir zumindest wissen, worauf wir uns genau einlassen. Es hat keinen Sinn, diese Fragen aufzuschieben
und damit ständige Konflikte vorzuprogrammieren. Eine Verfassung muss Klarheit darüber schaffen, welche
Rolle der Europäische Rat und sein Präsident spielen - insbesondere im Verhältnis zur Kommission,
zu den anderen Ratsformationen und zum Aussenminister. Wir waren uns bei dem Treffen in New York im übrigen
auch darüber einig, dass die Grundsätze der Gleichheit der Mitgliedstaaten, des institutionellen Gleichgewichts
und des Vorrangs der Gemeinschaftsmethode nicht zur Disposition stehen", sagte Ferrero-Waldner.
Nach Ansicht der Aussenministerin wird man auch nicht darum herumkommen, den einen oder anderen Aspekt im III.
Teil des Verfassungsentwurfs zu diskutieren - und zwar nicht nur die ESVP. "Alle wissen, dass sich der Konvent
nur sehr punktuell mit dem III. Teil befasst und einige Politikbereiche gar nicht behandelt hat. Jetzt müssen
wir darauf achten, dass alles ausgewogen ist. Was wir für die Regierungskonferenz brauchen, ist nicht nur
ein Zeitplan, sondern auch - wie bei früheren Regierungskonferenzen - ein klares Mandat - sowohl zum Inhalt
als auch zu den Arbeitsmethoden", sagte die Aussenministerin.
Was die Methode betrifft, so ist Ferrero-Waldner nach wie vor der Meinung, dass wir gut beraten wären, eine
Arbeitsgruppe einzurichten. "Ich begrüße es, dass die Präsidentschaft jetzt eine Gruppe von
Rechtsexperten einsetzt, aber das wird wohl nicht ausreichen. Man kann schwierige politische Fragen nicht via Fragebogen
erledigen. Ich bin gern bereit, Fragebogen auszufüllen, aber die Auswertung der Antworten können wir
nur gemeinsam in einem multilateralen Prozess durchführen. Da wird es nicht reichen, wenn die Präsidentschaft
mit ausgewählten Staaten über ausgewählte Punkte spricht. Ich habe daher heute vorgeschlagen, eine
echte Arbeitsgruppe einzusetzen. Sie könnte uns sehr nützliche Dienste leisten", sagte sie abschliessend. |