Wissenschaft und Technik
der Woche vom 16. 10. bis 22. 10. 2001

   

   
Multiple Sklerose im Laborversuch rückgängig gemacht
Inaktivierung von Chemokinen vielversprechend
Irvine (pte) - Wissenschaftlern der University of California ist es in Laborversuchen gelungen, das Fortschreiten von Multipler Sklerose (MS) bei Mäusen zu stoppen und vorhandene Symptome teilweise wieder rückgängig zu machen. Die Inaktivierung von Schlüsselchemikalien des Immunsystems, so genanten Chemokinen, kann laut New Scientist den Schaden stoppen, den MS der schützenden Beschichtung von Nerven in Gehirn und Rückenmark zufügt. Diese Schädigung der Myelinscheide ist für eine Vielzahl von Krankheitssymptomen wie Gefühllosigkeit, Schwäche und Lähmung verantwortlich.
Frühere Studien haben nachgewiesen, dass die Hirnflüssigkeit im zentralen Nervensystem von MS-Patienten häufig abnorm hohe Chemokin-Werte aufweist. Diese Chemikalien spielen eine entscheidende Rolle bei der Moblisierung des Immunsystems gegen das Myelin. Unter der Leitung von Thomas Lane untersuchte das Team, ob ein gezieltes Vorgehen gegen die Chemokine oder die sie erkennenden Rezeptoren den Angriff auf das Myelin verlangsamen oder sogar stoppen kann, berichtet das Journal of Immunology http://www.jimmunol.org/cgi/content/abstract/167/8/4585.
Die Forscher schufen Antikörper, die sich an das Chemokin CXCL10 binden und es inaktivieren. CXCL10 wurde ausgewählt, da seine Werte während eines MS-Anfalles auffällig ansteigen. Die Injektion der Antikörper führte bei Mäusen mit einer MS-ähnlichen Erkrankung zu einer Verlangsamung der Demyelisation und schien sogar ein Nachwachsen des Myelin zu ermöglichen. Bereits gelähmte Tiere konnten in der Folge wieder gehen. Die Umkehrung der Symptome war jedoch nicht vollständig. Die erzielte Wirkung hielt trotz wiederholter Injektionen nur einige Tage lang an. Eine mögliche Erklärung dafür könnte die Herkunft der CXCL10 Antikörper sein. Sie stammten von Kaninchen und dürften daher eine neutralisierende Immunreaktion hervorgerufen haben. Derzeit wiederholt das Team die Tests mit einer neuen Antikörper-Version. Teams anderer Universitäten und Pharmaunternehmen arbeiten im Augenblick an der Erforschung von insgesamt sieben Chemokinen und fünf verschiedenen Chemokin-Rezeptoren.

 
„Gesundheitsmanager für Männer“ soll zur Vorsorge anregen
Lebenserwartung des starken Geschlechts um sechs bis sieben Jahre niedriger
Wien (pte) - Mit der Broschüre "Gesundheitsmanager" will die Ärzteplattform für Männergesundheit den Krankheitsrisiken der Männer entgegenwirken. Die Broschüre, die als persönlicher Test gefasst ist, wurde heute, Dienstag, vorgestellt. "Falscher Lebensstil und ein deutlich niedrigeres Gesundheits- und Vorsorgebewusstsein sind bei Männern für viele Krankheiten und eine verkürzte Lebenserwartung verantwortlich", so Siegfried Meryn, Vorstand der Abteilung für Postgraduelle medizinische Weiterbildung der Universität Wien.
"Die Lebenserwartung der Männer in Österreich liegt um sechs bis sieben Jahre unter den der Frauen", so Meryn. "Hier setzt das Konzept des Gesundheitsmanagers der Ärzteplattform an." Die Broschüre, die ab sofort in allen Apotheken und Ärzten aufliegt, legt das Hauptaugenmerk auf kardiovaskuläre Erkrankungen, Diabetes, erektile Dysfunktion, Prostataerkrankungen, Krebs und Depression. "Der Begriff Männergesundheit hat sich in internationalen Expertenkreisen bereits etabliert. Sowohl das biologische als auch das soziologische Geschlecht haben eine ausschlaggebende Bedeutung von der Veranlagung bis zur Inzidenz, vom Verlauf bis zur Prognose verschiedener Krankheiten und zur Durchführung diagnostischer Maßnahmen", so Meryn.
"Wir sind nicht nur für unser Tun verantwortlich, sondern auch für das, was wir nicht tun", meint Christiane Körner, Vizepräsidentin der österreichischen Apothekerkammer http://www.apotheker.at . Dieser Satz gehöre ins Stammbuch der Männer geschrieben. "Männer gelten zwar als stark, dynamisch, cool und erfolgreich, legen aber wesentlich weniger wert auf ihre Gesundheit", so Körner. Peter Petritsch von der Universitätsklinik für Urologie in Graz warnt davor, dass jeder zehnte Mann zwischen 60 und 80 damit rechnen müsse, an einem Prostatakarzinom zu erkranken. "Die Heilungschancen sind gut, insbesondere dann, wenn der Krebs früh erkannt wird", so der Urologe. Der Mediziner mahnt, dass die Hälfte der Patienten, die von erektiler Dysfunktion betroffen sind, an kardiovaskulären Erkrankungen leiden. "20 Prozent der Patienten, die wegen erektiler Dysfunktion zur Behandlung kommen, leiden an Diabetes. Davon haben sie jedoch gar nichts gewusst", so Petritsch.

 
Langsame Elektronen zerstören Ozon
Innsbrucker Forscher entdecken Vernichtungsprozess des Moleküls
Innsbruck (pte) - Ein Forschungsteam des Instituts für Ionenphysik der Uni Innsbruck hat mit der Entwicklung von Methoden und Geräten zur Untersuchung der Wechselwirkung von Elektronen mit Atomen, Molekülen und Clustern, einen nach eigenen Angaben prinzipiell neuen Vernichtungsprozess für Ozon entdeckt. "Wir haben bewiesen, dass sich langsame thermische Elektronen an Ozon lagern. Dies mit großer Häufigkeit und mit dem für die Atmosphäre negativen Effekt, dass dabei das Ozon zerstört wird", erklärte Tilmann Märk vom Institut für Ionenphysik. Da in der Ionosphäre sehr viele dieser langsamen Elektronen vorhanden sind, müssen laut Märk die zahlreichen Ozonmodelle neu gerechnet und Simulationen neu erarbeitet werden. Die Forschungen, die in Kooperation mit dem University College in London betrieben wurden, erhielten Unterstützungen vom Wissenschaftsfonds FWF.
Zusätzlich konnte Märk in Zusammenarbeit mit der Universität Jerusalem das Geheimnis der Bindungsenergie des Fußballmoleküls C60 klären. C60 zeichnet sich durch eine besondere Stabilität aus. "Wir haben das Molekül mit Elektronen beschossen und damit versucht, ein C2-Molekül aus dem ionisierten Molekül-Cluster herauszubrechen", so der Institutsvorstand. Die Forscher wollten wissen, welche Energie für diesen Fragmentierungsprozess notwendig ist."Dies ist im Umkehrschluss auch jene Energie, mit welcher dieser Teil an den Rest des Moleküls gebunden ist", erklärte Märk. Nachdem es gelungen war, das C2-Molekül aus dem C60 herauszubrechen, konnte das Maß für die Stabilität, die genaue Bindungsenergie, festgestellt werden. Die Bindungsenergie ist mit zehn Elektronenvolt (eV) wesentlich höher als die Ionisierungsenergie mit rund 7,6 eV. Dies unterscheidet das C60-Molekül wesentlich von anderen Molekülen.