Wissenschaft in Europa |
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Unparteiisch und unfehlbar Bonn (alphagalileo) - »Schuss...Tooor! – oder war es Abseits?« Eine Fehlentscheidung, die in einem Fußballspiel Sieg und Niederlage besiegeln kann, ärgert Spieler wie Zuschauer. Was der Schiedsrichter sagt, gilt – egal was eine Wiederholung der Szene in Zeitlupe zeigt. Damit der Unparteiische sicherer entscheiden kann, entwickelt das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS ein Sensorsystem, das derzeit im Nürnberger Frankenstadion installiert wird. Im November wird die funkbasierte Datenaufnahme- und -analyseeinrichtung ihre Fähigkeiten bei typischen Spielszenarien erstmals der Öffentlichkeit vorführen. Mit dem System, das Hochfrequenztechniker des IIS gemeinsam mit dem Unternehmen Cairos Technologies AG in Karlsruhe und Sportwissenschaftlern der TU München entwickeln und aufbauen, lässt sich jede Szene des Fußballspiels rekonstruieren. Taktik, Laufprofile der Spieler und Fluggeschwindigkeiten des Balls dürften nicht nur Trainer interessieren. Auch der Fußballverband FIFA sieht der Einführung von CAIROS bis zur Weltmeisterschaft 2006 positiv entgegen. Bisher wurden Szenen des Spiels per Video aufgenommen. Um sie auszuwerten, müssen die Bilder dem Computer manuell erklärt werden: Wer ist welcher Spieler und wo ist der Ball? Erst damit und aus mehreren Ansichten kann er den Spielverlauf dreidimensional errechnen. Für schnelle Entscheidungen noch während des Spiels ist diese Vorgehensweise zu langsam und wird – auch wegen der hohen Kosten – nur für wichtige Szenen eingesetzt. »Solche Nachteile kennt das neue Verfahren nicht«, erklärt Projektleiterin Sylvia Couronné. »In die bei Profispielen vorgeschriebenen Schienbeinschoner haben wir kleine, wenige Gramm leichte Sender eingebaut. Einige hundertmal pro Sekunde sendet jeder seine individuellen Mikrowellensignale – der schnellere Ball viermal öfter. Am Rand des Spielfelds verteilt stehen bis zu zehn Empfangsantennen.« Über Glasfaserkabel erreicht die Datenflut den zentralen Computer, der die Positionen aller Sender über eine mathematisch aufwendige Analyse der Signallaufzeiten auf Zentimeter genau berechnet. |
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URBAN Tagung zur Stadtentwicklung Graz war zum ersten Mal Tagungsort Graz (mag) - Zum ersten Mal fand heute eine Tagung des deutsch-österreichischen URBAN-Netzwerkes in Graz mit dem Thema "Unterwegs zur Informationsgesellschaft: Bildung und Forschung als Motoren für die integriere Stadtentwicklung" statt. Die Tagung dauert bis Sonntag, 13. Oktober, und versammelt 60 VertreterInnen aus Städten und Ministerien aus Deutschland, Frankreich und Österreich in der steirischen Landeshauptstadt. Die EU-Gemeinschaftsinitiative URBAN stellt die Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung seit über einem Jahr in den Mittelpunkt ihrer Aktivitäten. Die Europäische Kommission will damit Städten in ganz Europa bei der Bewältigung ihrer Zukunftsaufgaben helfen, denn auf Grund struktureller Veränderungen, wie der Verstärkung des globalen Wettbewerbs und des sozioökonomischen Strukturwandels, stehen die Kommunen vor schwierigen Herausforderungen. Mit Hilfe geförderter Maßnahmen sollen in den URBAN Stadtteilen insbesondere Klein- und Kleinstunternehmen unterstützt werden. Damit wird die Versorgung des lokalen Marktes verbessert, Arbeitsplätze werden geschaffen bzw. gesichert und es kommt damit zu einer wirtschaftlichen und sozialen Stabilisierung. Die Präsentation der drei EU-geförderten Programme bildete den Schwerpunkt des ersten Veranstaltungstages. Am zweiten Tag steht das Thema "Informationsgesellschaft und Stadtentwicklung" auf der Tagesordnung. Internationales Netzwerk Im Jahr 2000 haben sich zwölf deutsche und die beiden österreichischen URBAN-Städte Graz und Wien zu einem internationalen Netzwerk zusammengeschlossen. Ziel ist es, die URBAN-Städte bei der Umsetzung ihrer Konzepte zur Revitalisierung einzelner Stadtviertel zu unterstützen. Die Stadt Graz hat durch die Teilnahme an insgesamt drei europäischen Stadtentwicklungsprogrammen bereits eine langjährige Erfahrung im Bereich der integrierten Stadtentwicklung. Bürgermeister Alfred Stingl strich hervor, dass "jedes URBAN Projekt für die Stadtentwicklung großen Investitionscharakter hat und als eine Initialzündung für neue Arbeitsplätze und qualitative Ausbildungsprojekte sorgt." Graz - Eine Stadt mit URBAN Erfahrung Über 118 europäische Stadtgebiete nahmen von 1994 bis 1999 an der Gemeinschafts-initiative URBAN I teil. In Österreich wurden die beiden Städte Graz und Wien mit EU-Mitteln in Höhe von 13,3 Mio. Euro unterstützt. In Graz stand, entsprechend den Zielsetzungen der EU, die Sanierung strukturschwacher Gebiete wie die Bezirke Gries und Jakomini im Vordergrund. Für den Förderzeitraum 2000 bis 2006 werden jetzt im Rahmen von URBAN II 728,3 Mio. Euro zur Verfügung gestellt, die ausschließlich aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) finanziert werden. Wie bereits bei URBAN I soll durch die konzentrierte Förderung einer beschränkten Zahl von Stadtquartieren ein möglichst hoher lokaler Effekt erzielt werden. Der Einsatz der Fördermittel erfolgt in den insgesamt 70 europäischen Städten projektbezogen und konzentriert sich auf im Strukturwandel befindliche Stadtteile. "Urban_link Graz-West" - Raum für Zukunft Der Grazer Westen ist geprägt von Umstrukturierungen, einer nicht klar definierten Bauentwicklung und unterschiedlichen Gesellschaftsstrukturen. In diesem Sinne entwickelt sich URBAN II deutlich weg von einer bloßen Stadterneuerung hin zu einer zukunftsorientierten Entwicklungsinitiative, in der die Kommunikation mit den BürgerInnen zu einem zentralen Ausgangspunkt wurde. Durch die aktiv geförderte Einbindung der Bevölkerung in Planungs- und Entscheidungsprozesse soll der Interessensausgleich zwischen Ökologie, Ökonomie und sozialen Belangen und der nachhaltige Erfolg des Vorhabens sicher gestellt werden. Urban _link Graz-West wird durch die Schaffung neuer und den Ausbau vorhandener Einrichtungen für Forschung, Bildung, Entwicklung und Produktion - ergänzt durch entsprechende Wohn- und Freizeitbereiche - auf die aktuelle Entwicklung Bezug nehmen und durch räumliche Konzentration neue Synergien erzeugen. |
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Niederschlagsforschung für Hochwasserschutz Neue Messmethode in Deutschland, Italien und Großbritannien im Test Wivenhoe Park/Colchester (pte) - Forscher der University of Essex haben in Zusammenarbeit mit Partnern aus Italien, Dänemark, Deutschland und Großbritannien ein neues Verfahren zur Niederschlagsmessung entwickelt, das zu einem besseren Hochwasserschutz beitragen soll. Die Technik, bei der Dualfrequenz-Richtfunk zum Einsatz kommt, wird derzeit im Irwell-Valley in Nordwestengland, in den italienischen Bergen und im Ruhrgebiet getestet. Das Verfahren ist Teil des im fünften Rahmenprogrammes von der EU finanzierten MANTISSA-Projekts. Die jüngsten Flutkatastrophen in Mitteleuropa haben gezeigt, dass der Bedarf an einer präzisen Niederschlagsmessung für eine Vorhersage unerlässlich ist. Dazu erklärte Anthony Holt von der Abteilung für Mathematik der Universität: "Die Resultate umfangreicher Computerprogramme, die alle sechs bis zwölf Stunden Wettervorhersagen errechnen, hängen von der Genauigkeit der eingegebenen Information ab, dazu gehören auch Niederschlagsmengen." Mit Richtfunk wollen die Forscher Radarverfahren und herkömmliche Pluviometer (Geräte zur Niederschlagssammlung) ergänzen, um exaktere Niederschlagsprognosen zu ermöglichen. Erste Untersuchungen in England hätten bereits viel versprechende Ergebnisse geliefert. Man geht davon aus, dass das Verfahren vor allem in städtischen Gebieten Nutzen bringen wird. |
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Nebeldisplay ermöglicht Gang durch Wand Finnische Ingenieure: Schlüssel liegt in turbulenzfreiem Luftstrom Helsinki (pte) - Finnische Forscher haben den Gang durch Wände sprichwörtlich möglich gemacht. Ingenieure um Ismo Rakkolainen und Karri Palovuori von der Universität Tampere haben einen Nebeldisplay entwickelt, der physikalisch durchdrungen werden kann. Der Prototyp des Displays wurde der Öffentlichkeit erstmals auf der Turku Science Exhibition vom 4. bis 6. Oktober vorgestellt. Die Einsatzmöglichkeiten des Nebeldisplays liegen in der Projektion von Bildern bei Kunstausstellungen, in der Werbung, in Themenparks sowie in Spiel-Applikationen. Der Nebeldisplay besteht aus einem ruhigen, wirbelfreien Luftstrom, in den durch separate Düsen Nebel injiziert wird. Zusammen bilden die Nebelschicht und der turbulenzfreie Luftstrom eine dünne Oberfläche, eine Art Leinwand, die quasi im Raum schwebt. Der Display kann auch mit einem Vakuumsystem versehen werden, um überschüssige Nebelflüssigkeit abzusaugen. Auf den Nebeldisplay können Filme und Bilder wie z.B. eine Ziegelwand, die ohne zu Bruch zu gehen, durchschritten werden kann, projiziert werden. Die Nebelschicht ist nicht nur durchdringbar, der Display ist auch ungiftig, bruchfest und extrem leichtgewichtig. "Es gibt bereits einige wenige andere Nebelleinwand-Methoden, aber alle sind höchst unzuverlässig", erklärte Rakkolainen. Rakkolainen startete die Entwicklung des Nebeldisplays in seinem eigenen Wohnzimmer. Da es keine finanzielle Unterstützung gab, wurden für das erste Modell des Displays Bananenschachteln und 2.000 Trinkhalme verwendet. Beim aktuellen Prototyp (WAVE - Walk-thru Virtual Environment) handelt es sich bereits um einen Display mit einer Höhe von 1,5 Metern. |
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Europaweit einzigartiger Moosfund Bonn (alphagalileo) - Besucher des hessischen Vogelbergs hätten dort am vergangenen Wochenende seltsame Gruppen von Männern und Frauen beobachten können, die auf Knien durch die Stoppelfelder rutschten und dort offenbar etwas suchten. Ihre Fahndung hatte Erfolg: Sie fanden elf Exemplare eines winzigen Lebermooses – europaweit die einzigen ihrer Art. Der Moosspezialist Professor Dr. Jan-Peter Frahm von der Universität Bonn hatte die Suche initiiert; insgesamt 20 Botaniker – darunter auch ein Naturschützer aus Schweden – waren seiner Einladung gefolgt. Der seltene Fund ist nicht nur von akademischem Interesse: In vielen Moosen warten ungehobene Schätze auf ihre Entdeckung. Die unscheinbaren Pflanzen produzieren Substanzen, die gegen Käfer- und Schneckenfraß, Pilz- oder Bakterienbefall wirken oder gar die Bildung von Tumorzellen hemmen. Nicht zuletzt dank Ergebnissen aus der Arbeitsgruppe um Professor Frahm ist seit kürzlich ein umweltverträgliches Pflanzen-schutzmittel aus Moosextrakt auf dem Markt, das Schnecken wirksam abschreckt. Inzwischen haben auch Biotechnologie-Firmen die Moose entdeckt: Die Forscher bringen ihnen beispielsweise bei, menschliche Eiweiße zu produzieren. Vorteil: Die Kulturen aus Mooszellen sind gefeit gegen Pilz- und Bakterienbefall – aus Sicht der Biotechnologen eine sehr nützliche Eigenschaft. Das Lebermoos mit dem kryptischen Namen „Notothylas orbicularis“ kommt hauptsächlich in Nordamerika vor. In Europa waren in den letzten hundert Jahren nur acht Funde gemeldet worden, bis ein Liebhaberbotaniker auf Stoppelfeldern südlich des Vogelbergs 1981 mehrere Pflanzen entdeckte. Seit 1991 steht es mit 25 weiteren Moosarten auf der „Roten Liste“ der Berner Konvention, die EU-Länder zum umfassenden Schutz stark gefährdeter Arten verpflichtet. Die Moosforscher durchkämmten auf einem Gebiet von rund 100 Quadratkilometern sämtliche noch vorhandenen Stoppelfelder. In der Nähe des hessischen Dorfes Wettges wurden sie schließlich fündig: Insgesamt elf der seltenen Lebermoos-Pflanzen zählten sie dort auf einem Acker. „Da das Überleben in der Natur nicht gesichert ist, nehmen wir das Moos nun an der Universität Bonn in Kultur“, erklärt Professor Frahm. „So könnten wir es gegebenenfalls nachzüchten und später wieder aussetzen.“ Außerdem plant der Wissenschaftler molekulare Studien, um beispielsweise die Frage zu klären, wie nahe die Pflanze mit ihren nordamerikanischen Geschwistern verwandt ist. „Stoppelfelder sind schützenswerte Lebensräume“, betont der Biologe, „leider werden sie aber immer seltener.“ Häufig pflügen die Landwirte die Getreidefelder inzwischen direkt nach der Ernte um. Oder sie düngen die Stoppeläcker mit Gülle oder behandeln sie mit Totalherbiziden. „Danach ist dieser Lebensraum biologisch tot.“ |
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Zugvögel: Rechtes Auge für Orientierung am Magnetfeld Tiere finden zu jeder Tages- und Nachtzeit den magnetischen Norden Bochum (pte) - Forscher der Ruhr-Universität haben eine Antwort darauf gefunden, wie der weitgehend unerforschte Sinn, der Magnetsinn, funktioniert. Dieser Sinn hat zur Folge, dass Zugvögel immer den richtigen Weg finden. Sie nutzen das Magnetfeld der Erde, um sich zu orientieren. Wie das Team um Onur Güntürkün und Helmut Prior, Abteilung Biopsychologie in Zusammenarbeit mit dem Zoologischen Institut der Universität Frankfurt herausfand, nehmen die Tiere das Magnetfeld ausschließlich über das rechte Auge und mit der linken Hirnhälfte wahr. So erscheint es ihnen vermutlich als plastisches Objekt, an dem sie sich orientieren können, heißt es in einer Aussendung der Ruhr-Uni. "Das Magnetorientierungssystem findet Eingang über das rechte Auge der Tiere", erklärte Güntürkün. "Es benutzt quasi das visuelle System, um sich Zugang zur Wahrnehmung zu verschaffen". Aus diesem Ergebnis schließen die Wissenschaftler, dass die Tiere den magnetischen Norden tatsächlich mit dem Auge wahrnehmen können, und zwar mit der linken Hirnhälfte, die auch für das Sehen von Objekten zuständig ist. Die Zugvögel wissen zu jeder Tages- und Nachtzeit, wo der magnetische Norden liegt. "Herausgefunden haben wir das in einem eigentlich trivialen Experiment", so Güntürkün. Die Biopsychologen fingen Rotkehlchen ein, die gerade auf ihrer Nordwanderung waren, und sperrten sie über Nacht in einen Trichter (Bild), der mit Papier ausgekleidet war. Die "Zugunruhe" der Vögel äußerte sich in Kratzspuren auf dem Papier, anhand derer sich die Zugrichtung ablesen ließ. Das Ergebnis zeigte, dass die Tiere ausschließlich nach Norden wollten. In einem zweiten Schritt benutzten die Forscher Augenkappen, um den Tieren abwechselnd das linke und rechte Auge zu verdecken. Wurde das rechte Auge abgedeckt, hatten die Tiere keinerlei Orientierung mehr, ohne das linke zeigten die Kratzspuren wieder gegen Norden. Setzten die Wissenschaftler so genannte Helmholtz-Spulen ein, die das Magnetfeld umkehren, tendierten die Tiere in Richtung Süden, denen das linke Auge verdeckt worden war. Das Magnetorientierungssystem ist ein Sinn, der Zugvögeln hilft, ihren Weg zu finden. Ohne das visuelle System wäre der Magnetsinn wirkungslos, so dass sich beide Wahrnehmungsmechanismen sinnvoll ergänzen. Tiere, die überwiegend nachts ziehen, nutzen zudem die Sterne, um sich zu orientieren, andere, u.a. Tauben, nutzen auch den Sonnenkompass oder den Geruch von Landschaften. |
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