Neues aus Europa der Woche 29. 10. bis 04. 11. 2002

     
EU braucht 2003 weniger Geld für Landwirtschaft
Ausgaben um EUR 2,6 Mrd. unter vorgesehenem Höchstwert
Brüssel (aiz.info) - Die EU dürfte im kommenden Jahr deutlich weniger Geld für die Landwirtschaft benötigen als in ihrem ersten Budgetentwurf für 2003 veranschlagt wurde. Nach der am Mittwoch (30. 10.) von der EU-Kommission in Brüssel vorgelegten überarbeiteten Budgetplanung werden die Ausgaben für die Landwirtschaft nächstes Jahr um EUR 337 Mio. geringer als geplant ausfallen. Damit wird der Agrarhaushalt 2003 um EUR 2,6 Mrd. unter dem in der Finanzplanung festgelegten Höchstwert bleiben, berichtet die APA.
Hauptgrund für die geringeren Ausgaben im nunmehr begonnenen Budgetjahr 2003 sind höhere Vorauszahlungen für Direkthilfen an Getreideproduzenten in diesem Jahr wegen akuter Notlagen in Italien (EUR 331 Mio.) und Deutschland (EUR 560 Mio.). Insgesamt wurden 2002 nach Angaben der für das EU-Budget zuständigen Generaldirektion bisher bereits EUR 974 Mio. ausgezahlt. Damit können die von den Mitgliedsstaaten aufzubringenden Beiträge im Budgetjahr 2003 um EUR 500 Mio. verringert werden.
Die erste Budgetprognose der EU-Kommission von Mai ging noch von einem wesentlich niedrigeren Euro-Kurs im Verhältnis zum Dollar aus. Trotz der mit dem Anstieg des Euro verbundenen Ausgabensteigerungen plant die Kommission für 2003 nur einen Zuwachs des Agrarbudgets von weniger als 2% gegenüber dem Vorjahr: Mit EUR 44,8 Mrd. soll der Landwirtschaftshaushalt um EUR 525 Mio. höher als heuer liegen.
Die Gesamtaufwendungen für marktunterstützende Ausgaben im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) werden für 2003 auf EUR 40,1 Mrd. geschätzt. Das sind um EUR 337 Mio. weniger als im ersten Entwurf und EUR 2,6 Mrd. weniger als in der Finanzplanung ("Agenda 2000") als Höchstwert vorgesehen ist. Keinen Spielraum sieht die EU-Kommission im Bereich ländliche Entwicklung, wo mit Ausgaben von EUR 4,7 Mrd. der Gesamtbetrag 2003 ausgeschöpft werden wird.
   

Metallgewerkschaften aus 6 Ländern fordern Beteiligung bei EU-Erweiterung ein
Tarifpolitisches Koordinierungstreffen der Vorsitzenden in Bratislava
Bratislava/Wien/München (ögb) - Die Metallgewerkschaften aus der Tschechischen Republik, aus Bayern, Österreich, Ungarn, Slowenien und der Slowakei haben im Mai 1999 beschlossen, sich in ihren Tarifpolitiken verstärkt zu koordinieren, besonders hinsichtlich der bevorstehenden Erweiterung der Europäischen Union (EU). Anlässlich des aktuellen Treffens der beteiligten Metallgewerkschaften in Bratislava, die über eine Million Mitglieder in diesem Wirtschaftsraum vertreten, bekräftigen deren Vorsitzende die Notwendigkeit, die EU-Osterweiterung gründlich und zum Vorteil aller Beteiligten vorzubereiten.
Die Gewerkschaften wollen in drei Bereichen aktiv an der Vorbereitung der für die gesamte EU wichtigen Erweiterung mitwirken:

  1. Der Prozess der Erweiterung wird oft nicht im Lichte der Anliegen der ArbeitnehmerInnen diskutiert. Die Gewerkschaften sind die legitimierten Vertretungen der ArbeitnehmerInnen. Sie müssen deshalb in den Beitrittsprozess auf internationaler als auch auf nationaler Ebene mit einbezogen werden.
  2. Die Situation in den Grenzregionen muss als Problem wahrgenommen werden. Dieses muss durch ständige Kontrollen der Arbeitsmärkte und durch den Druck auf steigende Arbeitskosten in den Beitrittsländern, einschließlich besonderer bilateraler Vereinbarungen zwischen den Staaten, Regionalverwaltungen und Sozialpartnern geregelt werden. Kontinuierliches differenziertes Arbeitsmarkt-Monitoring muss möglich sein. Dieses dient der Abwehr von krisenhaften Entwicklungen in den Arbeitsmärkten der Grenzregionen.
  3. Die beteiligten Gewerkschaften bereiten sich in den eigenen Reihen seit 1999 intensiv auf die Erweiterung vor. Im Rahmen der koordinierten Tarifpolitik samt Beobachteraustausch und bei Seminaren und Veranstaltungen werden seit mehr als drei Jahren die Kontakte verstärkt, um mögliche Problemfelder frühzeitig zu erkennen und Gegenstrategien entwickeln zu können.

Die Gewerkschaftsvorsitzenden halten erneut fest, dass die Erweiterung der EU Vorteile für alle Staaten der EU hat. Die positive wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Beitrittsstaaten ist für den Erfolg der Erweiterung eine Voraussetzung. Denn nur dadurch entsteht die Akzeptanz, die die Menschen die positiven Folgen der EU-Erweiterung spüren lässt. Eine bedeutende Rolle haben dabei die Entwicklung der Einkommen und der sozialen Standards. Genau so wichtig ist ein funktionierender Sozialer Dialog. Die Regierungen der Mitgliedsstaaten wie auch der Beitrittsstaaten wären gut beraten, die Kooperation mit den Gewerkschaften als große Chance zu sehen und auch so zu nutzen.

Die Vorsitzenden der beteiligten Gewerkschaften sind:
Jan Uhlir, Präsident KOVO, Tschechische Republik
Emil Machyna, Präsident KOVO, Slowakische Republik
Karoly Szöke, Präsident VASAS, Ungarn
Drago Gajzer, Präsident SKEI, Slowenien
Werner Neugebauer, Bezirksleiter der IG Metall Bezirksleitung Bayern, Deutschland
Rudolf Nürnberger, Vorsitzender GMT, Österreich


   
Fischler: "Midterm-Review ist nicht auf Eis gelegt"
Agrarkommissar hält an Reformprozess fest - Agrarleitlinie ist "politisch tot"
Brüssel (www.aiz.info) - "Die Schlussfolgerungen des Brüsseler Gipfels treffen keinerlei Aussagen darüber, die Halbzeitbewertung der Agenda 2000 und die dazugehörigen Vorschläge auf Eis zu legen. Sie schließen auch weder explizit aus, dass der Midterm-Review vor 2006 entschieden wird noch dass etwaige Entscheidungen erst nach 2006 in Kraft treten dürften."
Dies betonte Agrarkommissar Franz Fischler am Mittwoch (30. 10.) vor den Vertretern des Wirtschafts- und Sozialausschusses in Brüssel. Positiv beurteilte Fischler, dass "schon zum heutigen Zeitpunkt" Klarheit über den Finanzrahmen der GAP bis 2013 geschaffen wurde. "Das schafft Planungssicherheit für die Politik, heißt aber auch, dass künftig alle neuen Reformkosten von den bisherigen Nutznießern des Agrarbudgets getragen werden müssen", so der Kommissar. Seiner Ansicht nach werde es auch ohne neue Reformen Änderungen geben müssen. Eine der Konsequenzen des Brüsseler Gipfels sei, dass 70% der Direktzahlungen für die neuen Mitgliedsstaaten und zwei Drittel der Ausgleichszahlungen für die in Berlin entschiedene Reform des Milchsektors in den Haushalten, die auf dem Niveau von 2006 eingefroren sind, untergebracht werden müssen, so Fischler. Die Agrarleitlinie sei somit "politisch tot".
Fischler will den Reformprozess der Gemeinsamen Agrarpolitik fortsetzen. Erneut verteidigte er die Vorschläge zum Midterm-Review. Die direkten Einkommenszahlungen sollten dazu dienen, die landwirtschaftlichen Einkommen zu schützen und zu stabilisieren und nicht dazu, die Produktionsentscheidungen der Landwirte zu lenken, so Fischler. Daher habe die Kommission vorgeschlagen, die Einkommensübertragungen von der Produktion abzukoppeln. Diese Entkoppelung sei auch unter internationalen und umweltrelevanten Gesichtspunkten wichtig, betonte Fischler. Damit würden die künstlichen Anreize zur Intensivproduktion auf Grund einer Koppelung von Rinderprämien an die Produktion sowie die Privilegierung von Silomais gegenüber anderen Feldfutterfrüchten aufgehoben.
"Völlig offen" sei aber die Frage der Finanzierung der zweiten Säule der Agrarpolitik. Der Brüsseler Gipfel hat bekanntlich die Ausgaben für die Rubrik 1 B nach 2006 nicht limitiert. Fischler denkt daran, neue Instrumente einzuführen, damit "sich die Landwirte an neue Entwicklungen besser anpassen können". Als neue Elemente sollen Anreize zur Teilnahme an Qualitätssicherungssystemen und Prämien für über gesetzliche Standards hinausgehende Tierschutzmaßnahmen hinzukommen. Weiters schlug Fischler eine Anhebung des Kofinanzierungssatzes für Agrarumweltmaßnahmen vor.
Er kündigte an, dass die legislativen Vorschläge zum Midterm-Review "gegen Ende dieses Jahres" präsentiert werden. Gleichzeitig habe die Generaldirektion Landwirtschaft umfassende Studien in Auftrag gegeben, die sich mit den möglichen Auswirkungen der Vorschläge befassen. Die Resultate dieser Analysen werden gemeinsam mit den Rechtstexten vorgelegt, so Fischler.
   
Erweiterungskandidaten wollen sich Beitrittsbedingungen nicht diktieren lassen
Gemeinsame Verhandlungsposition bis Mitte November angekündigt
Kopenhagen (www.aiz.info) - Die zehn EU-Beitrittskandidaten wollen bis Mitte November eine gemeinsame Verhandlungsposition gegenüber der EU für die Schlussrunde ausarbeiten, um ihren Forderungen mehr Nachdruck zu verleihen. Dies kündigte der polnische Ministerpräsident Leszek Miller nach einem Sondergipfel an, zu dem die dänische Regierung die insgesamt 13 EU-Anwärter nach Kopenhagen eingeladen hatte. Bisher hatte jedes Land einzeln mit der EU verhandelt. Bei der Schlussrunde dürfe es kein "take it or leave it" geben, sagte Miller laut APA. Die EU dürfe den Kandidaten nicht ihre Bedingungen diktieren, es müsse "echte Verhandlungen" geben. Die Einhaltung des vereinbarten Zeitplans für den Abschluss der Erweiterungsrunde Mitte Dezember sei zwar wichtig, das Gleiche gelte aber auch für den Inhalt der Beschlüsse. Der dänische Ministerpräsident und derzeitige EU-Ratsvorsitzende Anders Fogh Rasmussen gab sich zuversichtlich über den rechtzeitigen Abschluss der Beitrittsverhandlungen, auch wenn noch "harte Nüsse zu knacken" seien.
Die Kandidatenländer seien "besorgt" darüber, dass die EU die Strukturförderungen für wirtschaftsschwache Gebiete gegenüber der ursprünglichen Vorlage um EUR 2 Mrd. kürzen wolle, sagte Miller. Die EU-Kommission hatte zunächst eine Hilfe von insgesamt EUR 25 Mrd. vorgeschlagen. Dieses Angebot hatte der EU-Gipfel auf EUR 23 Mrd. zusammengestrichen. Als "nicht zufriedenstellend" kritisierte Miller auch das EU-Angebot für die direkten Einkommensbeihilfen an die osteuropäischen Bauern. Der Minister forderte ein höheres Einstiegsniveau (als die angebotenen 25%), um gute Bedingungen für die polnische Landwirtschaft zu erhalten.

Erweiterungskandidaten wollen kürzere Übergangsfrist
Eine große Mehrheit der zehn Beitrittskandidaten hatte bei dem Gipfel in Kopenhagen mit Enttäuschung auf das Finanzierungsangebot der EU reagiert. Vor allem Polen und Ungarn forderten beim Sondergipfel nach Angaben eines dänischen Sprechers einen kürzeren Zeitraum für die Einführung der direkten Einkommensbeihilfen an die Bauern in den neuen Mitgliedsstaaten. Konkret wurde von osteuropäischen Ländern eine Übergangsfrist bis 2007 gefordert, während die EU-Kommision den Kandidatenländern erst 2013 Direktzahlungen in voller Höhe zugestehen will. Die Forderung der Beitrittsländer wurde von dänischer Seite als "unrealistisch" bezeichnet. Spielraum für Verhandlungen gebe es allenfalls bei der Höhe der Produktionsquoten, wurde betont.
Mehrere Kandidatenländer drängen laut dänischen EU-Kreisen auch darauf, ihre Beiträge an den EU-Haushalt nur schrittweise und parallel mit den Direktzahlungen aus der EU-Kasse anzuheben. Dies käme praktisch einem Beitragsrabatt in den ersten Jahren gleich. Einige Länder meldeten laut APA Zweifel an der Verlässlichkeit der Zahlen der EU-Kommission für Kompensationen an die voraussichtlich vier Nettozahler an den EU-Haushalt (Ungarn, Tschechien, Malta und Zypern) an, die diesen Ländern im ersten Beitrittsjahr 2004 gewährt werden sollen.

Kritik an Schutzklausel
Als diskriminierend sehen manche Beitrittsländer den Beschluss der EU an, während maximal drei Jahren Schutzmaßnahmen gegenüber den neuen Mitgliedsstaaten ergreifen zu können. Die dänische EU-Ratspräsidentschaft widersprach dem energisch. Sie rechnete den Kandidaten vor, dass Spanien und Portugal eine siebenjährige Übergangsfrist bis zur vollen Eingliederung in den EU-Binnenmarkt und der Niederlassungsfreiheit für ihre Bürger in anderen EU-Staaten akzeptieren mussten. Mit Österreich, Finnland und Schweden wurde eine Übergangsfrist von nur einem Jahr vereinbart. Allerdings hatten die drei Länder bereits den Großteil des EU-Rechtsbestandes im Rahmen des europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) übernommen.

Rasmussen: Begrenzter Spielraum der EU
EU-Ratsvorsitzender Rasmussen betonte beim Sondergipfel in Kopenhagen, er sei zuversichtlich, was den rechtzeitigen Abschluss der Beitrittsverhandlungen mit zehn Kandidatenländern betreffe. Gleichzeitig betonte er, dass die EU bei den unmittelbar beginnenden Schlussverhandlungen nur über einen "begrenzten Spielraum" verfüge. Die Finanzierung der Erweiterungskosten müsse im Finanzrahmen bleiben, der 1999 in Berlin vereinbart worden sei. Die Zeit für die abschließenden Verhandlungen sei knapp, alle seien sich jedoch einig, den Erweiterungsprozess nicht entgleisen zu lassen.
EU-Kommissionspräsident Romano Prodi und EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen räumten ein, dass es noch eine Reihe ungelöster Fragen gebe. Die EU-Kommission werde sich schon am Dienstag an die Arbeit machen, um ein ausgewogenes Angebot für die zehn Länder zusammenzustellen, sagte Verheugen. Als wichtigstes Ergebnis des Kopenhagener Treffens bezeichnete er, dass die Erweiterungsdynamik "stärker denn je zuvor" sei. Beide Seiten seien gewillt, gegenseitig annehmbare Kompromisse zu finden.

Verheugen verteidigt geplante Schutzmaßnahmen der EU
Ebenso wie Rasmussen betonte Verheugen, dass der in Berlin vereinbarte EU-Finanzrahmen bis 2006 nicht überschritten werden dürfe. Auch der Wunsch der 15 EU-Länder, die Übernahme des EU-Rechtsbestandes und seine Umsetzung in den neuen Mitgliedsstaaten strikt zu überwachen und bei Missachtung Schutzmaßnahmen ergreifen zu können, müsse erfüllt werden.