Thema Nationalratswahl – 04. November 2002

 ORF-Pressestunde am Sonntag (03. 11.)
 ÖVP-Chef Bundeskanzler Wolfgang Schüssel war in der ORF-Pressestunde zu Gast
Wien (övp-pd) - Kein Verständnis kommt von Kanzler Schüssel für die neuerliche Irak-Reise von Jörg Haider. Die Reise sei ohne Absprache erfolgt. Offensichtlich sei es der FPÖ-Spitze nicht gelungen, die Irak-Reise Haiders zu verhindern. Das bedauere er zutiefst, sei doch der Besuch des Iraks in der derzeitigen weltpolitischen Lage das absolut falsche Signal: "Es schadet Österreich!"

Keine Ausgrenzung freiheitlicher Wähler
Klar distanziert sich der ÖVP-Chef von Jörg Haider: Weder für die Irak-Reise noch für die Angriffe auf die eigenen, erfolgreichen Regierungsmitglieder hat Schüssel Verständnis. Er wünscht Mathias Reichhold baldige Besserung und ortet eine Ursache für dessen Krankheit auch in den ständigen Attacken aus der eigenen Partei. Man könne aber nicht 1 1/4 Millionen Wählerinnen und Wähler, die die FPÖ beim letzten Mal gehabt habe, ausgrenzen. Die FPÖ bestehe nicht nur aus Jörg Haider, von dem auch viele freiheitliche Wähler jetzt schwer enttäuscht seien.

Höchste Zahl an Arbeitsplätzen seit 1945
Die katastrophale wirtschaftliche Lage in Deutschland durch die dortige rot-grüne Regierung wirke sich auch negativ auf Österreich aus. Dennoch: Österreich habe selbst jetzt die höchste Zahl von Arbeitsplätzen seit 1945.

Kampf gegen die Arbeitslosigkeit
Natürlich: Die Wirtschaft, nicht die Politik schaffe Arbeitsplätze. Dennoch könne und müsse die Politik durch entsprechende Impulse ihren Beitrag leisten - "und genau das macht die Bundesregierung". Das Lehrlingspaket, das die Regierung gemeinsam mit den Sozialpartnern geschnürt habe, wirke sich bereits positiv aus: Endlich gebe es wieder mehr Lehrstellen in Österreich.

Kein Jugendlicher darf auf der Straße stehen!
Jeder Jugendliche solle einen Arbeitsplatz, eine Lehrstelle oder einen Ausbildungsplatz haben: "Kein Jugendlicher darf auf der Straße stehen!"

Lebensarbeitskurve umdrehen
Wie JVP-Chefin Silvia Fuhrmann - die mit 21 Jahren jüngste künftige Nationalrats-Abgeordnete - gefordert hatte, solle die Lebensarbeitskurve etappenweise umgedreht werden. Den jungen Menschen, die am Anfang mit Familiengründung und Wohnungssuche hohe Lebenshaltungskosten hätten, solle mehr Geld zur Verfügung stehen.

Einheitliches Pensionssystem für alle
Ein einheitliches Pensionssystem für alle - Beamte, Arbeiter, Angestellte, Bauern - soll in der nächsten Legislaturperiode eingeführt werden. Dieses soll auf der Lebensarbeitszeit basieren - wer länger arbeitet, soll davon profitieren. Dazu müsse es ergänzend eine betriebliche Zusatzvorsorge geben, die mit der "Abfertigung Neu" bereits eingeführt sei sowie eine Eigenvorsorge, die als 3. Standbein immer wichtiger werde.

Lohnnebenkostensenkung für Ältere
Die geplante Lohnnebenkostensenkung soll gezielt für die Förderung älterer Arbeitnehmer eingesetzt werden. Für ältere Arbeitnehmer, die in Beschäftigung sind, könnten z.B. die Arbeitslosenversicherungs-Beiträge entfallen. Dadurch würden Betriebe auch mehr ältere Arbeitnehmer einstellen und sie im Betrieb behalten.

Chance für Frauen - Recht auf Teilzeitarbeit
Im Mittelpunkt der ÖVP-Politik stehe auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie: Frauen, die Kinder betreuen, sollen ein Recht auf Teilzeitarbeit bekommen. Die Betriebe sollen daher begünstigt via AMS Teilzeitkräfte anstellen können.

Steuererleichterung und Wirtschaftsbelebung
Langfristiges Ziel ist die Senkung der Steuer- und Abgabenquote auf 40%. Als erster Schritt sollen Jahreseinkommen bis 10.000 Euro steuerfrei gestellt werden. Betriebe sollen ebenfalls Erleichterungen bekommen: Damit könnten Firmen aus Deutschland, die vor den Maßnahmen der rot-grünen Regierung flüchten, noch leichter nach Österreich gelockt werden.

Ambulanzgebühren: Form überdenken
Wenn die Einhebung der Ambulanzgebühr in der jetzigen Form zu wenig Ertrag bringe, könne über eine geänderte Einhebungsform nachgedacht werden. Die Spitäler könnten die Ambulanzgebühren selbst einheben und dann auch den Ertrag behalten und für ihre Aufwendungen einsetzen, so der Kanzler.

Österreich muß sicher sein
Die österreichische Lufthoheit könne nicht 2 bis 3 Meter über dem Boden aufhören. Die ÖVP steht für ein sicheres Österreich. Die Abfangjäger-Beschaffung soll aber möglichst kostengünstig für die Österreicher erfolgen: Eine gemeinsame Plattform mit der Wirtschaft soll für eine günstige und tragbare Finanzierung sorgen. "Sicherheit gibt es aber nicht zum Nulltarif", betont Schüssel.

Fehler bei Sicherheitspolitik nicht korrigierbar
Fehler in der Politik könne man meist korrigieren - Fehler in der Sicherheitspolitik "können aber tödlich sein". Das Bundesheer müsse daher entsprechend finanziert und gut ausgerüstet sein.
   
 Gusenbauer: Schüssel bekennt - auf Chaos I folgt Chaos II
Geheimabsprachen zwischen Schüssel und Haider immer offenbarer
Wien (sk) - "Wenn nach all den unglaublichen Entgleisungen Haiders ÖVP-Obmann Schüssel dennoch unbeirrt an der Koalition mit der Haider-FPÖ festhält, dann wird eine Geheimabsprache zwischen Schüssel und Haider immer wahrscheinlicher und immer offenbarer", erklärte SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer zu den Äußerungen Schüssels in der ORF-Pressestunde am Sonntag (03. 11.). Nach diesen Festlegungen ist klar: auf das schwarz-blaue Chaos I soll das schwarz-blaue Chaos II folgen".
Dies habe sich Österreich aber nicht verdient. Denn eine Fortsetzung eines Kurses voll Unsicherheiten und Instabilität würde das Land teuer zu stehen kommen. Die Hochsteuerpolitik Schüssels, die von seiner Regierung herbeigeführte Rekordarbeitslosigkeit und der weitere Weg in die Zwei-Klassen-Medizin wären somit prolongiert. Dies könne auch durch kosmetische Konstruktionen beim Inkasso der Ambulanzgebühren nicht kaschiert werden. Trotz ausweichender Ausführungen zur Causa Abfangjäger konnte nicht verdrängt werden, dass Schüssel in der Regierung jedenfalls am Ankauf dieses unnötigen Kriegsgerätes festhalten werde.
Für die Österreicherinnen und Österreicher ist nun klar, dass wer Schüssel und die ÖVP wählt, Haider und die Chaos-FPÖ dazubekommt. "Insofern muss man dem ÖVP-Obmann dankbar sein, das er trotz neuerliche Bagdad-Abenteuer an seinem Koalitionspartner Haider festhält - das macht die Wahl leichter und klarer. Schüssel will alles tun, um an der Macht zu bleiben - die entscheidenden Lebensfragen der Österreicherinnen und Österreicher sind ihm dabei völlig gleichgültig", sagte Gusenbauer abschließend.
   
 Schweitzer: Wichtige Themen für Österreichs Zukunft hat Schüssel nicht angesprochen"
Ohne dem Reformmotor FPÖ wären die vielen Reformen nicht zustande gekommen"
Wien (fpd) - "Ohne dem Reformmotor FPÖ wären die vielen Reformen, die diese blauschwarze Regierung zustande gebracht hat, nicht möglich gewesen. Wichtige Themen, die Österreichs Zukunft betreffen - wie etwa die EU-Erweiterung - hat der Kanzler anscheinend bewußt nicht angesprochen", meinte FPÖ-Klubobmann Karl Schweitzer zur TV-Pressestunde mit Wolfgang Schüssel am Sonntag (03. 11.).
"Es wäre sehr spannend gewesen zu erfahren, was der Kanzler zu den zukünftigen Mitgliedsbeitragsbeitragszahlungen Österreichs aufgrund der Erweiterung gesagt hätte. Ebenso hat Schüssel nichts über seine Haltung zu den menschenrechtswidrigen Benes-Dekrete oder über das AKW Temelin in seiner Pressestunde preisgegeben. Die österreichische Bevölkerung hat aber ein Recht darauf zu erfahren, welche Meinung der Kanzler zu den für Österreich so wichtigen Themen hat", kritisierte Schweitzer.
Ausführlich diskutierte der Kanzler hingegen über die Reformen, die aber die FPÖ federführend mitgestaltet habe und die ohne die Freiheitlichen nie umgesetzt worden wären. Schweitzer nannte in diesem Zusammenhang die Verwaltungsreform, die nur durch die FPÖ möglich wurde.
   
 Glawischnig: Schüssel will wieder mit Haider-FPÖ koalieren
Persönlicher Machterhalt einziges Ziel Schüssels
Wien (grüne) - "ÖVP-Obmann Schüssel kennt keine politische Schmerzgrenze. Sein einziges Ziel ist der Machterhalt für seine eigene Person. Dafür ist er bereit, weiter mit der Haider-FPÖ zu koalieren, obwohl er als Bundeskanzler genau mit dieser Koalition gescheitert ist. Selbst sein eigener Vize, Molterer, hält inzwischen die FPÖ für nicht mehr einschätzbar", kritisierte Eva Glawischnig, stv. Bundessprecherin der Grünen, die Aussagen von ÖVP-Obmann Schüssel in der ORF-Pressestunde am Sonntag (03. 11.).
Nicht überraschend auch, daß Schüssel damit einmal mehr wortbrüchig wird. Denn nach dem Auseinanderfallen der Regierung hatte er noch eine Zusammenarbeit mit einer von den Knittelfeder Putschisten gesteuerten FPÖ abgelehnt. "Auch das scheint nun nicht mehr zu zählen, da sein eigener Kanzlersessel bedroht ist", so Glawischnig.
Inhaltlich denkt Schüssel offensichtlich schon über weitere Belastungen für die Bevölkerung nach. Sollte die Einhebung der Ambulanzgebühren zu teuer sein, so sollten sie nicht abgeschafft, sondern den Spitälern zugute kommen und von diesen eingehoben werden, so Schüssel. "Absurder geht es nicht. Den Spitälern soll etwas zugute kommen, was nichts bringt, weil die Einhebung zu teuer ist. Das heißt nichts anderes, als daß die PatientInnen weiter sinnlos Ambulanzgebühren zahlen müssen, während sich die ÖVP schon eine zusätzliche Belastung für die Finanzierung des Kassendefizits ausdenkt", so Glawischnig.
Eines Kanzlers nachgerade unwürdig sei Schüssels Festhalten am Ammenmärchen, wonach die Wirtschaft die Abfangjäger finanzieren werde. "Das widerspricht jedem wirtschaftlichen Sachverstand und ist deshalb ein unglaubwürdiger Unsinn", so Glawischnig. Dem könne nur mit einem eindeutigen WählerInnenvotum am 24. November begegnet werden.
 Personalpolitik
 Bundeskanzler Schüssel präsentiert Ingrid Wendl als Team-Mitglied
ÖVP Chef: "Reihe bekannter, neuer Gesichter auf ÖVP Liste"
Wien (övp-pd) - "Eine Reihe bekannter, neuer Gesichter, ein starkes, buntes Team, Persönlichkeiten, die schon viel geleistet haben oder zu größeren Hoffnungen Anlass geben", präsentierte am Freitag (01. 11.) ÖVP Bundesparteiobmann Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel auf der Bundesliste der ÖVP für die Nationalratswahl. Schüssel führt die Liste an, gefolgt von Bildungsministerin Elisabeth Gehrer, Außenministerin Dr. Benita Ferrero-Waldner und Bauernbund- Präsident Fritz Grillitsch. Platz fünf auf der Bundesliste nimmt die Journalistin und ehemalige Eiskunstlauf-Spitzensportlerin Ingrid Wendl ein.
Auf der, laut Schüssel im "Reißverschlusssystem" zusammengesetzten, Liste folgt auf Platz sechs der Linzer Universitätsprofessor und Steuerexperte Markus Achatz. Platz sieben nimmt die JVP Chefin und Studentin Silvia Fuhrmann aus dem Burgenland ein. Auf Platz acht steht der Christgewerkschafter und Vorsitzende der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst Fritz Neugebauer. Ihm folgt auf Platz neun die Lienzer Bürgermeisterin Helga Machné. Auf Platz zehn steht der Clubobmann der ÖVP im steirischen Landtag und ÖVP Wahlkampfmanager Dr. Reinhold Lopatka, Platz elf nimmt der Kärntner Schriftsteller und Be- hindertenvertreter Franz-Joseph Huainigg ein.

Fuhrmann wird "mit Abstand jüngste Abgeordnete im Nationalrat"
Die auf Platz sieben der Bundesliste gereihte JVP-Chefin Silvia Fuhrmann werde "die mit Abstand jüngste Abgeordnete im Nationalrat", betonte der ÖVP-Chef. Sie solle "die Stimme der Jungen in der ÖVP" sein. Der auf Platz sechs gereihte Steuerfachmann Prof. Markus Achatz von der Universität Linz sei "ein erstklassiger Fachmann", Bauernbund-Präsident Fritz Grillitsch "ein junger Stürmer, der dem Bauernbund schon viele Impulse gegeben hat und eine Stimme für die ökosoziale Marktwirtschaft". Reinhold Lopatka sei "ohnehin bekannt" und Fritz Neugebauer bezeichnete Schüssel als "Säule der Sozialpartnerschaft und Vertreter der Arbeitnehmer-Interessen".
Der Kärtner Kabarettist und Schriftsteller Franz-Joseph Huainigg bereichere die Liste als Kabarettist und Kinderbuch-Autor. Unser Team ist gut abgesichert in den Generationen, baut auf Expertise, wurzelt tief in der Sozialpartnerschaft und wurzelt in Stadt und Land", sagte der ÖVP-Obmann. Die nicht anwesende Bürgermeisterin von Lienz, Helga Machné, "ist eine starke Stimme der Regionen".
Auf eine entsprechende Frage zur gestrigen Aussage des derzeitigen FPÖ-Chefs Herbert Haupt, wonach Jörg Haider wieder auf der FPÖ-Bundesliste stehen werde, sagte Schüssel, er habe sich nie den Kopf darüber zerbrochen, "wer auf anderen Listen steht. Dieses Team hält den Vergleich mit den anderen locker aus." Haider sei in der Wahlwerbung ein Konkurrent und er, Schüssel, habe nicht erwartet, von der Konkurrenz mit Blumen überschüttet zu werden.
Der Stil der ÖVP seien positive Wahlwerbung und hervorragende Personen. "Alle sind voll motiviert und Wahlkampfleiter Lopatka hat das berühmte Glitzern in den Augen", sagte Schüssel. Angesprochen auf mögliche Koalitionen nach der Wahl sagte der Kanzler, er wolle zuerst am 24. November eine Koalition mit dem Wähler. "Ob Jörg Haider dann da oder schon wieder weg ist - Wir sind da. Das ist unsere Botschaft an die Wähler." Zur gestrigen Aussage von Herbert Haupt zum Ende der Koalition sagte Schüssel, man möge auf seine Antwort in der TV- Diskussion mit Haupt am Dienstag warten. "Ich will ihnen nicht die Spannung nehmen. Heute ist der Tag meines Teams, nicht der Tag der Konkurrenten."
   
 ÖVP-Liste zeigt für Bures: Personelle Batterien der ÖVP sind leer
Keine Frischzellenkur für verstaubtes Team um Schüssel
Wien (sk) - "Die personellen Batterien der ÖVP sind leer", stellte SPÖ-Bundesgeschäfts- führerin Doris Bures am Freitag (01. 11.) nach der Präsentation der ÖVP-Bundesliste durch ÖVP-Obmann Wolfgang Schüssel fest. Das verbrauchte und verstaubte Team um Schüssel hätte eine Frischzellenkur dringend nötig, allein diese Liste ist alles andere, unterstrich Bures gegenüber dem Pressedienst der SPÖ.
Mit dem "dürftigen und vor allem rückwärtsgewandten personellen Angebot" der ÖVP seien auch keine neue Politik und keine Reformen für dieses Land möglich: "Mit Schüssels Team kann höchstens die Politik der Vergangenheit fortgesetzt werden." Der Vergleich mache jedenfalls eines deutlich. "Die SPÖ hat nicht nur das bessere Programm, sie hat auch mit Abstand das bessere Team für die Zukunft Österreichs und vor allem den allerbesten Spitzenkandidaten", so Bures abschließend.