Für und Wider der heimischen Außenpolitik  

erstellt am
08. 10. 03

Europa und die Welt Diskussionspunkte im Außenpolitischen Ausschuß
Wien (pk) - Bei der heutigen Sitzung des Außenpolitischen Ausschusses des Nationalrates wurde zunächst der Außenpolitische Bericht 2002 der Bundesregierung einer eingehenden Beratung unterzogen.

Das außenpolitisch wohl bedeutendste Ereignis des Jahres 2002 stellte die beschlossene EU-Erweiterung dar, "eine der wichtigsten außenpolitischen Prioritäten Österreichs". Die Beitrittsverhandlungen konnten mit zehn Beitrittskandidaten Ost- und Südeuropas erfolgreich zu Ende gebracht werden. Am Europäischen Rat von Kopenhagen vom 12. bis zum 13. Dezember 2002 gelang es, die letzten noch offenen Kapitel mit Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, der Slowakei, Slowenien, der Tschechischen Republik, Ungarn und Zypern abzuschließen. Somit wird die EU ab 1. Mai 2004 insgesamt 25 Mitglieder umfassen. Dieses für Europa so wichtige Thema, aber auch der Irakkrieg der USA, die Entwicklung der Vereinten Nationen und zahlreiche andere Aspekte der Außenpolitik sind im "Außenpolitischen Bericht 2002 der Bundesregierung" dargelegt.

In der Diskussion statteten alle Debattenredner den Beamten des Außenministeriums Dank für ihre Arbeit ab. Abgeordneter Michael Spindelegger (V) thematisierte die EU-Regierungskonferenz. Das Ergebnis des Europakonvents sei ein gutes gewesen, es gelte aber, punktuell noch Verbesserungen anzubringen. Konkret stellte Spindelegger zur Diskussion, ob es nicht sinnvoller wäre, auch künftighin eine rotierende Präsidentschaft und einen Kommissar pro Mitgliedsland zu haben. Abgeordneter Josef Cap (S) befasste sich mit der österreichischen Haltung zum Irak-Konflikt. In einer Zeit, wo man selbst schon in den USA erkenne, dass dieser Krieg falsch gewesen sei, müsse sich die Bundesregierung die Frage stellen, ob es nicht klüger gewesen wäre, sich von Anfang an auf die Seite Frankreichs und Deutschlands zu stellen, anstatt einen so genannten "Weg der Mitte" zu verfolgen. Des Weiteren kam Cap auf die aktuellen Angriffe Israels auf seine Nachbarstaaten zu sprechen und wollte wissen, welche Haltung die Außenministerin in dieser Frage einnehme.

Abgeordneter Herbert Scheibner (F) warf zunächst das Thema der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik als zukünftige Kernaufgabe der EU auf und sprach weiters die Lage im Nahen Osten, die Regierungskonferenz und den österreichischen Außenhandel an. Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) stellte sich die Frage nach der Zukunft der Vereinten Nationen. Wenn Österreich sein Engagement im Rahmen der UN verstärken wolle, müsse dies mit einer entsprechenden finanziellen Dotation einhergehen, meinte die Abgeordnete. Klare Worte zum Irakkrieg bei der UN-Generalversammlung wären, so Lunacek weiter, seitens der Außenministerin wünschenswert gewesen. Das Ergebnis des Konvents sei ein gutes, man solle dieses nicht mehr aufschnüren, weil sonst jeder Begehrlichkeiten entwickle und man quasi überhaupt kein Ergebnis mehr haben werde. Vielmehr sollte man Gedanken darüber anstellen, wer künftig wie die Verfassung Europas ändern könne.

Abgeordneter Wolfgang Großruck (V) erkundigte sich nach der mittel- und langfristigen Zukunft des UN-Sitzes Wien, Abgeordneter Walter Posch (S) nach einer möglichen Arbeitsentlastung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte. Abgeordnete Petra Bayr (S) wies auf unterschiedliche Zahlen hinsichtlich der EZA bei OECD und im Außenpolitischen Bericht hin und ersuchte um Aufklärung. Abgeordneter Kurt Gartlehner (S) sprach die regionalen Partnerschaften an, Abgeordnete Marianne Hagenhofer (S) das Verhältnis zwischen der EU und Russland. Abgeordnete Christine Muttonen (S) und Abgeordneter Johann Ledolter (V) thematisierten die Auslandskultur respektive die Kulturforen, Abgeordneter Karl Donabauer (V) die EU-Erweiterung und Abgeordneter Klaus Wittauer (F) die Lage im Nahen Osten.

Bundesministerin Benita Ferrero-Waldner begründete in ihrer Einleitung die Art und Weise, wie der Bericht erstellt worden sei. Es gehe darum, die Außenpolitik so transparent wie möglich zu machen, weshalb man sich um eine gut lesbare und übersichtliche Darstellung bemüht habe.

Zur Regierungskonferenz meinte das Regierungsmitglied, diese baue natürlich auf den Ergebnissen des Konvents auf, und so gut diese seien, bedürfe es dennoch gewisser Verbesserungen und Feineinstellungen, etwa hinsichtlich der Kommissare, der Präsidentschaft und der Rotation. Auch die europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik müsse noch eingehend beraten werden, meinte Ferrero-Waldner, die sodann ein Szenario für die weitere Vorgangsweise der Regierungskonferenz entwarf. Diese sollte ihre Arbeit bis zu den EP-Wahlen im Juni 2004 abgeschlossen haben, wobei sichergestellt sein sollte, dass die Beitrittsländer aktiv an deren Arbeit mitwirken können.

In diesem Zusammenhang bekräftigte Ferrero-Waldner die Forderung Österreichs, dass jedes EU-Mitglied grundsätzlich in jedem Organ vertreten sein sollte. Da die Kommission ohnehin als Kollegialorgan Mehrheitsentscheidungen trifft, sei es letztlich gleichgültig, ob sie mit fünfzehn oder mit fünfundzwanzig Stimmen entscheidet, bemerkte sie.

Zum Irak stellte die Außenministerin fest, Österreichs Position der Mitte sei absolut richtig gewesen. Der aktuelle Resolutionsentwurf werde von österreichischer Seite noch kritisch gesehen, es würden noch wichtige Elemente fehlen, gab Ferrero-Waldner zu bedenken. Entscheidend sei ihrer Einschätzung nach ein möglichst rascher, realistischer Übergang der Souveränität auf den Irak, dies aber in einer Form, die es den Vereinten Nationen erlaube, eine machbare und kohärente Politik durchzuführen. Wesentliche Bedeutung komme der Sicherheitslage im Irak zu, für die, wie Ferrero-Waldner betonte, eine multinationale Truppe mit zuständig sein sollte.

Die Außenministerin kündigte weiters an, dass Österreich an der Geber-Konferenz für den Irak teilnehmen und konkrete Zusagen machen werde. Primär gehe es bei der österreichischen Unterstützung um humanitäre Hilfe, andere mögliche Hilfestellungen seien nur nach einer Sicherheitsrats-Resolution denkbar.

Besorgt zeigte sich Ferrero-Waldner über die jüngste Entwicklung im Nahen Osten. Die israelischen Angriffe auf syrisches Gebiet würden die Aussichten auf einen Dialog der Konfliktparteien schwieriger machen, sagte sie. Österreich setze sich jedenfalls für die Weiterführung der Roadmap, einen Waffenstillstand und ein Monitoring-System ein. Die Normalisierung der bilateralen Beziehungen zwischen Österreich und Israel begrüßte Ferrero-Waldner ausdrücklich. Es sei nun zu hoffen, dass es schon bald wieder einen israelischen Botschafter in Wien geben werde, bemerkte sie.

Was die Lage in Afghanistan betrifft, ortete die Ressortchefin deutliche Erfolge, schränkte jedoch ein, die Sicherheitslage bleibe weiterhin das kritische Element für den Wiederaufbau. Das Engagement Österreichs konzentriere sich dabei auf Entminung, Drogenbekämpfung und die Stärkung der Frauenrechte. Die getätigten Hilfszusagen für den Zeitraum bis 2004 seien, wie sie betonte, erfüllt worden. Österreich habe insgesamt 12 Mill. € für Afghanistan aufgebracht.

In Sachen UN-Reform trat Ferrero-Waldner für eine Ausweitung des Sicherheitsrates ein, sodass auch die Regionen abgedeckt seien. In diesem Sinne sollte auch die EU einmal in der UNO mit einer Stimme sprechen können. Als erster Schritt müssten nach den Vorstellungen der Ministerin die derzeitigen EU-Mitglieder im Sicherheitsrat eine gemeinsame Position vertreten. In einer späteren Phase sollte dann die EU als Ganzes einen Sicherheitsratssitz haben.

Bei der Abstimmung wurde der außenpolitische Bericht mit den Stimmen der Regierungsparteien angenommen.

Im weiteren Verlauf der Sitzung genehmigte der Ausschuss jeweils mit Einstimmigkeit ein Zusatzprotokoll zum Europäischen Rahmenübereinkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften oder Behörden, ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Ständigen Sekretariat des Übereinkommens zum Schutz der Alpen über dessen Amtssitz sowie ein Übereinkommen über Privilegien und Immunitäten des Internationalen Strafgerichtshofes.
     
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