Europa und die Welt Diskussionspunkte im Außenpolitischen Ausschuß
Wien (pk) - Bei der heutigen Sitzung des Außenpolitischen Ausschusses des Nationalrates wurde
zunächst der Außenpolitische Bericht 2002 der Bundesregierung einer eingehenden Beratung unterzogen.
Das außenpolitisch wohl bedeutendste Ereignis des Jahres 2002 stellte die beschlossene EU-Erweiterung dar,
"eine der wichtigsten außenpolitischen Prioritäten Österreichs". Die Beitrittsverhandlungen
konnten mit zehn Beitrittskandidaten Ost- und Südeuropas erfolgreich zu Ende gebracht werden. Am Europäischen
Rat von Kopenhagen vom 12. bis zum 13. Dezember 2002 gelang es, die letzten noch offenen Kapitel mit Estland, Lettland,
Litauen, Malta, Polen, der Slowakei, Slowenien, der Tschechischen Republik, Ungarn und Zypern abzuschließen.
Somit wird die EU ab 1. Mai 2004 insgesamt 25 Mitglieder umfassen. Dieses für Europa so wichtige Thema, aber
auch der Irakkrieg der USA, die Entwicklung der Vereinten Nationen und zahlreiche andere Aspekte der Außenpolitik
sind im "Außenpolitischen Bericht 2002 der Bundesregierung" dargelegt.
In der Diskussion statteten alle Debattenredner den Beamten des Außenministeriums Dank für ihre Arbeit
ab. Abgeordneter Michael Spindelegger (V) thematisierte die EU-Regierungskonferenz. Das Ergebnis des Europakonvents
sei ein gutes gewesen, es gelte aber, punktuell noch Verbesserungen anzubringen. Konkret stellte Spindelegger zur
Diskussion, ob es nicht sinnvoller wäre, auch künftighin eine rotierende Präsidentschaft und einen
Kommissar pro Mitgliedsland zu haben. Abgeordneter Josef Cap (S) befasste sich mit der österreichischen Haltung
zum Irak-Konflikt. In einer Zeit, wo man selbst schon in den USA erkenne, dass dieser Krieg falsch gewesen sei,
müsse sich die Bundesregierung die Frage stellen, ob es nicht klüger gewesen wäre, sich von Anfang
an auf die Seite Frankreichs und Deutschlands zu stellen, anstatt einen so genannten "Weg der Mitte"
zu verfolgen. Des Weiteren kam Cap auf die aktuellen Angriffe Israels auf seine Nachbarstaaten zu sprechen und
wollte wissen, welche Haltung die Außenministerin in dieser Frage einnehme.
Abgeordneter Herbert Scheibner (F) warf zunächst das Thema der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik
als zukünftige Kernaufgabe der EU auf und sprach weiters die Lage im Nahen Osten, die Regierungskonferenz
und den österreichischen Außenhandel an. Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) stellte sich die Frage nach
der Zukunft der Vereinten Nationen. Wenn Österreich sein Engagement im Rahmen der UN verstärken wolle,
müsse dies mit einer entsprechenden finanziellen Dotation einhergehen, meinte die Abgeordnete. Klare Worte
zum Irakkrieg bei der UN-Generalversammlung wären, so Lunacek weiter, seitens der Außenministerin wünschenswert
gewesen. Das Ergebnis des Konvents sei ein gutes, man solle dieses nicht mehr aufschnüren, weil sonst jeder
Begehrlichkeiten entwickle und man quasi überhaupt kein Ergebnis mehr haben werde. Vielmehr sollte man Gedanken
darüber anstellen, wer künftig wie die Verfassung Europas ändern könne.
Abgeordneter Wolfgang Großruck (V) erkundigte sich nach der mittel- und langfristigen Zukunft des UN-Sitzes
Wien, Abgeordneter Walter Posch (S) nach einer möglichen Arbeitsentlastung des Europäischen Gerichtshofes
für Menschenrechte. Abgeordnete Petra Bayr (S) wies auf unterschiedliche Zahlen hinsichtlich der EZA bei OECD
und im Außenpolitischen Bericht hin und ersuchte um Aufklärung. Abgeordneter Kurt Gartlehner (S) sprach
die regionalen Partnerschaften an, Abgeordnete Marianne Hagenhofer (S) das Verhältnis zwischen der EU und
Russland. Abgeordnete Christine Muttonen (S) und Abgeordneter Johann Ledolter (V) thematisierten die Auslandskultur
respektive die Kulturforen, Abgeordneter Karl Donabauer (V) die EU-Erweiterung und Abgeordneter Klaus Wittauer
(F) die Lage im Nahen Osten.
Bundesministerin Benita Ferrero-Waldner begründete in ihrer Einleitung die Art und Weise, wie der Bericht
erstellt worden sei. Es gehe darum, die Außenpolitik so transparent wie möglich zu machen, weshalb man
sich um eine gut lesbare und übersichtliche Darstellung bemüht habe.
Zur Regierungskonferenz meinte das Regierungsmitglied, diese baue natürlich auf den Ergebnissen des Konvents
auf, und so gut diese seien, bedürfe es dennoch gewisser Verbesserungen und Feineinstellungen, etwa hinsichtlich
der Kommissare, der Präsidentschaft und der Rotation. Auch die europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik
müsse noch eingehend beraten werden, meinte Ferrero-Waldner, die sodann ein Szenario für die weitere
Vorgangsweise der Regierungskonferenz entwarf. Diese sollte ihre Arbeit bis zu den EP-Wahlen im Juni 2004 abgeschlossen
haben, wobei sichergestellt sein sollte, dass die Beitrittsländer aktiv an deren Arbeit mitwirken können.
In diesem Zusammenhang bekräftigte Ferrero-Waldner die Forderung Österreichs, dass jedes EU-Mitglied
grundsätzlich in jedem Organ vertreten sein sollte. Da die Kommission ohnehin als Kollegialorgan Mehrheitsentscheidungen
trifft, sei es letztlich gleichgültig, ob sie mit fünfzehn oder mit fünfundzwanzig Stimmen entscheidet,
bemerkte sie.
Zum Irak stellte die Außenministerin fest, Österreichs Position der Mitte sei absolut richtig gewesen.
Der aktuelle Resolutionsentwurf werde von österreichischer Seite noch kritisch gesehen, es würden noch
wichtige Elemente fehlen, gab Ferrero-Waldner zu bedenken. Entscheidend sei ihrer Einschätzung nach ein möglichst
rascher, realistischer Übergang der Souveränität auf den Irak, dies aber in einer Form, die es den
Vereinten Nationen erlaube, eine machbare und kohärente Politik durchzuführen. Wesentliche Bedeutung
komme der Sicherheitslage im Irak zu, für die, wie Ferrero-Waldner betonte, eine multinationale Truppe mit
zuständig sein sollte.
Die Außenministerin kündigte weiters an, dass Österreich an der Geber-Konferenz für den Irak
teilnehmen und konkrete Zusagen machen werde. Primär gehe es bei der österreichischen Unterstützung
um humanitäre Hilfe, andere mögliche Hilfestellungen seien nur nach einer Sicherheitsrats-Resolution
denkbar.
Besorgt zeigte sich Ferrero-Waldner über die jüngste Entwicklung im Nahen Osten. Die israelischen Angriffe
auf syrisches Gebiet würden die Aussichten auf einen Dialog der Konfliktparteien schwieriger machen, sagte
sie. Österreich setze sich jedenfalls für die Weiterführung der Roadmap, einen Waffenstillstand
und ein Monitoring-System ein. Die Normalisierung der bilateralen Beziehungen zwischen Österreich und Israel
begrüßte Ferrero-Waldner ausdrücklich. Es sei nun zu hoffen, dass es schon bald wieder einen israelischen
Botschafter in Wien geben werde, bemerkte sie.
Was die Lage in Afghanistan betrifft, ortete die Ressortchefin deutliche Erfolge, schränkte jedoch ein, die
Sicherheitslage bleibe weiterhin das kritische Element für den Wiederaufbau. Das Engagement Österreichs
konzentriere sich dabei auf Entminung, Drogenbekämpfung und die Stärkung der Frauenrechte. Die getätigten
Hilfszusagen für den Zeitraum bis 2004 seien, wie sie betonte, erfüllt worden. Österreich habe insgesamt
12 Mill. € für Afghanistan aufgebracht.
In Sachen UN-Reform trat Ferrero-Waldner für eine Ausweitung des Sicherheitsrates ein, sodass auch die Regionen
abgedeckt seien. In diesem Sinne sollte auch die EU einmal in der UNO mit einer Stimme sprechen können. Als
erster Schritt müssten nach den Vorstellungen der Ministerin die derzeitigen EU-Mitglieder im Sicherheitsrat
eine gemeinsame Position vertreten. In einer späteren Phase sollte dann die EU als Ganzes einen Sicherheitsratssitz
haben.
Bei der Abstimmung wurde der außenpolitische Bericht mit den Stimmen der Regierungsparteien angenommen.
Im weiteren Verlauf der Sitzung genehmigte der Ausschuss jeweils mit Einstimmigkeit ein Zusatzprotokoll zum Europäischen
Rahmenübereinkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften
oder Behörden, ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Ständigen Sekretariat des Übereinkommens
zum Schutz der Alpen über dessen Amtssitz sowie ein Übereinkommen über Privilegien und Immunitäten
des Internationalen Strafgerichtshofes. |