Außenpolitik - Europapolitik  

erstellt am
16. 10. 03

Schüssel: Richtige Zeit für Konjunkturbelebungs- maßnahmen auf europäischer Ebene
Bundeskanzler Schüssel und Außenministerin Ferrero-Waldner informieren über Europäischen Rat
Wien (bpd) - Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Außenministerin Benita Ferrero-Waldner informierten am Mittwoch (15. 10.) über die Themen beim bevorstehenden Europäischen Rat in Brüssel. Als Schwerpunkthemen bezeichnete der Bundeskanzler die Regierungskonferenz, die Wachstumsinitiative auf europäischer Ebene sowie die Sicherheitspolitik. "Die europäische Wachstumsinitiative beinhaltet die wesentlichen Punkte der Konjunkturbelebung sowie die nationale Unterstützung durch eigenständige Maßnahmen", betonte der Bundeskanzler. "Wir haben diese Themen deshalb auf die jetzige Agenda genommen, weil wir mit derartigen Maßnahmen nicht länger warten können. Es ist gut, dass man jetzt in dieser Zeit , wo ein leichter wirtschaftlicher Aufschwung spürbar ist, die Anstrengungen koordiniert und verstärkt", sagte Schüssel. Konkret gehe es um Investitionen in der Verkehrsinfrastruktur, um Impulse für die Forschungs- und Technologieentwicklung sowie die Förderung von Grenzlandprogrammen. "Ich halte gerade die 29 Infrastrukturprojekte, die mit über 200 Milliarden Euro bis zum Jahre 2020 dotiert sind und bei denen auch Österreich mit rund 30 Milliarden gefördert wird, für sehr gut. Doch das genügt nicht", so Schüssel. Deshalb sei es wichtig, die Initiative auch national zu unterstützen. "Wir haben seit dem Jahr 1999 die Investitionen für Straße und Schiene um 50% erhöht. Das ist eine beachtliche Ergänzung", so Schüssel und nannte als weitere nationale Maßnahme den Start des Road-pricings. Von besonderer Bedeutung für Österreich im Infrastrukturbereich sei die Brenner- und Donauachse sowie die Verkehrsverbindung Danzig-Warschau-Brünn-Pressburg-Wien.

Zum Thema Forschung und Entwicklung betonte der Bundeskanzler, dass die Europäische Kommission interessante Vorschläge unterbreitet habe. "Es handelt sich aber dabei nicht um frisches Geld, sonder um ein 50 Milliarden Euro umfassendes Kredit- und Umschichtungsvolumen", so Schüssel. Auf nationaler Ebene werde dieses Programm durch eine Konjunktur- und Forschungsoffensive unterstützt. Als wichtiges Thema bezeichnete der Bundeskanzler auch die Koordinierung der Steuerpolitik auf europäischer Ebene. "Insgesamt ist es von besonderer Bedeutung, die Kriterien des Stabilitätspaktes hochzuhalten. Ich bin ein Verfechter des Stabilitätspaktes. Jeder Europäer profitiert von einer stabilen europäischen Währung und niedrigen Zinsen. Österreich ist mittlerweile das stabilste Land in ganz Europa", so Schüssel.

Zum Themenbereich der Regierungskonferenz betonte Außenministerin Benita Ferrero-Waldner die Wichtigkeit eines stimmberechtigten Kommissars pro Land. "Das ist nicht nur gut für die Symbolik und die Psychologie jedes Mitgliedslandes, sondern auch wichtig für die Politik, gerade in den neuen Mitgliedsländern. Die europäische Idee kann nur dann funktionieren, wenn niemand den anderen dominiert. Das erkennen immer mehr Mitgliedsländer", so Ferrero-Waldner. Ein weiteres wichtiges Thema in diesem Bereich sei die Installierung eines europäischen Außenministers. "Wesentlich dabei ist die Frage, wie die Doppelfunktion ausgefüllt sein wird. Wir folgen dabei dem Konventsvorschlag und wollen den Außenminister als Vizepräsident und Vollmitglied der Europäischen Kommission verankern", so die Außenministerin.

 

Bösch: Österreich lässt jede Menge EU-Geld in Brüssel liegen
EU-Kommission: Kritik an sturer Haltung Österreichs
Wien (sk) - Schwere Kritik an der österreichischen Budgetpolitik übte SPÖ-EU- Abgeordneter und Haushaltsexperte Herbert Bösch am Mittwoch (15. 10.) in einer Pressekonferenz in Wien. Nach wie vor lasse Österreich viel zu viel Geld in Brüssel liegen. Österreich könnte beträchtliche Mittel aus Brüssel für dringend notwendige struktur- und infrastrukturpolitische Maßnahmen abholen, lasse diese aber liegen, weil man sich die notwendige nationale Kofinanzierung ersparen möchte. "Diese Nulldefizit-Romantik gefährdet die Strukturpolitik Österreichs", so Bösch. Jene Mittel, die ein Mitgliedsland nicht ausschöpft, fließen zurück in den EU-Haushalt und werden zu einem für das Nettozahlerland Österreich nachteiligen Verteilungsschlüssel auf alle Länder verteilt. Nur 2,25 Prozent jener nicht ausgeschöpften Mittel fließen dann zurück nach Österreich.

Im Vergleich zu anderen EU-Ländern liegt Österreich mit seiner Ausschöpfungsrate an einem der letzten Plätze. Österreich verschenke damit ständig Geld, das ihm zustehen würde, an andere Länder, die sehr wohl investieren. Diese Budgetpolitik sei verfehlt; "wie kann man einerseits über die hohen Nettozahlerbeiträge jammern, und gleichzeitig so viel Geld in Brüssel liegen lassen?", wunderte sich der SPÖ-EU-Abgeordnete. Neben dem mangelnden Willen von Bund und Ländern, Strukturprojekte kozufinanzieren, hapert es laut Bösch aber auch bei der notwendigen Projektkoordination.

Jedes Land habe immer drei Jahre Zeit, die ihm in einem Jahr zustehenden Mittel auszuschöpfen, bevor diese wieder in den EU-Haushalt fließen. Am 31. Dezember 2003 fließen also die für das Jahr 2001 noch nicht abgegolten Gelder zurück.

Bei den Mitteln, die die EU für Strukturmaßnahmen bereit hält, hole sich Österreich immer weniger ab. Bereits seit dem Beginn des neuen Strukturprogramms im Jahr 2000 beanspruche Österreich immer weniger EU-Strukturgelder. Zwischen 2000 und 2002 seien die ausgezahlten Gelder um 28,7 Prozent bzw. 74,9 Mio. Euro auf 185,9 Mio. Euro gesunken. (Österreich ist in diesem Bereich traditioneller Nettozahler - erhielt 2002 rund 0,8 Prozent der EU-weit ausgezahlten Gelder, zahlte aber einen Anteil von 2,3 Prozent an Mitgliedsbeiträgen in das Budget ein.)

Auffällig sei besonders der markante Rückgang an Zahlungen für Ziel-2-Gebiete. Innerhalb von zwei Jahren haben sich hier die Auszahlungen um rund 53 Prozent auf 48,3 Mio. Euro reduziert. Erst im Mai dieses Jahres hat die Kommission mitgeteilt, dass Österreich allein bei den Strukturgeldern im Jahr 2001 100 Millionen Euro nicht beansprucht hat. Meldet das Bundeskanzleramt bis Ende 2003 keinen Bedarf an diesen Mitteln, verfalle das Geld. Am stärksten betroffen seien hier die Bundesländer Steiermark, das vor dem Sommer noch rund 36 Mio. Euro nicht abgeholt hat, gefolgt von Oberösterreich (18,4 Mio.) und Niederösterreich (8,7 Mio.). Die Gelder am besten genutzt habe das Burgenland, für 2001 habe es bereits alle Gelder beansprucht.

Auch die EU-Gelder für Transeuropäische Netze (TEN) nütze Österreich nur unzureichend, so Bösch. 2002 hat Österreich nur 12,4 Millionen für Transeuropäische Netze erhalten. Bei einem Mitgliedsbeitrag von 2,3 Prozent des EU-Budgets habe Österreich nur 1,9 Prozent der für TEN-Strecken ausgezahlten Gelder bekommen. Die EU-Kommission möchte künftig im Rahmen des geplanten Wachstumsprogrammes grenzüberschreitende Verkehrsprojekte deutlich höher kofinanziert wissen - statt bisher mit nur zehn Prozent, soll sich die EU künftig mit 30 Prozent an TEN-Strecken beteiligen. Österreich könnte davon aufgrund seiner geopolitischen Lage und seinem hohen Anteil an grenzüberschreitenden Projekten besonders profitieren - allerdings nur, wenn es auch bereit ist, eigenes Geld sinnvoll zu investieren und die TEN-Strecken von Österreich nicht länger vernachlässigt werden, stellte Bösch klar.

Bösch sprach sich außerdem für mehr Weitblick in der Strukturpolitik aus: Wenn die Strukturgelder schlecht ausgenutzt werden, verschlechtert das die Verhandlungsbasis für die nächste Finanzperiode nach 2006, so Bösch. Bereits jetzt sollte sich Österreich überlegen, wie eine Infrastrukturpolitik in einer erweiterten Union aussehen könnte. Die bisherige Strukturpolitik könnte beispielsweise durch eine Infrastrukturpolitik ersetzt werden, in der die Bereiche Verkehr, Telekommunikation, Energie und die Wasser- und Abwasserwirtschaft zusammengefasst werden, schlägt der EU-Haushaltsexperte vor.

EU-Kommission: Kritik an Haltung Ferrero-Waldners
Konkrete Kritik übte der SPÖ-EU-Abgeordnete auch an Außenministerin Ferrero-Waldner und deren Haltung in vielen Fragen. "Ob Temelin, EU-Konvent, Erweiterung oder Zusammensetzung der Kommission - Österreich schaut ständig zu, wie andere Länder Vorschläge erarbeiten und sagt dann Nein", so Bösch. Vor allem für die Haltung Österreichs und seiner Außenministerin zur Zusammensetzung der künftigen EU-Kommission - Österreich fordert einen stimmberechtigten Kommissar für alle 25 Länder - hat Bösch wenig Verständnis: Wenn man Interesse an einer starken Kommission habe, könne man nicht auf ein 1:1-Verhältnis zwischen z.B. Malta und Deutschland in der Kommission setzen. "Wenn die kleinen Länder hier stur bleiben, werden die wichtigen Entscheidungen halt wo anders getroffen werden, irgendwo in Berlin, Paris oder London und wir können uns das im Fernsehen ansehen", warnte Bösch. Die Forderung nach einem eigenen Kommissar für jedes Land sei auch durch kein einziges Vertragsdokument gedeckt und es gebe ja auch heute keinen italienischen oder österreichischen Kommissar, sondern lediglich europäische Kommissare. "Es gibt ja auch in Österreich nicht aus jedem Bundesland ein Regierungsmitglied", verglich Bösch.

 

Prinzhorn: Rom zeigt Verständnis in der Transitfrage
Italien und Österreich bemühen sich um eine Übergangslösung
Wien (fpd) - FPÖ-Wirtschaftssprecher und 3. Nationalratspräsident Thomas Prinzhorn hat am Mittwoch (15. 10.) in Rom den italienischen Verkehrsminister Pietro Lunardi getroffen. Prinzhorn zeigte sich nach der Unterredung zuversichtlich, dass es zu einer für alle Seiten zufriedenstellenden Lösung im Transitstreit kommen werde. "Italien zeigt großes Verständnis für unser Anliegen. Wir suchen eine Übergangslösung, die unseren Vorstellungen entgegenkommt", erklärte Prinzhorn.

Österreich dränge auf die Einführung der EU-Wegekostenrichtlinie, die langfristig den Transitvertrag überflüssig machen und "Gleichheit im EU-Raum" schaffen könnte. Er habe Lunardi gegenüber die Entschlossenheit der österreichischen Regierung bestätigt, den Bau des Brenner-Basistunnel voranzutreiben: "Wir haben bereits den Startschuss gegeben und Mittel zugeteilt, damit der Bau des Brenner-Basistunnels zügig vorangeht."

Prinzhorn bedauerte, dass Österreich in den Jahren der großen Koalition den Infrastrukturbereich grob fahrlässig benachteiligt habe. "Wir haben sicherlich im Bereich Infrastrukturinvestitionen in den letzten 30 Jahren zu wenig gemacht, das geben wir zu. Wir haben jetzt trotz der konjunkturell schwierigen Zeit mehr Mittel für Investitionen im Budget zugeteilt. Wir bitten, dass dies anerkannt wird", erläuterte Prinzhorn die Position der Regierung.

Der FPÖ-Wirtschaftssprecher lobte das kooperative Klima zwischen Wien und Rom in der Frage, das Lunardi und Verkehrsminister Hubert Gorbach in der Frage des Brenner-Basistunnel geschaffen hätten. Er hob aber auch hervor, dass Österreich seine hohen Umweltstandards sehr engagiert verteidigen werde: "Wir sind das Umweltland Nummer eins. Wir haben die höchsten Umweltstandards in Europa mit den höchsten Kosten, die wir den Bürgern aufgebürdet haben. In diesem Punkt sind wir daher sehr sensibel." 
 
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