Wien / Basel (oenb) - Am 13. Oktober 2003 trafen auf Einladung der Oesterreichischen Nationalbank und der
Wirtschaftskammer Österreich hochrangige Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Finanz zusammen, um neuerlich
an einem Runden Tisch die aktuelle Situation der österreichischen Klein- und Mittelbetriebe (KMUs) aufgrund
der geplanten Eigenmittelvorschriften von Basel II zu diskutieren. Zudem wurden die Ergebnisse der neuesten "KMU-Studie
zu Basel II - Betriebsbefragung 2003" präsentiert, die vom Institut für empirische Sozialforschung
"IFES" durchgeführt worden war.
Unter der Gesprächsleitung von Direktor Univ.Doz. Dr. Josef CHRISTL (OeNB) und Herrn Vize-Präsident Dr.
René Alfons HAIDEN (WKÖ) diskutierten Dr. Alfred FINZ (Staatssekretär im Bundesministerium für
Finanzen), Dr. Kurt PRIBIL (Vorstandsdirektor, FMA), Dr. Herbert PICHLER (Geschäftsführer der Bundessparte
Bank und Versicherung, WKÖ), Komm.Rat Mag. Georg TOIFL (Obmann Bundessparte Gewerbe und Handwerk, WKÖ),
Komm.Rat Erich LEMLER (Obmann Bundessparte Handel, WKÖ), Dkfm. Dr. Friedrich BOCK (Obmann des Fachverbandes
Unternehmensberatung- Informations- technologie, WKÖ), Mag. Susanne KRAUS-WINKLER (Bundessparte Tourismus
und Freizeitwirtschaft, Obfrau der Fachgruppe Hotellerie, WKÖ), MEP Dr. Paul RÜBIG (Obmann-Stv. Bundessparte
Industrie, WKÖ Präsident des Europäischen Wirtschaftsbundes und Abgeordneter zum Europäischen
Parlament), Dipl.-Ing. Dr. Hellmut LONGIN (Präsident des Aktienforums und Ehrenmitglied der Industriellenvereinigung)
und Dr. Alfred BROGYANYI (Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder).
In seinem Eingangsstatement bezog sich Direktor Christl auf die Verhandlungsergebnisse der jüngsten Sitzung
des Basler Ausschusses vom vergangenen Wochenende. Als Ergebnis der dortigen Diskussion war festgestellt worden,
dass sich die mehr als 200 Kommentare zum dritten Konsultationspapier grundsätzlich positiv zu den neuen Regelungen
äußern, wobei sich diese auf folgende Themen konzentrieren:
Die Behandlung von erwarteten und unerwarteten Verlusten Die Vereinfachung der Bestimmungen für Verbriefungen
Die Behandlung von Kreditkarten Die Behandlung bestimmter risikominimierender Techniken
Ein erster Vorschlag zur exakteren Behandlung erwarteter und unerwarteter Verluste liegt zum Kommentar bis 31.12.2003
auf. Alle Komitee-Mitglieder stimmten überein, dass die endgültige Fassung des neuen Basler Akkordes
bis spätestens Mitte 2004 vorliegen soll.
Diese Entwicklung zeigt, dass sich Wirtschaft und Kreditinstitute mit unverminderter Intensität auf Basel-II
vorbereiten müssen, um für die großen Herausforderungen gerüstet zu sein.
Die Oesterreichische Nationalbank hat das Institut für empirische Sozialforschung "IFES" mit der
Durchführung einer Wiederholungsstudie beauftragt, die den Informationsstand der KMUs zu Basel-II aufzeigen
soll.
Die Hauptaussagen der Studie im Überblick
71 % der Befragten ist Basel-II ein Begriff; im Vergleich zum Vorjahr entspricht dies einem Anstieg von 17%. Rund
die Hälfte der KMU-Geschäftsführer bezeichnet sich als inhaltlich zumindest einigermaßen informiert.
Allerdings gehen 48 % der Befragten davon aus, von den Basel-II Regelungen nicht betroffen zu sein. Lediglich 16
% der KMUs haben mit Vorbereitungen begonnen. Auch wenn sich die Anzahl der KMUs im Verhältnis zum Vorjahr
verdoppelt hat, wird deutlich, dass ein Großteil der Wirtschaft animiert werden muss, umgehend mit Vorbereitungsarbeiten
zu beginnen. Über 40 % der befragten österreichischen KMUs sind der Ansicht, dass Basel-II Veränderungen
bringen wird, wobei die Hälfte davon der Überzeugung ist, dass Basel II eher negative Folgen haben wird.
Die negativen Erwartungen konzentrieren sich auf Betriebe mit einem Fremdmittelanteil von mehr als 20%. In dieser
Gruppe erwartet jeder Zweite Verschlechterungen bei der Kreditbeschaffung und den Konditionen.
Der Basler Ausschuss hatte in seiner Presseaussendung vom 11.10.2003 betont, dass die aktuelle Diskussion keinen
Einfluss auf das Voranschreiten der Projekte zur Umsetzung bei den Kreditinstituten haben soll. Direktor Christl
sah daher in seinem Diskussionsbeitrag die dringende Notwendigkeit, die österreichische Wirtschaft weiter
intensiv zu informieren und stellte klar, dass auch seitens der Kreditnehmer unverzüglich Aktivitäten
erforderlich sind. Eine entsprechende Vorbereitung sei das beste Mittel gegen die allgemein befürchtete Zurückhaltung
in der Kreditvergabe und eine mögliche Erhöhung der Finanzierungskosten der Unternehmen.
Es gilt aus Sicht der Oesterreichischen Nationalbank besonders jene 77 % der KMUs zu erreichen, die selbst keinen
Bedarf an weiteren Informationen sehen. Da die künftigen Spielregeln für die Kreditvergabe von den Basel
II-Bestimmungen geprägt sein werden, sind letztlich alle Kreditnehmer von Basel II betroffen. Größter
Handlungsbedarf besteht im Rahmen der Informationsoffensive für Tourismusbetriebe. Rund 4 von 10 Fremdenverkehrsunternehmen
haben angegeben, von Basel II weder gehört noch gelesen zu haben. Obwohl mehr als 40 % der befragten Betriebe
einen Fremdkapitalanteil von mehr als 20 Prozent aufweisen, wurde mit den erforderlichen Vorbereitungsarbeiten
noch immer nicht begonnen.
Im Zuge der Diskussion am Runden Tisch stellten die Teilnehmer fest, dass der Bonitätsbeurteilung einzelner
Unternehmen in Zukunft große Bedeutung zukommen wird und daher bei allen Unternehmen interne Vorbereitungen
zur Erfassung des erforderlichen Datenmaterials getroffen werden müssen. Die Darstellung der tatsächlichen
Finanz-, Vermögens- und Ertragslage der Kreditnehmer müsse transparent gemacht werden, da diese eine
wichtige Grundlage für die Bonitätsbeurteilung bilde. Der Kreditvergabeprozess wird durch die neuen Regelungen
objektiviert sowie leichter nachvollziehbar und gewährleiste damit eine faire Behandlung der KMUs.
Die Diskussionsteilnehmer unterstützen den positiven Ansatz, große Herausforderungen wie die neuen Eigenmittelbestimmungen
von Basel II in einem direkten Dialog zwischen den Betroffenen und den Vertretern der jeweiligen Institutionen
anzusprechen. Daher wurde die Fortsetzung der engen Kooperation in der Umsetzung von Basel II und eine größtmögliche
Unterstützung der österreichischen Wirtschaft vereinbart. |