Innenpolitik – Asylwesen  

erstellt am
24. 10. 03

BM Strasser: »Österreich bleibt offenes Haus für Asylsuchende«
Die Asylgesetznovelle 2003 bringt schnellere und einfachere Verfahren, um raschere Entscheidungen treffen zu können.
Wien (bmi) - "Österreich ist und bleibt ein offenes Haus für Menschen, die Asyl suchen", sagte Innenminister Dr. Ernst Strasser am Donnerstag (23. 10.) im Plenum des Nationalrates zur Asylgesetznovelle. Österreich sei aber "kein Scheunentor für schäbige Geschäfte der Schlepper-Mafia". Das österreichische Asylgesetz müsse an die aktuellen Herausforderungen angepasst werden. "Wir brauchen eine gemeinsame europäische Vorgangsweise, um harmonisierte Asylsysteme zu verwirklichen", sagte der Innenminister.

Zum Bundesbetreuungsgesetz sagte Strasser, man sei mit den Hilfsorganisationen übereingekommen, "dass wir für alle Menschen eine Betreuung anstreben, die nicht-asylfremde Gründe angeben". Dies solle noch vor dem kommenden Winter umgesetzt werden, "damit niemand, der Schutz und Hilfe sucht, im Winter draußen sein muss", erläuterte der Innenminister.

"Die Hilfsorganisationen leisten einen wichtigen und unverzichtbaren Beitrag dafür, dass Menschen, die in Not gekommen sind, bei uns gut aufgenommen worden sind", sagte der Innenminister.

"Ich will nicht, dass durch das Zusammenleben unterschiedlicher Gruppen eine Tendenz in Richtung Fremdenfeindlichkeit passieren könnte", sagte Strasser zur Betreuung von Flüchtlingen in den Gemeinden. "Wir haben Sorgen, Ängste und fallweise auch Widerstände der Bevölkerung." Gegen den Willen eines Bürgermeisters werde daher nirgendwo in Österreich ein Quartier eingerichtet.

Die Novelle bringt schnellere und einfachere Verfahren, um raschere Entscheidungen treffen zu können. Die Aufnahmerichtlinie der EU wird in Teilen umgesetzt und besondere Schutzmechanismen für traumatisierte Personen und Folteropfer sind vorgesehen.

Bundesbetreuung
Die Novelle zum Bundesbetreuungsgesetz sieht vor, dass der Bund für Unterbringung, Verpflegung, Krankenhilfe und "sonstige Betreuungsmaßnahmen" hilfsbedürftiger Asylwerber aufkommt. Als hilfsbedürftig gilt, wer Lebensunterhalt und Unterbringung für sich und seine Familie nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften beschaffen kann.
Dabei sind - entsprechend den Intentionen des Bundesbetreuungsgesetzes 1991 - allerdings auch Leistungen zu berücksichtigen, die etwa von karitativen Organisationen oder anderen Gebietskörperschaften erbracht werden. Keinen Anspruch auf Bundesbetreuung soll nach dem Gesetzesentwurf "trotz bestehender Hilfsbedürftigkeit" haben, wer Bürger eines EU-Mitgliedslandes oder der Schweiz, Norwegens, Islands und Liechtensteins ist.


Die Eckpunkte des Asylgesetztes
Schnelle Erstabklärung: Neu eingeführt wird ein Zulassungsverfahren in eigens einzurichtenden Erstaufnahmestellen. Zur Verfahrensbeschleunigung ist dieses Verfahren der inhaltlichen Prüfung des Asylantrages vorgelagert.

Das erst spätere Vorbringen von neuen Tatsachen, die bereits in der ersten Instanz bekannt waren, hat bisher zu erheblichen Verlängerungen der Verfahrensdauer geführt. Ab nun können neue Tatsachen nur vorgebracht werden, wenn sie im Verfahren der ersten Instanz unverschuldet, z.B. durch Verfahrensmängel, unzureichende Belehrung oder Traumatisierung, nicht bekannt gewesen sein konnten.

Schaffung eines Familienverfahrens nach dem Günstigkeitsprinzip. Ist auch nur ein Angehöriger asylberechtigt, wird allen Mitgliedern der Kernfamilie Asyl gewährt.

Besondere Schutzbestimmungen für Folteropfer: Zum besonderen Schutz der Menschen gibt es nun erstmalig in der österreichischen Asylgesetzgebung eigene Schutzbestimmungen für Folteropfer und traumatisierte Menschen.

Mitwirkungspflicht: Asylverfahren, deren Werber sich der Mitwirkung entziehen (z.B. durch Verlassen der Erstaufnahmestellen), werden in Hinkunft eingestellt.

Folgeanträge: Bisher war es möglich, durch das Einbringen mehrerer Asylanträge in Folge das Verfahren auf unbestimmte Zeit zu verschleppen. Diese Praxis der Folgeanträge soll es ab nun nicht mehr geben.

Durch die vorgeschlagenen legistischen Änderungen sollen vor allem die Rechtssicherheit und die rechtsstaatlichen Garantien verbessert, sowie die Verfahren beschleunigt und vereinfacht werden. Asylwerbern, die schutzbedürftig sind, soll schnellstmöglich dieser Schutz gewährt, der Schutz für Familienangehörige verbessert, eine rasche und unbürokratische Familienzusammenführung sichergestellt und die Möglichkeit von Asylmissbrauch minimiert werden.

 

Parnigoni: »Asylgesetznovelle ist skandalös, verfassungswidrig und beschämend«
SPÖ verlangt namentliche Abstimmung
Wien (sk) - "Als den restriktivsten Entwurf überhaupt", kritisierte SPÖ-Sicherheitssprecher Rudolf Parnigoni am Donnerstag (23. 10.) das geplante neue Asylgesetz. Dies habe auch das UNHCR bestätigt, so der SPÖ-Abgeordnete. Der Innenminister begehe hier einen Paradigmenwechsel, "es ist eine Schande, wie Sie hier vorgehen", sagte Parnigoni in Richtung Strasser. "Die Akzeptanz der Verfassungswidrigkeit ist ein trauriges Markenzeichen dieser Bundesregierung", empörte sich Parnigoni. "Wir werden eine namentliche Abstimmung verlangen, damit die ÖVP ihre Gesinnung beweisen kann", so der SPÖ-Sicherheitssprecher.

Natürlich sei auch die SPÖ dagegen, dass durch Schlepperbanden Menschen nach Österreich gebracht werden, "dagegen muss man vorgehen", betonte der SPÖ-Abgeordnete. 1956, 1968 und auch danach, als Österreich ein armes Land war, habe es in Tausenden Fällen Flüchtlingen geholfen. "Heute, wo wir reich sind, wollen wir diese Menschen abschieben", kritisierte Parnigoni. "Diese Asylgesetznovelle ist skandalös, verfassungswidrig und beschämend. Wo ist ihre christliche Gesinnung geblieben, Herr Minister Strasser, wo haben Sie sie über Bord geworfen?", fragte der SPÖ-Sicherheitssprecher. Strasser habe vor dem Sommer versucht, den Entwurf ohne Diskussion "durchzupeitschen", stellte Parnigoni klar. "Wir mussten Sie erst dazu zwingen, dass wir mit Verfassungsexperten und NGO’s reden konnten", empörte sich Parnigoni. Diese hätten eklatante Mängel im Entwurf gefunden, doch anstatt die Kritik anzuerkennen, habe Strasser versucht, am 14. Oktober, ohne Begutachtungsverfahren, eine Änderung in das Bundesbetreuungsgesetz "hineinzuschmuggeln". "Das ist eine ungeheure Vorgangsweise von Strasser, es ist empörend, wie er mit besorgten NGO’s, wie der Volkshilfe und der Caritas umgeht", betonte Parnigoni. Parnigoni bedankte sich an dieser Stelle bei all den engagierte Menschen, die die Versäumnisse von Strasser abgefedert haben.

Auch die Sozialdemokraten seien dafür, dass die Asylverfahren in erster und zweiter Instanz beschleunigt werden, "aber dieser Entwurf ist menschenrechtswidrig, verfassungswidrig und gegen die Genfer Konvention", monierte Parnigoni. Dringend notwendig sei es, die Zahl der Mitarbeiter bei den zuständigen Behörden zu erhöhen, so der SPÖ-Abgeordnete. "Man kann doch nicht mit weniger Mitarbeiter Verfahren beschleunigen", unterstrich Parnigoni und verwies auf Deutschland und England, wo eine Aufstockung von Mitarbeitern erfolgt sei. Parnigoni zitierte aus einem offenen Brief des Caritas-Präsidenten Franz Küberl an alle Nationalratsabgeordneten, wo es heißt: "Die Menschenwürde vieler Flüchtlinge und ein vernünftiges Miteinander von Bund und Ländern liegt in ihren Händen". "Handeln sie danach!", forderte Parnigoni die Bundesregierung auf.

 

Partik-Pablé: Neues Asylgesetz verhindert Asylmissbrauch
NGOs sollen Missbrauch des Asylrechts nicht leugnen
Wien (fpd) - "Ich bekenne mich dazu, das schärfste Asylgesetz zu haben", sagte FPÖ-Sicherheitssprecherin Abg. Dr. Helene Partik-Pablé in der Debatte zum neuen Asylgesetz am Donnerstag (23. 10.). In keinem anderen europäischen Land gebe es so viele Asylanträge wie in Österreich. "Kein anderes Land in Europa hat einen derartigen Zustrom an Asylwerbern. "2002 waren es fast 40.000, vor zehn Jahren noch 4.700."

"Meine Fraktion, ich selbst und gesamte die Partei steht auf dem Boden der Genfer Flüchtlingskonvention. Jeder, der wirklich verfolgt ist, muss Hilfe bekommen", betonte FPÖ-Sicherheitssprecherin. Österreich habe in der Vergangenheit gezeigt, dass die Grundsätze der Genfer Konvention wirklich ernst genommen worden sind. Selbstverständlich sei die FPÖ dafür, dass wirklich verfolgte Personen in Österreich Aufnahme fänden, betonte Partik-Pablé. "Nur, meine Fraktion tritt, im Interesse aller Österreicher, entschieden allen Missbräuchen des Asylrechtes entgegen.

Diese Missbräuche zu leugnen, bedeute einen falschen Realitätssinn an den Tag zu legen, sagte die FPÖ-Mandatarin. Im Vorjahr seien über 39.000 Asylansuchen gestellt worden. Nur zehn Prozent davon hätten wirklich Asylgründe namhaft machen können. "Der Großteil hat seine Heimat verlassen, um hier eine bessere Lebensgrundlage zu finden. Viele kommen aus Ländern, wo es wirklich katastrophale Zustände gibt. Nur, wir, Österreicher, können nicht die gesamte Armutsproblematik der ganzen Welt mit unserem Asylgesetz regeln".

Wenn - wie im parlamentarischen Innenausschuss und auch in der Öffentlichkeit - das UNHCR, die Caritas und alle anderen NGOs, dramatisch gegen das Gesetz agitieren und behaupten, derjenige, der in Österreich abgewiesen wird, werde der Verfolgung in seinem Land zugeführt, stelle die Situation falsch da, kritisierte Partik-Pable.

Die Restriktionen in der zweiten Instanz verteidigte die FPÖ-Sicherheitssprecherin. Denn den meisten Asylwerbern gehe es nur darum, möglichst lange im Verfahren zu bleiben, um dann untertauchen zu können. "Die suchen nicht den Schutz unseres Landes, sie wollen einfach ihre Lebensverhältnisse verbessern", so Partik-Pablé.

 

Asylgesetz: Stellungnahme von Terezija Stoisits
Grundsätzliche Kritik und Kritik an den Regelungen im Detail
Wien (grüne) - Die massive Kritik von RechtsexpertInnen, Asylbetreuungs-NGOs, vom UNHCR (UN-Flüchtlingshochkommissariat) und der Oppositionsparteien hat zwar z.B. die Abschaffung der Asylantragstellung innerhalb eines Umkreises von 10 km um die österreichische Staatsgrenze verhindern können, andere rechtswidrige Verschlechterungen wie das Neuerungsverbot, die Liste der sogenannten „sicheren Herkunftsländer“, der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung während des Berufungsverfahrens und anderes mehr haben die Regierungsfraktionen allerdings trotz mehrmals wiederholter Kritik nicht zurückgenommen. Die Vorgangsweise der Regierungsfraktionen während der parlamentarischen Behandlung des Gesetzesentwurfes gegenüber den NGOs, die seit Jahren AsylwerberInnen beraten, begleiten, betreuen und auch unterbringen, wo der Staat sich aus der Verantwortung stiehlt, und gegenüber dem UNHCR, die von Ignorieren bis zu offenen Anfeindungen reicht, ist an sich ein Skandal. Der Umgang mit dem Rechtsstaat und die Bemühungen, mit dieser Gesetzvorlage Österreich für AsylwerberInnen unerreichbar und unsicher zu machen, zeugt allerdings selbst für KennerInnen der schwarz-blauen „Ausländerpolitik“ von einer neuen, negativen Qualität.

Selbst nach der Einschaltung der Weltzentrale des UNHCR in die Debatte und der Mahnung, dass Österreich mit diesem Gesetz die Genfer Flüchtlingskonvention verletzen könnte, war die Regierung nicht bereit, ihre Gesetzesvorlage in wesentlichen Punkten abzuändern. Das bedeutet, dass sie mehrere Verfassungs- und Konventionswidrigkeiten (sowohl die Europäische Menschenrechtskonvention als auch die Genfer Flüchtlingskonvention betreffend) bewusst in Kauf nimmt und bis zur Aufhebung dieser Bestimmungen durch Höchstgerichte Zeit gewinnen und inzwischen AsylwerberInnen abschrecken will.

Auch der einen Tag vor der geplanten Beschlussfassung im Innenausschuss am 14.10.2003 der Opposition mitgeteilte Abänderungsantrag ist ein Schlag ins Gesicht der Rechtsstaatlichkeit und der Höchstgerichte, da damit entgegen zwei eindeutiger Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes das Recht von bedürftigen AsylwerberInnen auf Bundesbetreuung ausgehöhlt werden soll. Die Grünen haben sowohl während der Begutachtungsfrist als auch vor und zwischen den Innenausschusssitzungen auf Gesetzeswidrigkeiten der geplanten Novelle hingewiesen und mehrere ExpertInnenhearings veranstaltet. Da die fast einstimmige Kritik von ExpertInnen und VerfassungsjuristInnen von der Regierung bewusst ignoriert wurde, haben wir schließlich im Innenausschuss gegen den vorliegenden Vorschlag und den Abänderungsantrag der Regierungsfraktionen gestimmt.

Grundsätzliche Kritik
Abweichende persönliche Stellungnahme der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits (gemäß § 42 Abs 5 GOG) zum Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Kößl und Dr. Helene Partik-Pablé und Kollegen zur Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Asylgesetz 1997 (AsylG-Novelle 2003), das Bundesbetreuungsgesetz, das Gesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat und das Meldegesetz geändert werden (120 d. B.)
 
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