Die Galerie Miethke. Eine Kunsthandlung im Zentrum der Moderne  

erstellt am
24. 10. 03

Jubiläumsausstellung im Jüdischen Museum
Wien (jmw) - Am 18. November feiert das Jüdische Museum den 10. Jahrestag der Eröffnung der Ausstellungsräume im Palais Eskeles. Dieses Jubiläum nimmt das Museum von 19. November bis 8. Februar zum Anlass für eine Ausstellung, die sich mit einem wichtigen Kapitel der Geschichte des Hauses auseinander setzt, der Galerie Miethke, die am Beginn des 20. Jahrhunderts im Palais residierte und spektakuläre Ausstellungen zeitgenössischer Kunst präsentierte.

Der 1834 in Potsdam geborene Hugo Hermann Werner Ottomar Miethke gründete 1861 die Buch- und Antiquariatsfirma "Miethke & Wawra" und profilierte sich sehr rasch zum wichtigsten Händler des Ringstraßenmalers Hans Makart sowie als Galerist für Alte Meister. 1895 krönte Miethke seinen Aufstieg als Kunsthändler mit dem Erwerb des Palais Eskeles in der Dorotheergasse Nr. 11, wo er im Erdgeschoß zeitgenössische Kunst und im ersten Stock Werke Alter Meister zeigte. Als er die Galerie nach mehr als 40-jähriger Tätigkeit an den Juwelier und Klimt-Freund Paul Bacher verkaufte, kam der Eigentümerwechsel einer Sensation gleich.

Unter der neuen künstlerischen Leitung von Carl Moll etablierte sich das Haus als die führende Avantgarde-Galerie der k.u.k. Monarchie: Werke der französischen Moderne von Claude Monet, Édouard Manet, Paul Cézanne, Paul Gauguin und Vincent van Gogh standen immer wieder im Mittelpunkt der Präsentationen der Galerie, Gustav Klimt wurde exklusiv von Miethke vertreten und Egon Schiele erhielt hier seine früheste Einzelausstellung. Auch die Wiener Werkstätte wurde hier erstmals in großem Umfang dem Wiener Publikum vorgestellt.

1912 übernahm der aus Galizien stammende Kunsthistoriker Hugo Haberfeld die alleinige Leitung der Galerie. Seine Aktivitäten gipfelten 1914 in einer heute kaum mehr vorstellbaren Einzelausstellung Pablo Picassos, die wie viele andere Aktivitäten der Galerie Miethke heute fast völlig vergessen ist. Der Erste Weltkrieg brachte den Kunsthandel zum Erliegen, und 1919-20 stellte der Sohn von H. O. Miethke das Palais Eskeles als "Haus der jungen Künstlerschaft" zur Verfügung. Hugo Haberfeld führte das Geschäft der Galerie Miethke an anderer Stelle in der Augustinerstraße weiter. 1938 musste Haberfeld gemeinsam mit seiner Familie als Jude Österreich verlassen und emigrierte nach Paris, wo sich seine Spuren verlieren.

Heute befindet sich im Palais Eskeles - nach eine zwischenzeitlichen Eigentümerschaft des Dorotheums - das Jüdische Museum der Stadt Wien, das seine Jubiläumsausstellung der dokumentarischen Rekonstruktion der Geschichte der Galerie Miethke widmet. Anhand von Dokumenten, historischen Fotos, Katalogen, Plakaten (z.B. das Plakat der Toulouse-Lautrec-Ausstellung bei Miethke aus dem Jahr 1909) und einigen herausragenden Gemälden, die seinerzeit von der Galerie präsentiert wurden - z.B. Pierre-Auguste Renoirs "Nach dem Bade", das sich heute in der Österreichischen Galerie Belvedere befindet, oder Egon Schieles "Sonnenblume II" aus dem Historischen Museum der Stadt Wien wird ein Eindruck der Höhepunkte des Ausstellungsgeschehens in der wohl bedeutendsten Wiener Avantgarde-Galerie des beginnenden 20. Jahrhunderts vermittelt. Der reich illustrierte Katalog, der die Ausstellung begleitet, ist die erste umfassende Aufarbeitung der Geschichte der Galerie und eines wichtigen Kapitels der Geschichte des Palais Eskeles.

"Die Galerie Miethke. Eine Kunsthandlung im Zentrum der Moderne" ist von 19. November 2003 bis 8. Februar 2004 im Jüdischen Museum zu sehen.

Das Jüdische Museum Wien (A-1010 Wien, Dorotheergasse 11) ist Sonntag bis Freitag von 10 bis 18 Uhr, an Donnerstagen von 10 bis 20 Uhr geöffnet. Eintritt: EUR 5/EUR 2,90 ermäßigt. Schulklassen in Begleitung eines Lehrers haben freien Eintritt und eine kostenlose Führung. Ein umfangreiches pädagogisches Begleitprogramm zur Ausstellung ist in Vorbereitung.

Informationen: http://www.jmw.at
     
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