Bischof Scheuer für Transparenz und Offenheit in der Kirche  

erstellt am
24. 10. 03

kath.net dokumentiert eine Erklärung des neuen Bischofs von Innsbruck von heute - Bischofsweihe am 14. Dezember in Innsbruck
Innsbruck (kath.net/pdi/red) - Im Rahmen der Pressekonferenz am Donnerstag (23. 10.) sprach sich der neue Innsbrucker Diözesanbischof Manfred Scheuer für Transparenz, Ehrlichkeit und Offenheit in der Kirche aus. "Glaube hat eine öffentliche und politische Dimension", so der neue Bischof. Diesen auf Innerlichkeit zu reduzieren, wäre fatal.
Angesprochen auf Meldungen, der Vatikan könnte Restriktionen für die Feier der Liturgie erlassen, meinte der Bischof: "Ich wünsche mir, dass wir leibhaftiger feiern. Unser Problem ist nicht, dass die Gottesdienste zu lebendig sind, sondern eher zu fad." Dieses habe auch mit dem in vielen Gottesdiensten relativ hohen Wortanteil zu tun. Bischof Scheuer: "Ich bin für eine Stärkung der Dimension des Schweigens und der Kontemplation."

Erzbischof Kothgasser: "Dankbar, erleichtert, zufrieden"

"Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Du darfst dich freuen auf die Diözese Innsbruck", wandte sich Erzbischof Alois Kothgasser bei der Pressekonferenz an den neuen Diözesanbischof. Er sei heute "dankbar, erleichtert und zufrieden" nach Innsbruck gefahren. Mit Manfred Scheuer erhalte Innsbruck einen Bischof, der aufgrund seiner Fähigkeiten "viele Angebote für die Bedürfnisse unserer Zeit" machen könne. Besonders hervorgehoben hat Kothgasser Scheuers Fähigkeiten in der seelsorglichen Begleitung von Menschen und sein Mitwirken am Seligsprechungsprozess für Franz Jägerstätter.

Bischofsbestellung: Befragung verbessern
Zur Frage der Bischofsbestellungen sagte Kothgasser: "Ich weiß, dass im Vatikan überlegt wird, wie die objektiven Befragungen noch verbessert werden können". Grundsätzlich könne eine Bischofsbestellung aber "kein demokratisches System" werden. "Wenn ein Kandidat schon vor seiner Ernennung kategorisiert wird, wird er nicht in sein Amt finden", so Kothgasser.


Die Stellungnahme von Bischof Manfred Scheuer bei der Antrittspressekonferenz am 23. Oktober im Wortlaut:

"Herzlich begrüße ich alle Vertreterinnen und Vertreter der Medien und danke Ihnen für die freundliche Aufnahme und Berichterstattung.

Ich bin ein blutiger Anfänger, was den den Umgang mit Medien anlangt. Auch das Bischofsamt habe ich nicht gelernt. Die Frage der Amtsführung beschäftigt mich ja erst einige Tage.

Ich war die vergangenen Tage noch intensiv mit der Organisation und Leitung eines größeren Symposions beschäftigt. Ich bitte Sie daher um Verständnis, wenn ich Ihnen heute noch keine `Regierungserklärung` präsentieren kann. Es wäre dafür auch deshalb zu früh, weil meiner Meinung nach zum Bischofsamt wesentlich das Hinhören auf die Anliegen der Menschen gehört. Gemeinsam mit ihnen möchte ich Gott suchen, die Zuwendung Gottes feiern und so die Lebenskraft Jesu vermitteln.

Ich möchte mich einsetzen für ein Klima, in dem Menschen mit Freude, frei und beherzt für die Kirche arbeiten. Die Gläubigen sollen aus der Überzeugung leben, dass sie Mitspieler und nicht Mitläufer sind. Kirche braucht keine Marionetten und keine Hampelmänner, sondern Menschen, die aus Gott leben.

Dieses Klima der Freude ist mir sehr wichtig und ich denke dabei vor allem an die vielen ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen in der Kirche, an die Priester und Ordensleute. Ich wünsche mir, dass vor allem unter ihnen dieses Klima der Freude spürbar wird. Aus diesem Grund hat mich gestern auch mein erster Weg ins Priesterseminar geführt.

Ich werde mich sehr dafür einsetzen, dass alle sozial benachteiligten Menschen Anteil erhalten am Leben von Kirche und Gesellschaft. Ich verstehe mich als politischen Menschen. Und auch das Bischofsamt hat für mich eine politische Seite. Herausforderungen sehe ich in sozialen Brennpunkten wie Transit, Armut, Fragen der Raumordnung und der Lebensraumgestaltung.

Besondere Herausforderungen sehe ich auch in der Frage nach dem Wert von Traditionen und dem Spannungsfeld von Tradition und Traditionsbrüchen: Wie können wir schöpferisch aus Traditionen leben, ohne sie bloß zu kopieren und damit ihren Sinn aufzugeben?

Reiner Traditionsbruch, das bloße Vergessen führt in die Unmenschlichkeit. Entwurzelte Menschen wissen nicht mehr, woher sie kommen und wohin sie gehen. Entwurzelung schlägt um in Gleichgültigkeit, Resignation oder auch Aggression.

Ich bekenne mich zum Gespräch mit allen kirchlichen und gesellschaftlichen Richtungen. Ich verstehe das Bischofsamt auch und gerade von der Leitung her. Es geht um Weichenstellungen und Orientierungen. In der Ausübung meines Amtes möchte ich mich von der Frage leiten lassen: Welche Motive, Strömungen und Tendenzen führen zu mehr Hoffnung, welche führen in Sackgassen?

In dieser Fragestellung ist mir Franz Jägerstätter ein großes Vorbild.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!"

Bischof Manfred Scheuer
     
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