Internationaler Flughafen Sofia wird mit österreichischem Know-How
ausgebaut - Zugsicherungssystem für bulgarische Staatsbahn kommt auch aus Österreich
Sofia (pwk) - Bulgariens Politiker sehen mit Spannung der bevorstehende Aufnahme von 10 Beitrittskandidaten
in die Europäische Union entgegen. Für die bulgarische Politik selbst, insbesondere die Wirtschaftspolitik
des Landes, steht ein Beitritt zur EU im Mittelpunkt des Interesses. Den Abschluss der Verhandlungen über
den EU-Beitritt erhofft sich Sofia für 2004. Ein Großteil der Verhandlungskapitel konnte bereits geschlossen
werden. Bereits jetzt sind die EU-Programme zur Unterstützung des Ausbaus der Infrastruktur, PHARE und ISPA,
sowie SAPARD für den landwirtschaftlichen Bereich, unentbehrliche Stützen des wirtschaftlichen Aufschwungs.
"Die bilateralen Handelsbeziehungen zwischen Österreich und Bulgarien laufen seit Jahren erfolgreich",
sagt Walter Koren, Leiter der Außenwirtschaft Österreich (AWO) der WKÖ. Und der Fortschritt der
EU-Beitrittsverhandlungen sowie die Aufnahme Bulgariens in die Union in einigen Jahren, werden die Handelsbeziehungen
sicher weiter beflügeln, so Koren. Die österreichischen Exporte nach Bulgarien stiegen im ersten Halbjahr
diesen Jahres um 10% auf knapp 130 Mio Euro und die Importe legten sogar um 30% zu. Die Handelsbilanz blieb im
ersten Halbjahr mit 62 Mio Euro weiterhin positiv. Traditioneller Schwerpunkt bei den österreichischen Lieferungen
ist der Maschinensektor, in dem österreichische Exporteure ausgezeichnet positioniert sind. Gleichzeitig rangiert
Bulgarien auch importseitig als wichtiger Lieferant, wobei Bekleidungsimporte im Vordergrund stehen. Koren: "Neben
der starken Stellung als Handelspartner ist die österreichische Wirtschaft auch einer der bedeutendsten Investoren
in Bulgarien. Im vergangenen Jahr kamen im Ländervergleich die meisten ausländischen Direktinvestitionen
von österreichischen Unternehmen. Insgesamt scheint Österreich damit in der offiziellen Statistik derzeit
auf dem 5. Platz auf." Der WKÖ-Handelsdelegierte in Sofia, Hermann Ortner, ergänzt: "Erfreulicherweise
sind die österreichischen Investitionen auch branchenmäßig sehr breit gefächert. Neben dem
Banken- und Versicherungssektor sind der Mobilfunk, die Textilbranche, die Lebensmittel- und Treibstoffdistribution
sowie der Bausektor Schwerpunkte österreichischen Engagements." Beispiele wichtiger österreichischer
Investitionen in Bulgarien sind unter anderem der Erwerb und Ausbau einer Kartonfabrik in Nikopol durch die Firma
Mayr-Melnhof Karton und die Erzeugung von Kranteilen durch Palfinger Produktionstechnik. Eines der derzeit größten
Bauprojekte in Bulgarien, der Ausbau des Internationalen Flughafens Sofia, wird von der Fa. Strabag durchgeführt,
gleichzeitig baut die Firma Soravia Bauträger ein Business-Center in zentraler Toplage.
Sehr erfreulich ist auch die erfolgreiche Teilnahme österreichischer Unternehmen an internationalen Projekten.
Beispielsweise stattete Alcatel Austria die bulgarischen Staatsbahnen im Rahmen eines PHARE-Projektes mit einem
topmodernen Zugsicherungssystem aus. Ortner: "Gute Perspektiven für einen erfolgreichen wirtschaftlichen
Einstieg, sei es im Rahmen von Investitionen oder Zulieferungen, bietet derzeit sicherlich der Energie- und Umweltsektor."
Gerade auch durch internationale Hilfestellungen soll der enorme Nachholbedarf möglichst rasch aufgeholt bzw.
verringert werden. Dieser Perspektive Rechnung tragend hat die Außenhandelsstelle Sofia vor einigen Monaten
eine Wirtschaftsmission mit den Schwerpunkten "Infrastruktur, Umwelt und Energie" organisiert, in deren
Rahmen es einer Reihe österreichischer Firmen gelang, auf offizieller und Firmenebene interessante Geschäftsmöglichkeiten
zu identifizieren.
Zur allgemeinen wirtschaftlichen Lage merkt Ortner an, dass das Wirtschaftswachstum auch heuer mit prognostizierten
4% weit über dem europäischen Durchschnitt liegen werde. Trotz des noch immer sehr niedrigen Pro-Kopf-Einkommens
von etwas über EUR 2.000 im Jahresschnitt besitzt die bulgarische Wirtschaftspolitik einen wichtigen Trumpf
in Form der mittlerweile erreichten makroökonomischen Stabilität. Seit dem Krisenwinter 1996/1997 ist
es gelungen, den Außenwert der bulgarischen Währung durch Einführung des Currency-Board´s
stabil zu gestalten. Desgleichen wurde die Inflation in den letzten beiden Jahren auf unter 5 % gedrückt.
Der Staatshaushalt ist einnahmen- und ausgabeseitig fast ausgeglichen. Diese Budgetdisziplin ermöglicht allerdings
naturgemäß nur geringen Ausgabenspielraum. Eine umfangreiche Aufbesserung der eigenen Finanzkraft erfolgt
vor allem durch internationale Finanzierungsquellen wie die erwähnten EU-Programme, Weltbank- und IWF-Kredite
sowie ausländische Direktinvestitionen.
Während die Privatisierung im industriellen Bereich weitgehend abgeschlossen ist, bieten sich in strategischen
Sektoren, allen voran die Energiewirtschaft, noch zahlreiche Kaufmöglichkeiten. Gerade der Elektrizitätssektor,
der derzeit zur Privatisierung ansteht, spielt in Bulgarien traditionell eine wichtige Rolle, da das Land seit
Jahren in der Lage ist, Stromüberschüsse zu exportieren. Der Verkauf von Energieversorgungsgesellschaften
und Kraftwerken sowie Neubauten und Modernisierungen im Kraftwerkssektor zielen auf eine weitere Stärkung
dieses Wirtschaftsbereiches ab. Wichtigster Sektor in der bulgarischen Wirtschaft ist mit Abstand die Dienstleistung,
wobei in den letzten Jahren die rapide gestiegenen Einnahmen aus dem Tourismus stark ins Gewicht fallen. Schwerpunkt
für den Ausbau der touristischen Infrastruktur ist die Schwarzmeerküste, die sich immer mehr zu einer
modernen Fremdenverkehrsregion entwickelt. Entsprechend erfreulich fielen die hohen Zuwachsraten in den letzten
Jahren aus. Besonders deutlich zeigt sich der wirtschaftliche Aufwärtstrend auch in den Branchen Telekommunikation,
Bauwesen und Verkehr. |