Bulgarien: Österreich war 2002 der größte Auslandsinvestor  

erstellt am
21. 10. 03

Internationaler Flughafen Sofia wird mit österreichischem Know-How ausgebaut - Zugsicherungssystem für bulgarische Staatsbahn kommt auch aus Österreich
Sofia (pwk) - Bulgariens Politiker sehen mit Spannung der bevorstehende Aufnahme von 10 Beitrittskandidaten in die Europäische Union entgegen. Für die bulgarische Politik selbst, insbesondere die Wirtschaftspolitik des Landes, steht ein Beitritt zur EU im Mittelpunkt des Interesses. Den Abschluss der Verhandlungen über den EU-Beitritt erhofft sich Sofia für 2004. Ein Großteil der Verhandlungskapitel konnte bereits geschlossen werden. Bereits jetzt sind die EU-Programme zur Unterstützung des Ausbaus der Infrastruktur, PHARE und ISPA, sowie SAPARD für den landwirtschaftlichen Bereich, unentbehrliche Stützen des wirtschaftlichen Aufschwungs.

"Die bilateralen Handelsbeziehungen zwischen Österreich und Bulgarien laufen seit Jahren erfolgreich", sagt Walter Koren, Leiter der Außenwirtschaft Österreich (AWO) der WKÖ. Und der Fortschritt der EU-Beitrittsverhandlungen sowie die Aufnahme Bulgariens in die Union in einigen Jahren, werden die Handelsbeziehungen sicher weiter beflügeln, so Koren. Die österreichischen Exporte nach Bulgarien stiegen im ersten Halbjahr diesen Jahres um 10% auf knapp 130 Mio Euro und die Importe legten sogar um 30% zu. Die Handelsbilanz blieb im ersten Halbjahr mit 62 Mio Euro weiterhin positiv. Traditioneller Schwerpunkt bei den österreichischen Lieferungen ist der Maschinensektor, in dem österreichische Exporteure ausgezeichnet positioniert sind. Gleichzeitig rangiert Bulgarien auch importseitig als wichtiger Lieferant, wobei Bekleidungsimporte im Vordergrund stehen. Koren: "Neben der starken Stellung als Handelspartner ist die österreichische Wirtschaft auch einer der bedeutendsten Investoren in Bulgarien. Im vergangenen Jahr kamen im Ländervergleich die meisten ausländischen Direktinvestitionen von österreichischen Unternehmen. Insgesamt scheint Österreich damit in der offiziellen Statistik derzeit auf dem 5. Platz auf." Der WKÖ-Handelsdelegierte in Sofia, Hermann Ortner, ergänzt: "Erfreulicherweise sind die österreichischen Investitionen auch branchenmäßig sehr breit gefächert. Neben dem Banken- und Versicherungssektor sind der Mobilfunk, die Textilbranche, die Lebensmittel- und Treibstoffdistribution sowie der Bausektor Schwerpunkte österreichischen Engagements." Beispiele wichtiger österreichischer Investitionen in Bulgarien sind unter anderem der Erwerb und Ausbau einer Kartonfabrik in Nikopol durch die Firma Mayr-Melnhof Karton und die Erzeugung von Kranteilen durch Palfinger Produktionstechnik. Eines der derzeit größten Bauprojekte in Bulgarien, der Ausbau des Internationalen Flughafens Sofia, wird von der Fa. Strabag durchgeführt, gleichzeitig baut die Firma Soravia Bauträger ein Business-Center in zentraler Toplage.

Sehr erfreulich ist auch die erfolgreiche Teilnahme österreichischer Unternehmen an internationalen Projekten. Beispielsweise stattete Alcatel Austria die bulgarischen Staatsbahnen im Rahmen eines PHARE-Projektes mit einem topmodernen Zugsicherungssystem aus. Ortner: "Gute Perspektiven für einen erfolgreichen wirtschaftlichen Einstieg, sei es im Rahmen von Investitionen oder Zulieferungen, bietet derzeit sicherlich der Energie- und Umweltsektor." Gerade auch durch internationale Hilfestellungen soll der enorme Nachholbedarf möglichst rasch aufgeholt bzw. verringert werden. Dieser Perspektive Rechnung tragend hat die Außenhandelsstelle Sofia vor einigen Monaten eine Wirtschaftsmission mit den Schwerpunkten "Infrastruktur, Umwelt und Energie" organisiert, in deren Rahmen es einer Reihe österreichischer Firmen gelang, auf offizieller und Firmenebene interessante Geschäftsmöglichkeiten zu identifizieren.

Zur allgemeinen wirtschaftlichen Lage merkt Ortner an, dass das Wirtschaftswachstum auch heuer mit prognostizierten 4% weit über dem europäischen Durchschnitt liegen werde. Trotz des noch immer sehr niedrigen Pro-Kopf-Einkommens von etwas über EUR 2.000 im Jahresschnitt besitzt die bulgarische Wirtschaftspolitik einen wichtigen Trumpf in Form der mittlerweile erreichten makroökonomischen Stabilität. Seit dem Krisenwinter 1996/1997 ist es gelungen, den Außenwert der bulgarischen Währung durch Einführung des Currency-Board´s stabil zu gestalten. Desgleichen wurde die Inflation in den letzten beiden Jahren auf unter 5 % gedrückt. Der Staatshaushalt ist einnahmen- und ausgabeseitig fast ausgeglichen. Diese Budgetdisziplin ermöglicht allerdings naturgemäß nur geringen Ausgabenspielraum. Eine umfangreiche Aufbesserung der eigenen Finanzkraft erfolgt vor allem durch internationale Finanzierungsquellen wie die erwähnten EU-Programme, Weltbank- und IWF-Kredite sowie ausländische Direktinvestitionen.

Während die Privatisierung im industriellen Bereich weitgehend abgeschlossen ist, bieten sich in strategischen Sektoren, allen voran die Energiewirtschaft, noch zahlreiche Kaufmöglichkeiten. Gerade der Elektrizitätssektor, der derzeit zur Privatisierung ansteht, spielt in Bulgarien traditionell eine wichtige Rolle, da das Land seit Jahren in der Lage ist, Stromüberschüsse zu exportieren. Der Verkauf von Energieversorgungsgesellschaften und Kraftwerken sowie Neubauten und Modernisierungen im Kraftwerkssektor zielen auf eine weitere Stärkung dieses Wirtschaftsbereiches ab. Wichtigster Sektor in der bulgarischen Wirtschaft ist mit Abstand die Dienstleistung, wobei in den letzten Jahren die rapide gestiegenen Einnahmen aus dem Tourismus stark ins Gewicht fallen. Schwerpunkt für den Ausbau der touristischen Infrastruktur ist die Schwarzmeerküste, die sich immer mehr zu einer modernen Fremdenverkehrsregion entwickelt. Entsprechend erfreulich fielen die hohen Zuwachsraten in den letzten Jahren aus. Besonders deutlich zeigt sich der wirtschaftliche Aufwärtstrend auch in den Branchen Telekommunikation, Bauwesen und Verkehr.
     
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