Erster Schritt zum Supercomputer  

erstellt am
31. 10. 03

Müncher Forscher bauen Quanten-Abakus
München (pte) - Den Müncher Grundlagenforschern Immanuel Bloch und Theodor Hänsch vom Max-Planck-Institut für Quantenoptik und der Ludwig-Maximilians-Universtität ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur Realisierung eines Quantencomputers gelungen. Anders als bei herkömmlichen Computern, bei der eine Rechnung nach der anderen abgearbeitet werden muss, könnten Quantencomputer viele Operationen gleichzeitig ausführen und wären damit den klassischen Rechnern um Quantensprünge überlegen.

2001 wurde der Physik-Nobelpreis für bahnbrechende Arbeiten für die Erzeugung von Bose-Einstein-Kondensaten vergeben. Das Bose-Einstein-Kondensat ist, neben den bekannten vier Aggregatzuständen fest, flüssig, gasförmig und Plasma, eine völlig neuartige Form von Materie. Wenige Grade über dem absoluten Nullpunkt verlieren einzelne Atome eines Gases ihre Eigenständigkeit und verhalten sich wie ein einziges, quantenmechanisches Objekt, eine Art "Superatom". Dieses Verhalten wurde Anfang der zwanziger Jahre vom indischen Physiker Satyendra Nath Bose und Albert Einstein vorausgesagt.

In diesem Zustand haben alle Atome dieselben physikalischen Eigenschaften und marschieren quasi im Gleichschritt. Den Münchner Forschern ist es gelungen, die Materiewelle eines Bose-Einstein-Kondesates aufzubrechen und die einzelnen Atome in ein Lichtgitter aus Tausenden von laserpinzetten-artigen Mikrofallen zu laden. Dieses Lichtgitter aus mehr als 100.000 Atomen, mit genau einem Atom in jedem Gitterplatz, ist ein ideales quantenmechanisches Rechengitter. Jedes einzelne Atom in diesem Gitter ist dabei ein so genanntes Quantenbit (Q-Bit) mit zwei internen Zuständen Null und Eins. Um diese isolierten Quanten-Bits miteinander in Wechselwirkung zu bringen, bedienten sich die Forscher eines "Quanten-Förderbandes". Wählt man bei einem Laser geeignete Werte für Frequenz und Polarisation, kann man ein Atom im Zustand Null nach links und im Zustand Eins nach rechts schicken.

Eine wichtige Eigenschaft der Quanten-Bits ist jedoch, dass sie sich nicht nur im Zustand Null oder Eins befinden können, sondern auch in einem "Überlagerungszustand". Schaltet man das Quantenförderband ein, so spaltet sich das Atom und bewegt sich gleichzeitig nach links und nach rechts. Befinden sich zwei Atome an einem Gitterplatz, kommt es zu einer kontrollierten Stosswechselwirkung. Peter Zoller von der Universität Innsbruck und Ignacio Cirac vom Max-Planck-Institut haben in ihren Arbeiten gezeigt, dass die Stöße bei sehr kalten Temperaturen perfekt kontrollierbar sind.

Der Prozess ist ähnlich wie eine Kette von Menschen, in der jeder seinem rechten und linken Nachbarn die Hand gibt. Auch entfernte Personen sind dann in gewisser Weise miteinander verbunden. Durch diese Kette von gleichzeitigen atomaren Wechselwirkungen entstehen Korrelationen zwischen Atomen und ein hochparalleles Quantengatter-Netzwerk. Die Münchner Arbeitsgruppe um Hans Briegel hat berechnet, dass bei der Anwendung dieses Netzwerks ein neuer hochgradig "verschränkter" Zustand entsteht, der unter anderem als "Schaltkreis" für einen Quantencomputer verwendet werden kann. Das Experimentatoren-Team um Bloch und Hänsch konnte nun die Wirkungsweise dieser Quantengatter direkt nachweisen und damit einen wichtigen Schritt bei der Realisierung eines skalierbaren Quantencomputers vollziehen.
 
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