Karas:
Ecofin gibt Kommission und EU-Parlament einen Maulkorb
Geheimplan der EU-Finanzminister inakzeptabel und undemokratisch!
Brüssel (evp-ed) - "Die bekannt gewordenen 'Geheimpläne' des Ecofin-Rates sind aus
demokratie- und wirtschaftspolitischer Sicht inakzeptabel. Wenn die Finanzminister tatsächlich vorhaben sollten,
Kommission und Europaparlament einen Maulkorb umzuhängen, kann und wird das Europäische Parlament als
Vertretung der Bürger Europas einer solchen Änderung des Verfassungsentwurfes niemals zustimmen",
sagte der Wirtschafts- und Währungssprecher der EVP-ED-Fraktion Mag. Othmar Karas am Montag (27. 10.),
der sich bereits direkt nach Bekanntwerden der Pläne am Samstag in einer ersten Reaktion ablehnend zu diesen
Vorhaben geäußert hatte.
"Ich habe noch selten einen derart kurzsichtigen und rückwärtsgewandten Umsturzversuch erlebt wie
dieser Plan nun offenbart. Das Mitentscheidungsrecht beim EU-Haushalt ist eines der ältesten Rechte des EU-Parlaments.
Jetzt ein rein beratendes Recht einfordern zu wollen, ist schlichtweg realitätsfremd", kritisierte Karas
scharf. "Ich werde darauf dringen, dass in der nächsten Sitzung des Wirtschafts- und Währungsausschusses
des Europäischen Parlaments sowohl EU-Kommissar Pedro Solbes als auch der italienische Ecofin-Vorsitzende
Giulio Tremonti Auskunft über diese Geheimpläne geben", so der EVP-ED-Wirtschaftssprecher weiter.
"Gerade jetzt, wo es sich einige Ländern wie Deutschland und Frankreich mit dem geltenden Verfahren des
Stabilitäts- und Wachstumspakts richten und so vorgesehenen Maßnahmen entgehen können, ist eine
Ausschaltung der Kommission in diesem wesentlichen Bereich der EU-Politik nicht akzeptabel. Die Kommission ist
die Hüterin der Verträge. Dieses Ansinnen der Finanzminister ist eine Verhöhnung der Transparenz
und des Fortschritts in der EU-Politik. Sind die Finanzminister tatsächlich der Ansicht, dass sie einfach
so die Ergebnisse des EU-Konvents ignorieren und darüber hinaus geltendes Recht beschneiden können",
fragte Karas.
Es könne nicht angehen, dass diejenigen, die selbst nicht imstande sind, ihre Finanzen im Griff zu halten
und die notwendigen Strukturreformen mutig anzugehen, selbst zu Richtern über ihr Fehlverhalten würden.
"Mit einem solchen Verfahren gäbe sich die Wirtschafts- und Stabilitätspolitik der Lächerlichkeit
preis", betonte der österreichische Europaparlamentarier. Auch die angeblich geplante Beschneidung der
Haushaltsrechte des Europaparlaments geht in dieselbe Richtung. "Diese Position ist selbstherrlich und zutiefst
zu verurteilen. Die Haushaltsrechte gehören zur Kernkompetenz eines jeden Parlaments. Der EU-Konvent hat völlig
richtig dem Europaparlament mehr Kompetenzen zugestanden, um Europa demokratischer, transparenter und damit bürgernäher
zu gestalten. Jetzt hinter verschlossenen Türen ein Geheimpaket auszutüfteln und den Fortschritt in einen
Rückfall umwandeln zu wollen, ist inakzeptabel und wird mit dem EU-Parlament nicht zu machen sein", betonte
Karas abschließend. |
Berger:
Stresa-Geheimpapier der EU-Finanzminister existiert tatsächlich
»Die Bundesregierung muss sich distanzieren«
Wien (sk) - "Nach den mir zugänglichen Informationen existiert das geheime Stresa-Papier
der EU-Finanzminister zur künftigen EU-Verfassung tatsächlich." Dies stellt Maria Berger, SPÖ-Europaabgeordnete
und Mitglied des Verfassungskonvents, am Montag (27. 10.) gegenüber dem SPÖ-Pressedienst
fest. Unter Führung des italienischen Finanzministers Tremonti wurde demnach ein Plan ausgearbeitet, der dem
EU-Parlament bei der Budgeterstellung nur mehr eine beratende Rolle zugesteht. Darüber hinaus ist offenbar
vorgesehen, dass nur der Rat der EU-Finanzminister, nicht aber die Kommission, über die Sendung von "Blauen
Briefen" an die Mitgliedsstaaten entscheidet, falls diese die EU-Defizitkriterien verletzen. "Das ist
ein Anschlag auf die Rechte des Europäischen Parlaments, ein Rückfall in die demokratische Steinzeit
und eine Missachtung des EU-Konvents", so Berger.
"Dem EU-Parlament werden damit in seiner Kernkompetenz, der Budgetfrage, sogar Rechte genommen, die es derzeit
schon hat", kritisiert Herbert Bösch, SPÖ-Abgeordneter und Budgetexperte im Europaparlament. "Offensichtlich
scheuen die EU-Finanzminister die öffentliche Debatte über ihre Aufgaben." Die Finanzminister hätten
schon jetzt die Kontrolle über die Haushaltsführung verloren. Wenn nun Budgetberatungen hinter verschlossenen
Türen stattfinden, dann solle damit offensichtlich die mangelnde Kompetenz kaschiert werden. Berger und Bösch
fordern daher einhellig, "dass sich Finanzminister Grasser, Bundeskanzler Schüssel und Außenministerin
Ferrero-Waldner sofort klar und unmissverständlich von diesem ungeheuerlichen Plan distanzieren." |
Kronberger:
Geheimplan der EU-Finanzminister kommt einem Putschversuch gleich
Rücktritt aller Finanzminister wäre einzige saubere Konsequenz
Wien (fpd) - "Wenn sich das Gerücht als wahr herausstellt, müsste die einzige saubere
Konsequenz lauten: Rücktritt aller Finanzminister. Das wäre man der Hygiene der europäischen Demokratie
schuldig." So lautet die heftige Reaktion des EU-Abgeordneten Dr. Hans Kronberger am Montag (27. 10.) auf
die Gerüchte um einen Geheimplan der EU-Finanzminister zur Änderung des EU-Verfassungsentwurfs.
Kronberger: "Der Versuch, die Befugnisse von Kommission und Parlament in Finanzfragen zu verstümmeln,
käme einem Putschversuch gleich und wäre ein unerhörter Anschlag auf die europäische Demokratie.
Dass diese Pläne auch noch geheim gehalten werden, ist ein Beweis mehr für ihre absolute Demokratiewidrigkeit."
Hans Kronberger fordert vom Rat die restlose Aufklärung dieses Falles. Andernfalls, so der Abgeordnete, werde
immer ein bitterer Nachgeschmack bleiben. Kronberger: "Eine EU, die vor einer neuen Verfassung und mit der
Erweiterung vor dem größten Abenteuer ihrer Geschichte steht, kann sich weder Skandale wie jenen um
Eurostat noch derartige grundlegende Demokratieverletzungen leisten." |
Geheimpakt
der EU-Finanzminister wäre Verschwörung gegen Demokratie und Parlamente
Voggenhuber: Grasser hätte damit Verfassung gebrochen – Finanzminister muss unverzüglich
aufklären, ob es Geheimpakt gibt
Wien (grüne) - „Wenn es tatsächlichen einen Geheimpakt der EU-Finanzminister zur Änderung
des Verfassungsentwurfs der EU gibt, in dem die Finanzminister zugunsten ihrer eigenen Machtvermehrung alle anderen
Institutionen beschneiden wollen, dann wäre das eine Verschwörung gegen die Demokratie und die Parlamente
in Europa“, kritisiert Johannes Voggenhuber, Europaabgeordneter der Grünen und Mitglied des EU-Verfassungskonvents
am Montag (27. 10.). Voggenhuber wird unverzüglich alles daran setzen, um die erhobenen
Vorwürfe auf EU-Ebene zu klären.
Gibt es diesen Pakt, dann würden sich dahinter Allmachtsphantasien der Finanzminister verbergen, die sich
offenbar mit der Rolle der Exekutive nicht mehr begnügen wollen, sondern sich gegen alle Grundprinzipien der
Demokratie zu Budget-Gesetzgebern aufschwingen wollen. „Dies auch noch geheim zu halten, würde bedeuten, dass
die Finanzminister sich der demokratiepolitischen Ungeheuerlichkeit sehr wohl bewusst wären, es aber gerade
deshalb vor der Öffentlichkeit und den Parlamenten verschweigen wollen“, so Voggenhuber.
Wenn es diesen Geheimpakt gibt und Finanzminister Grasser wäre daran beteiligt, dann wäre dies klar verfassungswidrig
Die Verfassung verpflichtet die Regierung zwingend, über alle Vorhaben der EU und damit auch des Ecofin-Rates
unverzüglich den Nationalrat zu informieren. „Eine Beteiligung des Finanzministers an einer derartigen Verschwörung
würde zudem allen Erklärungen der österreichischen Bundesregierung vor dem Parlament und der Öffentlichkeit
sowie von Schüssel in der Regierungskonferenz widersprechen“, so Voggenhuber.
Voggenhuber richtet daher mehrere Fragen an Bundeskanzler Schüssel und Finanzminister Grasser. Grasser müsse
unverzüglich beantworten,
- ob dieser Geheimpakt existiere,
- ob er sich daran beteiligt habe und
- ob dies mit oder ohne Wissen bzw. Billigung des Bundeskanzlers bzw. der übrigen Bundesregierung erfolgt
sei, sowie
- warum der österreichische Nationalrat nicht informiert worden sei.
Bundeskanzler Schüssel müsse für den Fall, dass es den Geheimpakt gibt, sofort erklären,
- ob er bereit ist, sich von einem solchen Anschlag auf elementare Grundsätze der Demokratie und auf den
Kern einer zukünftigen europäischen Verfassung rückhaltlos zu distanzieren und
- ob er bereit ist, unverzüglich den Nationalrat über alle Umstände genauestens zu informieren.
Voggenhuber erinnert daran, dass mit dem Verfassungsentwurf des Konvents versucht worden sei, eine umfassende
Demokratisierung der Union zu bewerkstelligen. Immer deutlicher zu spüren gewesen sei zuletzt der vehemente
Widerstand und der vehemente Wille der nationalen Regierungen diese Demokratisierung zu verhindern, weil damit
ein Machtverzicht verbunden wäre. Schon auf der Regierungskonferenz sei man sich über nichts einig gewesen,
außer darüber, den Gesetzgebungsrat aus dem Verfassungsentwurf zu streichen. Der Gesetzgebungsrat hätte
demokratische Grundelemente von Gewaltenteilung, Öffentlichkeit und parlamentarischer Kontrolle in der Gesetzgebung
des Rates bedeutet. „Der Geheimpakt der Finanzminister, wenn es ihn gibt, wäre aber jedenfalls ein unerhörter
Anschlag gegen die Demokratisierung Europas“, so Voggenhuber.
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