Bischof Scheuer will mit »Wir sind Kirche« ins Gespräch kommen  

erstellt am
28. 10. 03

Er sei »nicht so leicht zu vereinnahmen«, meinte der Priester und Dogmatikprofessor, der am 14. Dezember zum Bischof geweiht wird
Innsbruck (kath.net) - Für eine erneuerte Liturgie plädierte der designierte Innsbrucker Diözesanbischof Manfred Scheuer in einem Interview in der Montags-Ausgabe des "Standard". Die deutschsprachige Liturgie sei "in ihren Ausdrucksformen eher eindimensional", stellte der 48jährige Theologe am Montag (27. 10.) fest, der bislang in Trier Dogmatik unterrichtete. "Ich würde mir wünschen, dass sie mit Leib und Seele realisiert wird. Wir sollten der Musik im Gottesdienst wieder größere Aufmerksamkeit schenken. Es gibt auch die Kritik, die Liturgie sei zu einer rein pädagogisierenden Form verkommen. Das sehe ich nicht unbedingt so, Liturgie darf aber nicht auf erzieherische Maßnahmen reduziert werden. Man stelle sich vor, das Osterfest würde nur noch auf einem moralischen Appellplatz mitgeteilt und nicht mehr gefeiert werden."
Befragt, welches Verhältnis er mit der Plattform "Wir sind Kirche" anstrebe, die maßgeblich von Mitgliedern seiner neuen Diözese geprägt worden sei, meinte Scheuer: "Ich möchte mit ihnen ins Gespräch kommen. Beim Kirchenvolksbegehren gilt es wahrzunehmen, in welcher gesellschaftlichen und kirchlichen Situation es zustande kam. Es hatte sich sehr viel aufgestaut, das brauchte auch ein Ventil. In Hinblick auf konkrete Inhalte kann und muss man streiten." Das Bischofsamt müsse sich "mit demokratischen Mitteln in ethische und politische Diskurse" einbringen, zum Beispiel, wenn es um Fragen der Gerechtigkeit und Menschenwürde oder um den Schutz des Lebens gehe, betonte Scheuer. "Wann beginnt das Leben, was darf man mit Embryonen tun, was heißt in Menschenwürde sterben? Das sind persönliche Fragen, die aber auch eine rechtliche Gestaltung brauchen." Als Bischof halte er es für nötig, "auch das zur Sprache zu bringen, was die Ortskirche kritisch bewegt, ihre Nöte zu formulieren und auch gegenüber Rom weiterzugeben".

Auf die Frage, ob er ein "widerständiger Mensch" sei, wie es unter anderem der Kriegsdienstverweigerer Franz Jägerstätter gewesen war, mit dem sich der künftige Bischof intensiv befasst hatte, meinte Scheuer: "So würde ich mich nicht bezeichnen. Ich denke, dass ich nicht so leicht zu vereinnahmen bin und mich auch verweigern kann. Aber das tue ich meist sehr leise." Widerspruch könne es auch in Kirche und Staat geben. "Wenn Menschen der Überzeugung sind, dass sie ihre Anliegen der Hierarchie gegenüber artikulieren müssen, ist nach dem Kirchenrecht Kritik und Widerspruch ihr Recht und ihre Pflicht", betonte Scheuer. Auf den Staat bezogen gebe es "Mehrheitsentscheidungen, die nicht Ausdruck einer Orientierung an Menschenwürde und Menschenrecht sind, sondern mehr eines Verblendungszusammenhanges. Dann ist es wichtig, dass Einzelne prophetisch aufstehen und den Widerstand eine Zeit auch gegen die Mehrheit durchhalten. Denn über kurz oder lang kristallisiert sich heraus, dass menschenverachtende Entscheidungen nicht zielführend sind."
     
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