Verwaltungsreform-Paket passiert den Verfassungsausschuß
Paket mit den Stimmen der Regierungsparteien beschlossen
Wien (pk) - Konzentration der erstinstanzlichen Verfahren auf die Bezirksverwaltungsbehörden,
Verfahrensbeschleunigung, Deregulierung, aber auch ein Sozialplan für Bundesbeamte sind die wesentlichen Punkte
des Verwaltungsreformpaketes, das heute vom Verfassungsausschuss von den Regierungsparteien gegen die Stimmen der
Opposition beschlossen wurde.
Im einzelnen soll mit dem "Verwaltungsreformgesetz 2001" ein weiterer Schritt in Richtung Verwaltungsreform
gesetzt werden. Zentrale Punkte des Beschlusses sind eine weitgehende Verkürzung der Instanzenzüge sowie
die Umsetzung des "One-Stop-Shop"-Prinzips für die Genehmigung aller gewerblichen Betriebsanlagen.
Das heißt, alle für ein Vorhaben erforderlichen behördlichen Genehmigungen sollen künftig
in einem gemeinsamen Verfahren behandelt und in einem Bescheid zusammengefasst werden, wobei die Bezirksverwaltungsbehörde
die primär zuständige Verwaltungsbehörde ist.
Als Berufungsinstanz gegen erstinstanzliche Bescheide sind in zahlreichen der mittelbaren Bundesverwaltung zugeordneten
Angelegenheiten die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern vorgesehen, wobei diese grundsätzlich
nur eine kassatorische Entscheidungsbefugnis erhalten, also Urteile der ersten Instanz lediglich aufheben, aber
nicht in der Sache selbst entscheiden können. Bereits anhängige Verfahren sollen nach der bisherigen
Zuständigkeitsverteilung weitergeführt werden.
Zur Beschleunigung von Infrastrukturvorhaben soll beim Bau von Bundesstraßen und Hochleistungsstrecken
eine Frist von 12 Monaten für die UVP eingeführt werden.
Neu ist auch, dass eine Behörde von der Einleitung und Durchführung eines Strafverfahrens absehen
kann, wenn die Verfolgung aussichtslos erscheint oder der hierfür erforderliche Aufwand in einem Missverhältnis
zum Grad und zur Bedeutung der Verwaltungsübertretung steht. Durch eine Änderung des Allgemeinen
Verwaltungsverfahrensgesetzes und des Zustellgesetzes wird die Führung elektronischer Akten erleichtert
und die Möglichkeit einer elektronischen Hinterlegung von Schriftstücken geschaffen.
Um die Erhebung notwendiger Daten weiterhin zu gewährleisten, schreibt zudem ein neues Bundes-Berichtspflichtengesetz
den Bezirksverwaltungsbehörden verpflichtend vor, alle Daten, die erforderlich sind, um gemeinschaftsrechtliche
oder internationale Aufzeichnungs-, Melde- und Berichtspflichten im Zusammenhang mit Anlagen zu erfüllen,
dem jeweiligen Landeshauptmann zu übermitteln, der sie - gesammelt und bearbeitet - an das zuständige
Bundesministerium weiterzuleiten hat.
Zur sozial verträglichen Personalreduktion bei Arbeitsplatzauflassungen im Bundesdienst sieht eine 2. Dienstrechts-Novelle
2001, die als Teil des Reformpaketes heute vom Ausschuss mit F-V-Mehrheit mitbeschlossen wurde, im Sinne eines
Bundesbeamten-Sozialplanes die Ausdehnung des bestehenden Vorruhestandsmodells für Beamte auf sämtliche
Arbeitsplatzauflassungen, Abschlagszahlungen bei einem freiwilligen Austritt von Beamten aus dem Bundesdienst,
großzügige Karenzierungsregelungen und die - bisher nur für Lehrer geltende - Möglichkeit
der vorzeitigen Ruhestandsversetzung gegen einen - versicherungsmathematisch orientierten - Abschlag für alle
Beamte vor.
Konkret kann damit ein über 55-jähriger Beamter bzw. Vertragsbediensteter künftig von Amts wegen
karenziert werden, wenn sein Arbeitsplatz auf Dauer aufgelassen wird und kein gleichwertiger Arbeitsplatz im jeweiligen
Ministerium zur Verfügung steht. Voraussetzung dafür ist allerdings eine Zustimmung des betroffenen Beamten,
wobei er während der Karenzzeit 80 % seines letzten Monatsgehalts bekommt, wenn er der beabsichtigten Karenzierung
innerhalb von 14 Tagen zustimmt, willigt er später ein, reduziert sich das Vorruhestandsgeld auf 75 % des
letzten Gehalts. Stimmt der Beamte einer angebotenen Karenzierung nicht zu, kann er - ohne Gehaltsausgleich - auch
auf einen niedriger bewerteten Arbeitsplatz versetzt werden. Auf die Pensionshöhe hat die Karenzierung keine
Auswirkungen. Die Planstelle des Beamten bzw. Vertragsbediensteten wird ersatzlos eingezogen.
Parallel dazu soll "zur Verbesserung der Alterstruktur" der Beamten das derzeit auf Lehrer beschränkte
Modell der freiwilligen vorzeitigen Ruhestandsversetzung auf alle Bundesbeamten ausgedehnt werden, wobei die für
Lehrer geltende Regelung für die Laufzeit der geplanten Regelung suspendiert wird. Die vorzeitige Ruhestandsversetzung
kann frühestens mit 55 Jahren beantragt werden, im Gegenzug gibt es - versicherungsmathematisch orientierte
- Pensionsabschläge.
Die Bestimmungen des Sozialplanes für Bundesbeamte werden mit Ende 2003 befristet, zumal die Regierung
davon ausgeht, dass die Strukturmaßnahmen bis zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen sein werden.
In der kontroversiell geführten Debatte äußerten sich die Vertreter der Regierungsparteien zustimmend,
während die Abgeordneten von SPÖ und Grünen das Paket en bloc ablehnten.
Abgeordneter Michael Krüger (F) hob hervor, die Reform bringe eine Verringerung des Instanzenzuges, eine
weitere Vertiefung des Subsidiaritätsprinzips und damit größere Bürgernähe. Er äußerte
sich auch zuversichtlich darüber, dass die Bezirksverwaltungsbehörden fachlich in der Lage sein werden,
den neuen Aufgaben nachzukommen.
Anders sahen dies die Abgeordneten Madeleine Petrovic und Eva Lichtenberger (beide G). Sie zogen die prognostizierten
Einsparungen in Frage und rechneten vielmehr mit eklatanten Kostensteigerungen. Petrovic befürchtete eine
Schmälerung des Rechtsschutzes gerade in Materien, die für die Lebensqualität relevant sind, und
sprach von einem Bruch des Systems der mittelbaren Bundesverwaltung. Kritik übte sie auch an der Fristregelung
bei der Umweltverträglichkeitsprüfung. Im Übrigen vermisste sie echte materielle Reformen. Lichtenberger
wiederum bemängelte die Vorgangsweise beim elektronischen Verkehr mit der Behörde. Dabei werde wegen
unzureichender Zustellregelungen das Risiko voll auf den Empfänger verlagert, meinte sie. Anträge der
Grünen auf Einsetzung eines Unterausschusses zur weiteren Behandlung der Materie fanden bei der Abstimmung
keine Mehrheit.
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