Causa Innsbruck: Untersuchungskommission legt Schlussbericht vor 

Finanzbedienstete im Verdacht des Amtsmissbrauch und der Beitragstäterschaft - Minister Grasser verabschiedet Maßnahmenkatalog
Wien/Innsbruck (bmf) - Den Verdacht der unrechtmäßigen Rückzahlung an Umsatzsteuer in der Höhe von mindestens 3,4 Millionen Euro erhärtet der am Montag (04. 11.) vorgelegte Abschlussbericht einer Untersuchungskommission, die das Bundesministerium für Finanzen zur Aufklärung der Ereignisse rund um die Betriebsprüfungsabteilung des Finanzamtes Innsbruck eingesetzt hat. Auf Basis der sichergestellten Unterlagen, Auswertungen von Computerdateien und der Aussagen von Zeugen in Niederschriften im Rahmen der gerichtlichen Voruntersuchungen könne vom dringenden Verdacht einer Absprache zwischen Finanzbediensteten verschiedenster Hierarchieebenen, Steuerberatungskanzleien und Klienten gesprochen werden, fasst der Bericht zusammen.

Die Untersuchungskommission unter der Leitung von Bundessteuerinspektor Hermann Madlberger stellte fest, dass sich der Verdacht einer Absprache zwischen den auch gerichtlich verfolgten zwölf Finanzbediensteten mit zwei Tiroler Steuerberatungskanzleien bestätigt habe. Demzufolge dürften Finanzbeamte die Steuererklärungen einiger Klienten dieser Kanzleien selbst erstellt, Erlöskürzungen und Aufwandserhöhungen vorgenommen und diese Steuerfälle anschließend selbst abgabenrechtlich überprüft haben. Weiters vermerkt der Bericht, dass mehrere der zwölf Beschuldigten über Büroschlüssel der Steuerberatungskanzleien verfügt, über FinanzOnline (elektronische Zugriffsmöglichkeit für Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater) auf die Abgabenkonten ihrer "Klienten" zugegriffen und nicht dienstlich veranlasste Abfragen im finanzinternen Abgabeninformationssystem (AIS) durchgeführt hätten. Dazu kämen noch Unregelmäßigkeiten bei Überstunden- und Reisekostenabrechnungen.

Der Bericht stellt weiters fest: "Die vorliegenden ersten Ergebnisse aus den durch das Landesgericht Innsbruck angeordneten Wiederholungsprüfungen gemäß § 99 Finanzstrafgesetz zeigen eindeutig und unmissverständlich, dass die mangelhaften Resultate der von mehreren dieser zwölf Finanzbediensteten durchgeführten Erstbetriebsprüfungen nicht fahrlässig oder gar durch 'Schlamperei' zustande gekommen sind. Vielmehr wurde durch bewusstes und gewolltes Zusammenwirken von Steuerberatern, deren Klienten und Betriebsprüfern - letztere einerseits in der Funktion als 'Buchhalter', andererseits als Organe des Finanzamtes Innsbruck - Abgabenhinterziehungen im Sinne des § 33 Finanzstrafgesetz begangen und es besteht der Verdacht, dass zumindest rd. 3,400.000.- EUR an Umsatzsteuer zu Unrecht an Unternehmen zurückbezahlt worden sind. Dadurch ist der Verdacht des Amtsmissbrauches und der Beitragstäterschaft im Sinne des Strafgesetzbuches massiv erhärtet."

Gegenwärtig sind laut Bericht im Zusammenhang mit diesen Vorkommnissen bereits insgesamt 15 Selbstanzeigen von Unternehmern beim Finanzamt Innsbruck erstattet und Wiedergutmachungszahlungen in der Höhe von rund 3,2 Mio. Euro geleistet worden. Durch zwei Sicherstellungsaufträge betreffend eine der beiden Steuerberatungskanzleien und deren Prokuristen seien weitere ca. 270.000 Euro entrichtet worden.

Die bisher gezogenen personellen Konsequenzen sind weitreichend: Zwölf Finanzbedienstete wurden suspendiert und sind derzeit außer Dienst gestellt; ein weiterer Gruppenleiter der Betriebsprüfung wurde in Folge der Ausübung einer unzulässigen Nebenbeschäftigung seiner Funktion enthoben und ihm eine dauernde Verwendung im Innendienst zugewiesen. Darüber hinaus traten ein weiterer Gruppenleiter der Betriebsprüfung sowie der Vorstand des Finanzamtes Innsbruck in den dauernden Ruhestand. Absehbare strafrechtliche Konsequenzen für die Bediensteten sind von diesen Maßnahmen nicht berührt.

Aufgrund der Vorschläge der Untersuchungskommission hat Finanzminister Karl-Heinz Grasser heute einen umfassenden Maßnahmenkatalog verabschiedet, der eine Verbesserung der Kontrollmechanismen und eine verstärkte Bewusstseinsbildung der Mitarbeiter zum Ziel hat. Dazu zählt

  • die Neuausrichtung der Internen Revision als prozessunabhängige, verwaltungsinterne Kontrollinstanz für die gesamte Finanzverwaltung
  • die Schaffung zusätzlicher personeller Kapazitäten für diese Neuausrichtung der Internen Revision durch Umschichtung von Planstellen innerhalb des Ressorts
  • die Analyse der derzeitigen Verfahrensabläufe sowie die Beseitigung von Kontrolldefiziten durch Schaffung eines Internen-Kontroll-Systems (IKS)
  • die Initiierung eines Anti-Korruptions-Programmes zur Schaffung eines korruptionsresistenten Klimas verbunden mit der Umsetzung erster konkreter Maßnahmen wie

 
  • der Einrichtung interner Fortbildungsveranstaltungen und
  • der Herausgabe einer Broschüre mit den wichtigsten Inhalten zum Thema Korruption
  • der Erarbeitung von Richtlinien betreffend Nebenbeschäftigungen mit kritischer Nähe zur beruflichen Tätigkeit
  • der Einrichtung einer zentralen Datenbank für die Evidenzierung von Nebenbeschäftigungen
  • der Durchführung von bundesweiten Überprüfungen der Zugriffe im finanzinternen Abgabeninformationssystem auf Basis der durch die Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse zur Identifizierung allfälliger Korruptionsrisikofelder
  • die Adaptierung der disziplinarrechtlichen Möglichkeiten.
Dieser umfassende Maßnahmenkatalog wird auf Wunsch des Bundesministers bereits mit Jänner kommenden Jahres in Kraft treten.