Thema Nationalratswahl – 18. November 2002

 Budgetpolitik
Schüssel und Grasser legen Zehn-Punkte-Programm vor
1.000 Euro Entlastung bis 2005 - Abgabenquote bis 2010 auf 40 Prozent
Wien (övp-pd) - ÖVP-Bundesparteiobmann Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel und Finanzminister Mag. Karl-Heinz Grasser stellten am Sonntag (17. 11.) bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Wien ein Zehn-Punkte-Programm für die Wirtschafts- und Finanzpolitik der kommenden Jahre vor.

1. Stabile Staatsfinanzen
"Stabile Staatsfinanzen bedeutet einen ausgeglichenen Haushalt über den Konjunkturzyklus, also nicht notwendigerweise ein Null-Defizit jedes Jahr", so Grasser. Diese Politik sei eine notwendige Voraussetzung für alle weiteren Initiativen wie Verringerung der Steuerbelastung, Senkung der Lohnnebenkosten, aber auch die langfristige Absicherung unseres staatlichen Pensionssystems. "Die Bevölkerung weiß, dass dies ein kluger Weg ist. Daherb bleiben wir dabei", so der Finanzminister.

2. "Nachhaltige Senkung" der Abgabenquote auf 40 Prozent bis 2010
Das langfristige Ziel einer Reduktion der österreichischen Steuer- und Abgabenquote auf 40 Prozent bis 2010 "soll für die Bevölkerung greifbar werden" und setze bereits jetzt realistische Zwischenziele voraus, so Grasser. Das erste Etappenziel stelle daher die Verringerung der Abgabenquote von derzeit 45,6 Prozent auf 43 Prozent bis 2005 dar. Um die Senkung der Abgabenquote zu erreichen, seien eine Steuerreform und eine Steuersenkung in Etappen notwendig. Die Steuersenkung - "die leistbar sein muss" - werde vor allem die Bezieher von kleinen und mittleren Einkommen und die Klein- und Mittelbetriebe entlasten. Bis 2005 sei in mehreren Etappen eine Entlastung für jeden Erwerbstätigen um 1.000 Euro möglich.

3. Notwendige Sicherung des Pensions- und Gesundheitssystems
Die demografische Verschiebung zugunsten der älteren Menschen ziehe für die öffentlichen Haushalte zusätzliche Ausgaben im Pensions- und Gesundheitssystem nach sich. "Strukturreformen müssen die erste Säule der Altersvorsorge nachhaltig sichern und die bestehenden Pensionsleistungen garantieren", so der Kanzler. Schüssel sprach sich für ein einheitliches Pensionsrecht für alle aus. Es sei "unfair", dass Eisenbahner etwa mit 52 und Bundesbeamte mit durchschnittlich 59 Jahren in Pension gehen könnten. Bestehende Ansprüche müssten bei einer Reform gewahrt bleiben, ein gemeinsam mit Vizekanzlerin Susannen Riess-Passer ausgearbeiteter Entwurf liege "fertig in der Schublade", so Schüssel.

4. Grundlegende Verwaltungs- und Bundesstaatsreform
"Hier haben wir bereits mehr gemacht als jede andere Regierung und es hat bereits beachtliche Erfolge gegeben", sagte Schüssel. Die Verwaltungsreform sei verstärkt fortzuführen. Dabei sei gemeinsam mit Ländern und Gemeinden noch ein Volumen von rund einer Milliarde Euro möglich.

5. Fortsetzung des Privatisierungskurses
Grasser betonte, es sei bereits gelungen, die sechs Milliarden Schulden, die bei der ÖIAG übernommen worden seien, auf zwei Milliarden zu reduzieren. "Wir haben den Turnaround geschafft, das ist vor allem für die Steuerzahler wichtig. Das Unternehmen kann jetzt aus eigener Kraft die Schulden bedienen. Es ist klar, dass dieser erfolgreiche Privatisierungskurs in der kommenden Legislaturperiode fortgesetzt werden soll. Privat ist besser als Staat - das ist unsere gemeinsame Überzeugung", so Grasser.

6. Weitere Schritte zur Stärkung der Klein- und Mittelbetriebe
"Wir wollen uns noch stärker um die Klein - und Mittelbetriebe kümmern. Diese sichern den Großteil unserer Arbeitsplätze, schaffen großes Wachstum und produzieren Wertschöpfung", sagte Grasser. Im Dialog mit rund 7000 Unternehmern österreichischer Klein- und Mittelbetriebe (KMUs) seien vor allem folgende Wünsche als vorrangig erachtet worden: die Senkung der Lohnnebenkosten, eine begünstigte Besteuerung des nichtentnommenen Gewinns und die forcierte Fortführung der Verwaltungsreform. Die weitere Senkung der Lohnnebenkosten, insbesondere für ältere Arbeitnehmer, solle zügig umgesetzt werden.

7. Wirtschaftsstandort Österreich noch attraktiver machen
Schüssel erklärte, Österreich liege gegenwärtig in der EU betreffend Standortqualität auf Platz acht und im World Competitiveness Yearbook auf Platz 13. "Es muss das Ziel sein, innerhalb der nächsten vier Jahre einen Platz unter den ersten Fünf in der EU bzw. unter den ersten Zehn weltweit zu erreichen", so der Kanzler.

8. Strukturreformen am Arbeitsmarkt:
Schüssel sprach sich für weitere Reformen am Arbeitsmarkt aus. "Das AMS muss sich noch mehr um Problemgruppen wie Behinderte und Ältere kümmern. Wir dürfen niemanden zurücklassen, jeder muss seine Würde bewahren können", so der Kanzler. Strukturelle Reformen am Arbeitsmarkt müssen die Quellen von Fehlanreizen und Ineffizienzen beseitigen.

9. Strukturreformen am Kapitalmarkt
"Wir haben bewiesen, dass diese Regierung ein guter Freund von Eigenkapital ist", so Grasser. Ausreichende Verfügbarkeit von Eigenkapital sei die wichtigste Voraussetzung für erfolgreiches Wirtschaften und insbesondere Unternehmensneugründungen in den nächsten Jahren. Daher sei der in den letzen Jahren eingeschlagene Weg einer Kapitalmarktoffensive mit dem Ziel angebots- und nachfrageseitig das Kapitalmarktvolumen zu steigern und für mehr Vertrauen der Investoren zu sorgen, fortzusetzen.

10. Ja zur Erweiterung - Chancen wahrnehmen
Grasser sprach "ein klares und deutliches Ja" zur EU-Erweiterung aus. Europa und Österreich stünden vor einer historischen Chance. Österreich rücke von der Randlage in das Zentrum Europas. Schon von der Öffnung der vergangenen Jahre habe unser Land profitiert. "Mit entsprechenden Rahmenbedingungen wird Österreichs Wirtschaft die neuen Chancen nutzen", so der Finanzminister.
   
 Cap: Schüssel präsentiert Panikprogramm im letzten Augenblick
Finanzierbarkeit kein Thema
Wien (sk) - ÖVP-Chef Schüssel und Finanzminister Grasser hätten zwar das SPÖ-Wirtschaftsprogramm in wichtigen Einzelpunkten übernommen - "nach zweieinhalb Jahren Belastungspolitik finde ich dies einige Tage vor der Wahl bezeichnend" - die offensichtliche Panik bei der ÖVP lasse allerdings "jedes Finanzierungskonzept vermissen", sagte der gf. SPÖ-Klubobmann Josef Cap am Sonntag (17. 11.) in Reaktion zu dem von Schüssel und Grasser präsentierten Zehn-Punkte-Programm.
Neben der Unfinanzierbarkeit des ÖVP-Konzepts nannte Cap noch einen weiteren Unterschied zum SPÖ-Programm "Wachstum ohne Schulden": "Unser Programm ist bis ins Detail ausformuliert, nachzulesen und die Finanzierbarkeit dargelegt, während die ÖVP-Forderungen allem Anschein nach in einer Nacht- und Nebelaktion aus dem Hut gezaubert wurden." Cap gegenüber dem SPÖ-Pressedienst: "Die seit dem TV-Duell bemerkbare Verunsicherung bei der ÖVP treibt bunte Blüten." Jetzt sei ihnen sogar
die Finanzierbarkeit ihres Programmes gleichgültig.
Zu den 9 Mrd. Euro, die das ÖVP-Wirtschaftsprogramm bereits koste, seien heute nochmals zusätzliche Versprechungen hinzugefügt worden. Die angestrebte Absenkung der Abgabenquote - "die übrigens im krassen Gegensatz zu allem steht, was wir von Schwarz-Blau in den letzten zweieinhalb Jahren bekommen haben" - würde ein Sparpaket von 4,5 Mrd. Euro bedeuten. "Nicht zu vergessen die Abfangjäger", so Cap abschließend, "an dieser Milliarden-Investition hält das Panik-Duo Schüssel-Grasser nach wie vor ganz entschlossen fest".
   
 Haupt: Schüssel und Grasser mit lupenreinem FPÖ-Programm
Knittelfeld und Jörg Haider durch Schüssel und Grasser voll rehabilitiert
Wien (fpd) - Die am Sonntag (17. 11.) von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Finanzminister Karl-Heinz Grasser präzisierten Vorstellungen für eine zukünftige Steuerentlastungspolitik sind eine 1:1 Kopie freiheitlicher Ideen. Die Delegiertenversammlung von Knittelfeld und damit auch Jörg Haider werden dadurch zu 100 Prozent rehabilitiert. Mit diesen Aussagen replizierte heute FPÖ-Spitzenkandidat und Parteiobmann, Sozialminister Mag. Herbert Haupt, auf die Aussagen von Schüssel und Grasser.
Jedermann in Österreich könne jetzt sehen, so Haupt, dass alle Grasser- und Schüssel-Vorschläge genauso gut von einer ÖVP und FPÖ- Regierungskoalition hätten umgesetzt werden können. Dadurch zeige sich eindeutig, dass Schüssel und Grasser hinter dem Rücken der FPÖ ein abgekartetes Spiel gespielt hätten. Alle Punkte, die heute Schüssel und Grasser präsentiert hätten, entsprechen dem, was die freiheitliche Basis immer gewollt hat, betonte Haupt.
Sowohl in der Verwaltungsreform als auch in der Strukturierung des Hauptverbandes der Sozialversicherung gingen Schüssel und Grasser mit FPÖ-Ideen hausieren. Dies ist besonders fadenscheinig, weil gerade hier die ÖVP und ihre Vertreter sich in den vergangenen Monaten als größte Blockierer und Bremser erwiesen haben, bekräftigte Haupt seinen Vorwurf eines ÖVP-Doppelspiels. Die ÖVP versucht sich auf Kosten der Freiheitlichen herauszumästen, so Haupt.
Schüssel und Grasser wollten mit der Provozierung von Neuwahlen nur ihre eigenen Positionen absichern, egal wie viele Millionen Euro dies auch koste. Diese egoistische Einstellung geht zu Lasten der vielen kleinen Steuerzahler, die wieder einmal die Zechen zu bezahlen haben, so Haupt abschließend.