Petritsch
: "Ja zu aktiver Neutralitätspolitik, nein zum Beitritt zu einem Militärbündnis"
Wien (sk) - Bei einem Vortrag zum Thema "Außenpolitik: Entwurf für die Zukunft"
rief der Wiener SPÖ-Spitzenkandidat Wolfgang Petritsch, zu einer "engagierten und zukunftsorientierten
Konzeption der österreichischen Außenpolitik" auf. In der Außen- und Sicherheitspolitik sei
lange so getan worden, "als habe sich in der Welt nichts verändert". Dies gelte in keinem Bereich
mehr als für die Sicherheitspolitik nach dem Ende des kalten Krieges. Als "symptomatisch" bezeichnete
Petritsch die von NATO-Befürwortern jahrelang erfolglos betriebenen Bestrebungen, diesem Militärbündnis
beizutreten, oder die beabsichtigte Anschaffung von Kampfflugzeugen: "Eine überholte Betonung des Militärischen
bei gleichzeitiger Vernachlässigung friedenspolitischer Initiativen". Zudem garantiere eine NATO-Mitgliedschaft
keinen Schutz vor den neuen Bedrohungen wie internationaler Terrorismus, atomaren, biologischen und chemischen
Waffen oder etwa transnationaler organisierter Kriminalität.
Petritsch sagte weiter, durch eine NATO-Mitgliedschaft müsste Österreichs Verteidigungsbudget massiv
erhöht werden. Dieses Geld wäre besser in Investitionen in den Katastrophenschutz, in internationale
Einsätze sowie zur Verbesserung der Ausrüstung der Soldaten aufgehoben. Dies sei "keine sicherheitspolitische
Trittbrettfahrerei", sondern eine an der veränderten Wirklichkeit und den österreichischen Interessen
orientierte Haltung. Österreich müsse auf aktive Sicherheitspolitik setzen, die unter anderem auch Konfliktverhütung
und verstärkte Beteiligung an internationalen Friedensoperationen mit einschließe. Neben einem intensiven
Engagement in der Europäischen Union bieten auch UNO, OSZE sowie der Europarat wichtige Möglichkeiten,
Frieden, Menschenrechte und mehr Gerechtigkeit zu erreichen.
Petritsch hob Österreichs aktive, richtig verstandene und systematisch umgesetzte Neutralitätspolitik
hervor. Er nannte hier die humanitären Leistungen Österreichs der Jahre 1956, 1968 oder zu Beginn der
90er Jahre sowie die friedenserhaltenden Operationen der Vereinten Nationen, bei denen Österreich lange Jahre
zu den Truppenstellern gehört habe: "Das österreichische Engagement in den Vereinten Nationen muss
auch in Zukunft wieder Schwerpunkt einer aktiven österreichischen Außen- und Friedenspolitik werden."
Vorrangige Aufgabe der Europapolitik einer neuen Regierung müsste sein, so Petritsch weiter, nach dem Ansehens-
und Vertrauensverlust der letzten drei Jahre wieder als vertrauenswürdiger und berechenbarer Partner zu agieren.
Nur durch politische Professionalität und Seriosität könne Österreich den verloren gegangenen
Einfluss wieder gewinnen und als gleichberechtigter Partner ernst genommen werden. Als Beispiele für diesen
Vertrauensverlust nannte Petritsch die Tatsache, dass das heutige Österreich nicht im Präsidium des Konvents
vertreten ist.
Zur Erweiterung sagte Petritsch, man müsse sich der Sorgen der österreichischen Bevölkerung in diesem
Zusammenhang aktiv annehmen. Dazu gehören etwa die vorgesehenen Übergangsfristen für den Arbeitsmarkt,
aber auch innerösterreichische Vorbereitungsmaßnahmen: Qualifizierungsoffensive, die Schaffung von Wachstumszonen
im Grenzraum sowie ein Verkehrsinfrastrukturpaket. Grundsätzlich gelte es, die Vorteile der Erweiterung für
Österreich gerecht zu verteilen und bei den Lasten ausgleichend zu wirken.
Mit den künftigen Mitgliedstaaten teile Österreich viele Anliegen wie Arbeitsmarktpolitik, Migrationsfragen
oder die ländliche Entwicklung, daher müsse man die Erweiterung auch als Chance begreifen, neue Verbündete
für die Durchsetzung eigener Interessen in Brüssel zu finden. Dazu bedürfe es aber "einer neuen,
vertrauensvolleren Zusammenarbeit innerhalb der neuen Bundesregierung von und mit diesen Nachbarn", schloss
Petritsch. |