IV-Wien Präsident Richard Schenz plädiert bei hochrangiger EU-Konferenz
für rasche Liberalisierung der Eisenbahn
Wien (PdI) - Dr. Richard Schenz, Präsident der Industriellenvereinigung Wien und Vorsitzender
des Verkehrsausschusses des europäischen Industrie- und Arbeitgeberdachverbandes UNICE trat am Mittwoch (13. 11.) in Barcelona als einziger österreichischer Vertreter bei der europäischen
Jahreskonferenz zu Verkehrs- und Energiefragen auf. Bei diesem von der Generaldirektion Energie und Verkehr der
Europäische Kommission veranstalteten hochrangigen Symposium treffen Entscheidungsträger aus Unternehmen,
Verbänden, Gewerkschaften und der Politik zusammen, um über die künftigen Infrastrukturnetze Europas,
ihre Anforderungen, Regulierung und Interoperabilität sowie insbesondere ihre Finanzierung zu diskutieren.
Unter anderem werden in Barcelona vor den rund 700 Teilnehmern der Konferenz auch die EU-Kommissarin für Energie
und Verkehr, Loyola de Palacio sowie der Präsident des deutschen Bundeskartellamtes, Dr. Ulf Böge ihre
Vorschläge unterbreiten.
Schenz verwies in seinem Statement auf die enormen Effizienzsteigerungspotenziale, die im europäischen Eisenbahnwesen
schlummern. Europa hat eine deutliche Überbelastung im Straßenverkehr und ungenützte Kapazitäten
im Schienenverkehr. Ziel muss es daher sein, durch Wettbewerb die Bahnen effizienter zu gestalten, ungenutzte Kapazitäten
zu mobilisieren, die Qualität zu verbessern, um dem dramatischen Rückgang auf der Schiene Einhalt
zu gebieten. Die Zahlen sind alarmierend, betonte Schenz: "Auf der Schiene ist der Anteil des Gütertransportes
europaweit im Zeitraum 1970 bis 1998 von 21 % auf 8 % gesunken. Verwunderlich ist dies jedoch keinesfalls, da die
Qualität der Beförderung mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 18 km/h für die Anforderungen
der Wirtschaft im europäischen Binnenmarkt völlig unzureichend ist."
Die seitens der EU in Angriff genommenen Liberalisierungsschritte im Bahnwesen sind daher absolut zu unterstützen,
das bereits im Vorjahr verabschiedete Schienenpaket I müsse nun rasch in den Mitgliedstaaten umgesetzt werden.
Schenz betonte in diesem Zusammenhang auch die Notwendigkeit einer gesellschaftsrechtlichen Trennung von Infrastruktur
und Absatz. Wer es in Sachen Effizienzsteigerung der Bahn und fairen Wettbewerb auf der Schiene ernst meint, kommt
auch in Österreich nicht um eine Trennung zwischen Schieneninfrastrukturbetreiber einerseits und Anbietern
von Beförderungsleistungen andererseits herum. Eine Klarstellung machte Schenz auch zu den immer wieder von
Gegnern der Bahnliberalisierung vorgebrachten polemischen Vergleichen mit Großbritannien: Die österreichische
Industrie redet nicht der Privatisierung der Infrastruktur das Wort, die politische Verantwortung und die Leistungs-
wie auch Sicherheitsvorgaben sollen weiterhin von der öffentlichen Verwaltung kommen, sinnvoll sei jedoch
durchaus die Einbeziehung Privater in die Errichtung und Betreibung des Bahnnetzes.
Sorge macht Schenz die derzeitige Diskussion im Europäischen Parlament um das zweite Schienenpaket, bei dem
neben technischen Fragen wie Sicherheit und Interoperabilität auch die Marktöffnungsstrategie festgelegt
werden soll: dass wie bereits beim 1. Paket wiederum seitens österreichischer gewerkschaftsnaher Abgeordneter
im Europäischen Parlament der Versuch unternommen wird, den Fahrplan für die Marktöffnung aufzuweichen,
stimmt bedenklich. Gerade Österreich als verkehrs- und transitgeplagtes Land würde von steigender Effizienz
und verbessertem Kundendienst auf der Bahn besonders profitieren.
Eine gänzliche Absage erteilte Schenz dem politischen Irrglauben, durch hohe Straßenmauten könne
man den LKW-Verkehr auf die Bahn zwingen: Österreich liegt mit seiner geplanten LKW-Maut im absoluten europäischen
Spitzenfeld,
die nächste Bundesregierung müsste daher zur Vermeidung einer krassen Wettbewerbsverzerrung für
die österreichischen Unternehmen ein Entlastungspaket bei den nicht fahrleistungsabhängigen Abgaben schnüren.
Die von einigen Parteien geäußerte Absicht, die LKW-Maut weiter zu erhöhen zeigt
daher nur eine besonders wirtschaftsferne und damit wohlstandsgefährdende Auffassung von Verkehrspolitik:
"Eine Verlagerung des Gütertransportes von
der Straße auf die Schiene erreicht man nur durch eine Attraktivitätssteigerung der Bahnangebote und
nicht durch massiven Kostendruck. Solange die Bahn nicht durch die Liberalisierung in die Lage versetzt wird, schneller
und kostengünstiger Gütertransporte zu übernehmen und damit konkurrenzfähig zu werden, kann
der Wirtschaft nicht zugemutet werden, erhöhte Kosten für die Straßenbenützung zu zahlen.
Das ist dirigistische Wirtschaftspolitik von vorgestern." |