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Thema Nationalratswahl – 13. November 2002
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Grasser stünde BK Schüssel als Finanzminister zur Verfügung |
Grasser zur Fortführung des Reformkurses bereit: Finanzminister nennt
Rahmenbedingungen
Wien (bmf) - Karl-Heinz Grasser hat am Dienstag (12. 11.) das Angebot
von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, als parteiunabhängiger Finanzminister einer von der ÖVP gebildeten
Regierung anzugehören, angenommen. Wie Grasser bei einer Pressekonferenz erklärte, stehe er nach reiflichen
Überlegungen für eine Fortführung des von der noch amtierenden Bundesregierung eingeschlagenen Reformkurses
"sehr gerne" zur Verfügung. Gleichzeitig nannte Grasser Rahmenbedingungen, die für eine zweite
Amtszeit nötig seien.
Dazu zähle vor allem ein "eindeutiges Votum der Bevölkerung" am Wahltag, aus dem eine klare
Willenserklärung zur Fortsetzung der politischen Arbeit ablesbar sein müsse. Als weitere Voraussetzung
nannte Grasser ein Bekenntnis des künftigen ÖVP-Koalitionspartners zu einem grundlegenden Reformprogramm,
das
- die Weiterführung der stabilitätsorientierten Finanzpolitik mit dem Ziel eines ausgeglichenen Haushaltes
über den Konjunkturzyklus hinweg,
- eine umfassende, nachhaltige Entlastung des Steuerzahlers, die allerdings durch Reformen erarbeitet werden
müsse,
- die Sicherung der Pensionen,
- die Erhöhung des Wachstums und
- die Annäherung an die Vollbeschäftigung
umfassen müsse.
Die Einladung des Bundeskanzlers nannte Grasser einen "mutigen, demokratiepolitisch innovativen Schritt in
einem von Parteipolitik geprägten Österreich". Er sei sich bewusst, dass es sich um ein besonderes
Angebot handle, wenn erstmals seit den fünfziger Jahren ein Mitglied einer anderen Partei zur Mitwirkung in
einem Regierungsteam eingeladen werde: "Dieses Angebot des Bundeskanzlers ehrt mich, ich verstehe es als Auszeichnung
und als Ausdruck der Wertschätzung des bisherigen gemeinsamen Erfolgs."
Als ausschlaggebend für seine Zustimmung nannte Grasser seinen ungebrochenen Gestaltungs- und Veränderungswillen
sowie den klaren Vorsatz, eine rot-grüne Koalition in Österreich zu verhindern: "Eine solche Politik
ist schlecht für Österreich. Ein Blick nach Deutschland zeigt, welche Krisen dieses politische Modell
dort ausgelöst hat, von vier Millionen Arbeitslosen bis zum Nullwachstum." Er wolle sich nicht in 20
oder 30 Jahren im persönlichen Rückblick Vorwürfe machen müssen, sich nicht ausreichend eingesetzt
zu haben, um eine solche Entwicklung zu verhindern. Grasser: "Hier geht es um die Verantwortung dem Land und
seiner Bevölkerung gegenüber; wenn die Republik ruft, haben persönliche Interessen zurückzustehen."
Die vergangenen Tage seien geprägt gewesen von intensiven Überlegungen und Diskussionen mit seiner Lebensgefährtin,
der Familie und dem engsten Freundeskreis; auch jene Unternehmen, die ihm attraktive berufliche Angebote gemacht
hätten, habe er versucht, in die Überlegungen einzubinden. Nicht zuletzt unter dem Eindruck einer Flut
von E-mails, Faxen und Anrufen habe er sich entschlossen, die Zusammenarbeit fortzusetzen. Er lasse schließlich
nicht gerne Halbfertiges zurück, erklärte Grasser.
Um tatsächlich als parteiunabhängiger Minister agieren zu können, habe er mit dem geschäftsführenden
FPÖ-Obmann Herbert Haupt vereinbart, seine Parteimitgliedschaft nunmehr ruhend zu stellen; dies sei auch für
Haupt ein "gangbarer Weg" gewesen. Mitglied der ÖVP werde er "sicher nicht", unterstrich
Grasser. Trotzdem befürchtet Grasser nach den jüngst anonym veröffentlichten "niveaulosen Pamphleten"
über Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer, Klubchef Peter Westenthaler und den Finanzminister weitere Attacken
und "Dolchstoßlegenden": "Ich weise alle Verdächtigungen, diese Fortsetzung der Zusammenarbeit
sei von langer Hand geplant, um der FPÖ zu schaden, entschieden zurück. Die Bevölkerung weiß
das einzuordnen."
Zur Frage nach den möglichen Koalitionspartnern der ÖVP sagte Grasser, nun sei der Wähler am Wort:
"Ich bin in der Politik leider kein so frisch gefangener Fisch mehr, dass ich nicht wüsste, dass nach
einer geschlagenen Wahl viele Möglichkeiten offen stehen." Realistisch seien seine Vorstellungen einer
Fortsetzung der Reform- und Erneuerungspolitik für Österreich allerdings nur, wenn die ÖVP bei der
Wahl am 24. November auf Platz eins käme. Grasser, gutgelaunt: "Herr Gusenbauer hat schon gesagt, dass
er mich nicht fragen wird - auch wenn das ein Fehler ist."
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Gusenbauer:
In Regierung Schüssel soll alles beim Alten bleiben
"Am 24. November geht es nicht um einen Schönheitswettbewerb, sondern um die
Zukunft Österreichs"
Wien (sk) - Für SPÖ-Vorsitzenden Alfred Gusenbauer ist mit der Entscheidung Grassers, sich
der ÖVP als Finanzminister zur Verfügung zu stellen klar, dass in einer Regierung Schüssel alles
beim Alten bleiben soll - sowohl die Politik als auch die Personen. "Viele Österreicher fragen sich",
so Gusenbauer am Dienstag (12. 11.) in einer Pressekonferenz, "wieso es am 24.
November Wahlen gibt, wenn die Regierung ohnehin so weitermachen will wie bisher". Auch wenn Grasser die eine
oder andere gute Idee - etwa die Reduktion des Defizits - gehabt habe, müsse klar sein, dass ein Mann allein
den verfehlten Kurs der höchsten Steuerquote, der Rekordarbeitslosigkeit und des unterdurchschnittlichen Wirtschaftswachstums
nicht rückgängig machen könne. Gusenbauer weiter: "Am 24. November geht es nicht um einen Schönheitswettbewerb,
sondern um die Zukunft der Politik in Österreich."
Die Botschaft, die Schüssel aussende, indem er Grasser als Finanzminister wolle: "Es soll alles in der
selben Art und Weise weiter gemacht werden wie in den letzten zweieinhalb Jahren."
Am 24. November werde darüber entschieden, ob die bisherige Wirtschaftspolitik der höchsten Steuern,
der Rekordarbeitslosigkeit und der geringeren Einkommen fortgesetzt werde, oder ob es mit der SPÖ zu einem
ambitionierten Neustart komme und die Steuern gesenkt und Arbeitsplätze geschaffen werden. "Bei der Entscheidung
am 24. November geht es nicht um den Job eines Einzelnen, sondern um Jobs für 320.000 Menschen, darunter 40.000
Jugendliche", erklärte Gusenbauer.
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Schüssel:
Grasser als unabhängiger Finanzminister Signal der Öffnung
"Mir ist die Einladung an Finanzminister Karl-Heinz Grasser leicht gefallen, und ich bin
froh, dass er mein Angebot angenommen hat"
Wien (övp-pd) - "Ich freue mich über diese positive Antwort, die Karl-Heinz Grasser
auf meine Einladung gegeben hat. Ich weiß, dass diese Entscheidung für ihn nicht einfach war",
sagte ÖVP Bundesparteiobmann Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel am Dienstag (12. 11.)
zur Zusage Grassers, einem künftigen Kabinett Schüssel als unabhängiger Finanzminister angehören
zu wollen. Dies sei ein Signal der Öffnung und er glaube, dass die Entscheidung Grassers, seinem Kabinett
der besten Köpfe anzugehören über die Parteigrenzen hinweg von vielen Bürgerinnen und Bürgern
sehr begrüßt werde, so Schüssel.
Er habe bei seinen Besuchen in den Bundesländern in den vergangenen Tagen sehr viele spontane Reaktionen erlebt,
"es ist beeindruckend, welche emotional und sachlich positive Resonanz diese Einladung allein schon ausgelöst
hat". Er wolle in den nächsten Tagen in einer gemeinsamen Präsentation mit Grasser die inhaltlichen
Vorstellungen darlegen, sagte der Bundeskanzler. Er glaube, "dass damit ein inhaltliches Angebot in diesem
Wahlkampf spürbar wird, auf das die Bürger selbstverständlich schon gewartet haben."
Angesprochen auf mögliche Koalitionsoptionen sagte Schüssel, nach der Wahl werde die ÖVP Gespräche
führen und sich um Partnerschaften bemühen. Die Volkspartei trete als die Kraft der Mitte an und wolle
Reformorientierung und gleichzeitig Sicherheit anbieten. Er, Schüssel, sei "verwundert", dass andere
Mitbewerber eben heute wieder andere ausgrenzen würden. Mit Karl-Heinz Grasser machen wir ein ehrliches, offenes
Angebot. "Das hat nichts mit Koalitionen zu tun, ich habe es unabhängig von möglichen Koalitionen
getan", betonte Schüssel.
Grasser sei ein "personelles Angebot, dass man die Reforminhalte glaubhaft fortsetzen kann. Grundidee ist,
dass 75 Prozent der Menschen den Reformkurs fortsetzen wollen. Dies ist die Einladung zur Fortsetzung", so
Schüssel. Wohl jede Partei könne jedes Regierungsamt aus eigener Kraft mit Personen besetzen - auch die
ÖVP könne dies selbstverständlich. Auf eine entsprechende Frage erklärte der ÖVP- Chef,
die Volkspartei sei stark genug, "solche Zeichen der Öffnung setzen zu können und zu wollen".
Das Angebot an Grasser sei überdies nicht das erste Mal, dass ein solches ausgesprochen und angenommen werde.
Julius Raab habe den parteiunabhängigen Finanzminister Reinhard Kamitz in seine Regierung geholt, Josef Klaus
habe als unabhängigen Justizminister Hans Klecatsky im Kabinett gehabt. "Dies ist dann sogar Tradition
geworden", so Schüssel zur Frage parteiunabhängiger Justizminister.
"Mir ist die Einladung an Finanzminister Karl-Heinz Grasser leicht gefallen, und ich
bin froh, dass er mein Angebot angenommen hat", so Schüssel weiter. Er habe mit Grasser stets gut zusammen
gearbeitet und sich auch persönlich gut verstanden. "Als Finanzminister hat er viel weitergebracht, vor
allem die totale Drehung in der Ausgabenpolitik innerhalb weniger Monate. Das verdient Respekt", so Schüssel.
Auf eine entsprechende Frage zu den jüngsten Aussagen des Kärntner Landeshauptmannes Haider, der von
"Verrat" und versuchter Parteispaltung gesprochen hatte, sagte Schüssel, er könne nicht einmal
im Ansatz etwas erkennen, was die Haider-Aussagen rechtfertigen würde. Er stelle sich die Frage, wie er eine
andere Partei spalten könne und an einer Spaltung der FPÖ schuld sein solle und habe noch im Ohr, wie
Jörg Haider Susanne Riess-Passer, Karl- Heinz Grasser und Peter Westenthaler den Parteiausschluss angedroht
habe. "Man möge schon einmal auch in den Spiegel schauen und die eigene Rolle hinterfragen", so
Schüssel. Es gebe weder Verrat noch einen Versuch der Spaltung einer Partei, Karl-Heinz Grasser werde auch
seine Gesinnung als möglicher unabhängiger Finanzminister nicht verleugnen.
Zu den Reaktionen vor allem der SPÖ auf die Mitarbeit Grassers sagte der Kanzler: "Ich habe den Überblick
verloren, was bei den Sozialdemokraten eigentlich gilt oder Parteilinie ist." Die nicht übereinstimmenden
Aussagen von SPÖ-Chef Gusenbauer zu Finanzminister Grasser gestern und heute seien ein weiteres Beispiel für
den Zick- Zack-Kurs und "ein Zeichen, dass die SPÖ offenbar keine Linie hat. Sie wissen nicht, was sie
wollen", sagte Schüssel. Daher sei eine Wahlauseinandersetzung positiv, da sie Dinge auf den Punkt bringe
und zeige, "wer verlässlich ist und wichtige Fragen anspricht. Es ist die Zeit, wo die Wahrheit an den
Tag tritt".
Zum Wahlziel der ÖVP sagte Schüssel auf eine entsprechende Frage, er trete mit seinem Team an, ein gutes
Ergebnis zu erreichen und Bundeskanzler zu bleiben. Der ÖVP-Chef verglich die Wahlwerbung dabei mit einem
sportlichen Wettstreit. "Ein Sportler tritt auch nicht an, um Blech zu gewinnen." Für die Volkspartei
gelte es, Stimmungen in Stimmen umzumünzen und mit beiden Beinen auf dem Boden zu bleiben.
Zum Bundesland Kärnten sagte der Kanzler auf eine Journalistenfrage, das Land blicke auf jahrhundertelange
Geschichte zurück und sei nicht als "Haider-Land" auf eine Person zu reduzieren. In der Region würden
slawische, romanische und germanische Einflüsse zusammentreffen und eine faszinierende Mischung ergeben. Bei
der nächsten Runde der EU-Erweiterung nach der bevorstehenden werde Kärnten durch die Erweiterung der
Union vor allem in Richtung Südosteuropa stark profitieren und habe dabei eine Schlüsselrolle und "beste
Voraussetzungen". Für ihn, Schüssel, sei es "selbstverständlich", sich als Bundeskanzler
voll für das Land einzusetzen.
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Prinzhorn
bedauert Wechsel Grassers
Reformpolitik nur mit den Freiheitlichen möglich
Wien (fpd) - Der stellvertretende FPÖ-Parteiobmann Thomas Prinzhorn bedauert die Entscheidung
von Karl-Heinz Grasser, der FPÖ bei einer allfälligen Neuauflage einer blau-schwarzen Koalition nicht
mehr als Finanzminister zur Verfügung zu stehen. Durch seinen Wechsel leiste Grasser Vorschub für Schwarz-Rot,
was zum Ende des freiheitlichen Reformprojektes und zum Stillstand in Österreich führe.
Grasser gebe durch seinen Wechsel eine indirekte Wahlempfehlung für die ÖVP ab, was aus freiheitlicher
Sicht abzulehnen sei. "Nur wer freiheitlich wählt, hat die Gewähr, daß freiheitliche Reformpolitik
fortgesetzt wird. Weder mit Schwarz-Rot noch mit Rot-Grün ist eine Fortsetzung des eingeleiteten Reformprojekts
möglich", sagte Prinzhorn.
Unverständlich ist für Prinzhorn auch die Aussage Grassers, "eine Weiterarbeit mit der FPÖ
sei nicht möglich gewesen, weil die Knittelfelder FPÖ nicht meine Partei ist". Es existiere keine
Knittelfelder FPÖ oder irgend eine andere FPÖ. Es gebe nur eine Freiheitliche Partei, die die Interessen
der freiheitlichen Wähler vertritt und die für eine erfolgreiche Reformpolitik zum Wohle der österreichischen
Bürgerinnen und Bürger einsteht. "Die in Knittelfeld gefaßten Beschlüsse sind heute Teil
der Wahlprogramme von FPÖ und ÖVP. Insbesondere die Steuerentlastung für kleine und mittlere Einkommen
im nächsten Jahr", sagte Prinzhorn.
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Zu diesem Thema war keine Stellungnahme verfügbar (12.11., 23:00 Uhr) |
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