Unternehmen kaufen mit Produkt auch Know-how und Wartung mit ein
Wien (bmlfuw) - Chemikalien zu leasen statt ständig nachzukaufen - diesem neuartigen Geschäftsmodell
will das Umweltministerium in der österreichischen Wirtschaft zum Durchbruch verhelfen. Rund ein Drittel der
industriell eingesetzten Lösungsmittel, Reiniger, Katalysatoren, Kühl- und Schmierstoffe könnte
damit eingespart werden. Laut einer neuen Studie, die am Montag (11. 11.) im Umweltministerium
vorgestellt wurde, wäre das Chemikalienleasing in rund 3.900 österreichischen Unternehmen grundsätzlich
anwendbar.
Vor allem Branchen mit Tätigkeiten wie Reinigen, Entfetten, Beizen, Kühlen und Schmieren eignen sich
dafür. Derzeit werden dafür jährlich rund 153.000 Tonnen Chemikalien eingesetzt, hauptsächlich
Lösungsmittel, Reiniger, Katalysatoren, Kühl- und Schmierstoffe. Durch das Leasingmodell könnte
die eingesetzte Menge um bis zu 53.000 Tonnen reduziert werden. Diese Chemikalien müssten weder bezahlt und
eingesetzt noch emittiert und als Abfall entsorgt werden.
Auch für die Anwender ergeben sich Vorteile. Im Schnitt können sie, vor allem auf Grund des effizienteren
Chemikalieneinsatzes, bis zu 15 Prozent der Kosten reduzieren. Aber auch die Anbieter der Stoffe werden mittelfristig
profitieren können, da sie zusätzlich zum Produkt ihr Know-how Gewinn bringend einsetzen können.
Beim Chemikalienleasing werden die benötigten Produkte zur Verrichtung einer bestimmten Dienstleistung vom
Lieferanten nicht mehr an den Kunden verkauft, sondern lediglich zum Gebrauch zur Verfügung gestellt. Der
Wechsel des Besitzers steht nicht mehr im Vordergrund, das wirtschaftliche Interesse ist nicht mehr mit einer Maximierung
des Absatzes verbunden. Stattdessen rückt der durch den Einsatz erzielbare Nutzen in den Vordergrund. Der
Lieferant einer Chemikalie liefert auch das für die Anwendung nötige Know-how mit. Eine Entfettung durch
Lösemittel orientiert sich dann beispielsweise am Ausmaß der gereinigten Oberfläche und nicht mehr
an der verbrauchten Lösemittelmenge.
National wie international ist Chemikalienleasing ein noch kaum verbreitetes Modell. Einige Varianten werden derzeit
in Pilotprojekten international erprobt, etwa in der Automobilindustrie und in der Unterhaltungselektronik. Österreich
würde mit der systematischen Verbreitung dieses Geschäftsmodells daher zweifellos eine internationale
Pilotrolle einnehmen. Die europäische Schleifmittelindustrie hat bereits Interesse gezeigt. Im November 2003
findet außerdem in Wien eine OECD-Konferenz zu diesem Thema statt.
In Österreich wird das Umweltministerium einige ausgewählte Unternehmen bei der Einführung des Chemikalienleasings
begleiten. Gemeinsam mit bereits kooperierenden Unternehmen auf Lieferantenseite wird mit den Referenzunternehmen
ein spezifisches Geschäftsmodell entwickelt und seine Einführung in die betriebliche Praxis unterstützt.
So können die Pilot-Unternehmen ohne größeres Risiko die Vorteile des neuen Modells erproben. Unternehmen
wie OMV, MIBA Gleitlager und Borealis haben bereits Interesse an dem innovativen Ansatz bekundet. Es liegen bereits
erste Kooperationszusagen vor.
Um die Möglichkeiten für die praktische Anwendung des Chemikalienleasings in Österreich zu bewerten,
hat das Umweltministerium gemeinsam mit Teilen der Wirtschaft zwei Erhebungen erstellen lassen. Darin werden geeignete
Unternehmen und Geschäftsfelder eingeschätzt und beschrieben. Ökologische und wirtschaftliche Potenziale
wurden erhoben, Hemm- und Förderfaktoren skizziert und die Ansätze zur Verwirklichung beschrieben. Erstellt
wurden die Studien vom Institut für chemisch-technische und ökonomische Forschung und Beratung (München),
vom Institut für Industrielle Ökologie (St.Pölten), von der Beratungsgesellschaft für integrierte
Problemlösungen (München) und der AFC Consult Unternehmensberatung (Wien). Die beiden Endberichte liegen
zusammengefasst als Publikation vor vor und können unter 01/51522-2332 angefordert werden. |