OeNB-Gouverneur Dr.Liebscher sieht internationale Kooperation und Dialog zwischen öffentlichem
und privatem Sektor zur Sicherung der Finanzsystemstabilität als unabdingbar
Wien (oenb) - Dr. Liebscher, Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank und EZB-Ratsmitglied,
sprach am Freitag (22. 11.) anlässlich einer internationalen Konferenz des "Centre
for the Study of International Institutions" der Universität Innsbruck über die Rolle internationaler
Institutionen bei der Sicherung von Finanzmarktstabilität.
Die Globalisierung des internationalen Finanzsystems sowie die Finanzkrisen der letzten Jahre haben gezeigt, dass
Staaten nationaler und internationaler Finanzmarktstabilität verstärkt Bedeutung beimessen müssen.
Internationale Institutionen haben hier zunehmend an Bedeutung gewonnen, da sie vertrauensstiftend wirken, den
Informationsaustausch zwischen Regierungen und Markteilnehmern fördern sowie international akzeptierte Standards
formulieren.
Eine direkte Auswirkung dieses verstärkten Meinungsaustausches sei die seit Anfang der 90-er Jahre zunehmende
internationale Konvergenz der wirtschaftspolitischen Grundausrichtung. Diese könne unter der Leitidee "Makroökonomische
Stabilität und flexible Märkte" subsumiert werden. Das wirtschaftspolitische Denken und Handeln
der Europäischen Union und insbesondere auch die Geldpolitik des unabhängigen Eurosystems seien stabilitätsorientiert.
Der Beitrag der Preisstabilität im Euroraum spiele, so der Gouverneur weiter, hierbei eine entscheidende Rolle.
Europa sei auf regionaler Ebene ein Vorreiter und Spiegelbild dieser Konvergenz: Denn wirtschaftspolitische Koordination
innerhalb der EU gehöre zur Normalität. Die Einführung des Euro beseitige nicht nur Wechselkursschwankungen,
sondern trage direkt zur Finanzmarktstabilität in Europa und in den angrenzenden Regionen bei. Die Attraktivität
europäischer Finanzmärkte sei durch den Euro entschieden gesteigert worden, bedinge aber eine Vielzahl
von Initiativen auf europäischer Ebene zur Sicherung, Stärkung und internationalen Wettbewerbsfähigkeit
des Finanzplatzes Europa. Zudem bewirken Währungsunion und Euro ein verstärkt einheitliches Auftreten
in internationalen Institutionen und geben der EU mehr Gewicht im internationalen Finanzsystem.
Auf internationaler Ebene seien - so Gouverneur Liebscher - drei Aspekte von Bedeutung: Erstens dient die Formulierung
und Umsetzung von international akzeptierten Standards und Kodizes der Verbreitung der besten wirtschaftlichen
Praktiken ("best practices standards"). In diesem Zusammenhang verwies er auf den Nutzen das Evaluierungsverfahren
nationaler Finanzmärkte durch den Internationalen Währungsfonds (IWF). Im Rahmen eines so genannten "Financial
Sector Assessment Programs" (FSAP) werden Schlüsselstandards eines nationalen Finanzsystems getestet
und somit die Widerstandsfähigkeit eines nationalen
Finanzsystems beurteilt. Auch Österreich werde sich diesem Verfahren unterziehen.
Zweitens sei die zunehmende internationale Umsetzung von Transparenz notwendig für ein gutes Funktionieren
von Finanzmärkten und trage zur Steigerung von Finanzmarktstabilität bei.
Drittens sei die nationale Implementierung international gängiger Standards von hoher Dringlichkeit. Diese
liege aber weiterhin bei den einzelnen Staaten und erfolge sehr oft nur über international akzeptierte Normen,
Marktdruck oder "peer pressure".
Die institutionelle Architektur des internationalen Finanzsystems ist gekennzeichnet durch eine Vielzahl von Akteuren
wie Staaten, internationalen Organisationen, Interessengruppen und der Privatwirtschaft. Der Informationsaustausch
zwischen diesen Akteuren ist von essentieller Bedeutung. In diesem Kontext verwies er darauf, dass das Vertrauen
in die Selbstregulierungskraft der Märkte durch den Fall "Enron" erschüttert worden und eine
neu zu definierende Partnerschaft zwischen öffentlichem und privatem Sektor daher unabdingbar sei.
Dem öffentlichen Sektor komme nach wie vor eine entscheidende Rolle bei der Lösung von Marktversagen
zu. Dieser sollte aber in Zusammenarbeit mit dem Privatsektor agieren, um so die Balance zwischen Effizienz und
Stabilität des Finanzmarktes herzustellen. Nationalstaaten müssten auch erkennen, dass nationale Entscheidungen
zunehmend Auswirkungen auf andere Staaten haben. Daher sei internationale Kooperation im IWF und anderen internationalen
Institutionen bzw. Fora unabdingbar, um die Gewährleistung nationaler wie auch internationaler Finanzstabilität
und -effizienz zu gewährleisten. |