Gräfin Mariza
Premiere 15. Dezember 2002 in der Volksoper Wien
Wien - Als fünften und letzten Beitrag des Jahresprojektes „Operetten Europas“ präsentiert die Volksoper Wien die wohl bekannteste ungarische Operette „Gräfin Mariza“ von Emmerich Kálmán. Für die musikalische Leitung konnte Guido Mancusi, der bereits Carl Zellers „Vogelhändler“ an der Volksoper Wien dirigiert hat, gewonnen werden. Regie führt die gebürtige Bulgarin Vera Nemirova, die zuletzt mit einer Inszenierung von „Bählamms Fest“ (Olga Neuwirth) an der Hamburgischen Staatsoper im deutschen Schauspielhaus aufhorchen ließ. Die Ausstattung stammt von Klaus Werner Noack.

Das Leading Team
Zum ersten Mal an der Volksoper Wien inszeniert die junge Regisseurin Vera Nemirova. Sie studierte an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ in Berlin
Musiktheaterregie und besuchte anschließend die Meisterklasse der Akademie der Künste Berlin bei Peter Konwitschny. Im Jahr 2000 war sie Preisträgerin des II. Internationalen Wettbewerbs für Regie und Bühnenbild in Graz. Im heurigen Jahr erhielt sie von der Akademie „Musiktheater heute“ der Kulturstiftung Deutsche Bank einen Preis für die Inszenierung von „Bählamms Fest“. Inszenierungen von Vera Nemirova waren bereits an einigen deutschsprachigen Bühnen zu sehen, u.a. am Volkstheater Rostock, an der Kleinen Szene der Semperoper Dresden und an der Hamburgischen Staatsoper im deutschen Schauspielhaus. Ihre nächsten Inszenierungen werden „Carmen“ am Freiburger Theater und Verdis „Macbeth“ an der Oper Bonn sein.

Das Bühnenbild und die Kostüme stammen von Klaus Werner Noack. Der gebürtige Berliner absolvierte ein Szenografiestudium an der Kunsthochschule Berlin und war anschließend lange Jahre am Berliner Ensemble als Bühnenbildner engagiert. Seit 1999 ist er als freiberuflicher Bühnenbildner, Regisseur und Maler tätig.

Die musikalische Leitung hat Guido Mancusi inne, der an der Volksoper Wien schon Carl Zellers „Vogelhändler“ dirigiert hat. Der gebürtige Italiener erhielt seine künstlerische Ausbildung in Wien. Hier studierte er Komposition bei Prof. Urbanner und Dirigieren bei Prof. Österreicher. Seine Stationen als Kapellmeister waren das Stadttheater St. Pölten (1989-91), das Opernhaus Graz (1992-93), die Vereinigten Bühnen Wien (1993-94) und das Stadttheater Erfurt (2001/02). 1994 war er Assistent bei Ricardo Muti an der Mailänder Scala. 1995 war er Chorassistent bei den Bayreuther Festspielen und von 1995 - 1997 Chordirektor und Kapellmeister am Landestheater Coburg. Er absolvierte zahlreichen Gastdirigate in England und in Argentinien sowie an den Opernhäusern in Kiel und Budapest. Seit 1997 ist er Professor für Chorleitung am Konservatorium der Stadt Wien. Von 1997 - 2000 war er künstlerischer Leiter der „operklosterneuburg“. Er erhielt zahlreiche Kompositionsaufträge u.a. von der „Jeunesse Musicale“, der „Salzburger Sommerakademie“ und der Österreichischen Kammerphilharmonie. Seit dieser Saison ist Guido Mancusi Chefdirigent des Stadttheaters Klagenfurt.

In der Titelrolle der Gräfin Mariza ist Lisa Houben zu sehen. Sie wurde in Washington D.C. als Kind holländischer Eltern geboren und lebt nun in Brüssel. Lisa Houben hat an vielen internationalen Opernhäusern gesungen, u.a. in Kairo, in Sankt Petersburg, in Toulon und Helsinki. An ihrer Seite singen u.a. Johan Weigel (Graf Tassilo), Heidi Wolf (Lisa), Gerhard Ernst (Fürst Populescu), Mirjana Irosch (Fürstin Bozena) und Sándor Németh (Baron Koloman Zsupan).

"Gräfin Mariza" an der Volksoper Wien
Mit dieser Neuproduktion wird eine Lücke im Operettenrepertoire der Volksoper Wien geschlossen. Schließlich hatte „Gräfin Mariza“, neben der „Csárdásfürstin“ das zweite Hauptwerk Kálmáns, erstmals 1959 an der Volksoper Premiere, die letzte Neuinszenierung dieses Werkes datiert aus dem Jahre 1991. „Gräfin Mariza“ ist der letzte Teil des großen Volksopern-Jahresprojekts 2002 „Operetten Europas“ und repräsentiert - obzwar auch der Wiener Operette zugehörig – Ungarn: Immerhin identifizierte sich Kálmán Zeit seines Lebens mit der ungarischen Kultur. Die Handlung ist in Siebenbürgen angesiedelt und das Werk wurde vom damaligen ungarischen Revisionismus bis zur nationalen politischen Manifestation vereinnahmt.

Die vorangegangenen „Operetten Europas“ waren „Der Bettelstudent“ (Österreich), „Die Generalin“ von Amadeo Vives (Spanien), Gilbert and Sullivans „Piraten von Penzance“ (England) und Pietro Mascagnis „Sì“ (Italien). Das Jahresprojekt 2002 "Operetten Europas" ist ein groß angelegter Versuch einer Reflexion über das Genre Operette und seine künstlerischen Mittel. Durch die Zusammenschau der unterschiedlichen Operettenstile im europäischen Zusammenhang soll sinnlich erfahrbar werden, was musikalisches Lachtheater jener Zeit heute noch leisten kann. Konzept des Jahresprojekts ist es auch, die fünf europäischen Operetten in sehr unterschiedlichen Regiesprachen zu zeigen.

Das Werk und seine Umsetzung
Das Ungarn der Zeit der "Gräfin Mariza"-Uraufführung, 1924, ist längst aus der Doppelmonarchie mit Österreich herausgelöst. Ihr Komponist Kálmán ist schon seit 15 Jahren in Wien, blickt sehnsüchtig-folkloristisch auf seine Heimat, und seine Figuren grüßen „die süßen, die reizenden Frauen“ im schönen Wien. So wie die politischen Geschicke Österreichs und Ungarns miteinander verbunden waren, so auch in Operettendingen. Die Kronländer waren immer wieder Schauplatz in Wiener Operetten, und die ungarische (Pseudo-)Folklore, insbesondere der Csárdás, exstatischer Ausdruck von Lebensfreude und nationalen Gefühlen. Mit der „Csárdásfürstin“ wurde eine eigene Tradition ungarischen Operettenkolorits begründet, in der auch die Nachfolgerin "Gräfin Mariza" steht.

Der 1924 im Theater an der Wien uraufgeführte zweite Welterfolg Emmerich Kálmáns, ist eine Operette der melancholischen Desillusion („Glück ist ein schöner Traum“) und des Zynismus aus Enttäuschung, die Geschichte des Lebensversuchs einer gebrochenen Frau. „Gräfin Mariza“ ist ein Werk der Sehnsucht nach den verlorenen Paradiesen der Kindheit, nach der zurückgelassenen Heimat, nach der Mitte des Lebens, nach den unverfälschten Gefühlen, die in der "Ursprünglichkeit" von Walzerduetten und Csárdásausbrüchen vermutet werden („Wo wohnt die Liebe?“).

Interpretation der “Gräfin Mariza”
„Gräfin Mariza“ wird an der Volksoper Wien von der Fassung her sehr originalgetreu aufgeführt werden. Die Inszenierung stellt dessen Meisterwerk die „echten Zigeunerklänge“ der Bulgarischen Starkapelle „Karandila“ gegenüber. Der Regisseurin Vera Nemirova geht es neben der Darstellung der berührenden Fabel um die Darstellung des heutigen Lebensgefühls und unbedingten Lebensanspruchs hinter dem „gefallenen“ eisernen Vorhang. Operette ist für Nemirova ein Produkt von Krisenzeiten, Operette ist aber „alles, was lebt“ und damit Einspruch gegen den Untergang, der Tanz eine körperliche Revolte gegen die Resignation.

Weitere Vorstellungen
18., 20., 26., 30. Dezember 2002
5., 12., 16., 19., 22., 24., 28. Jänner, 2., 5., 8., 17., 23. Februar 2003

Veranstaltungen rund um die Premiere

1. Dezember 2002, 11.00 UHR, Volksoper Wien, Probebühne:
PODIUMSDISKUSSION ZUM THEMA „GRÄFIN MARIZA –
OPERETTENPARADIES ODER OPERETTENPARODIE?“ – GAST: PROF. MARCEL PRAWY
Teilnehmer:
Prof. Gerd Rienäcker, Humboldt Universität Berlin
Dr. Sara Trampuz, Triest/Wien
Dr. Stefan Frey, München
Kevin Clarke, Berlin
Oswald Sallaberger, Dirigent
Vera Nemirova, Regisseurin
Moderation: Dr. Birgit Meyer, Volksoper Wien
Ort: Probebühne der Volksoper Wien, Ecke Severingasse 7/ Wilhelm-Exner-Gasse, 1090 Wien
Eintritt frei

4. Dezember 2002, 19.30 Uhr, RadioKulturhaus:
GRÄFIN MARIZA EINFÜHRUNGSGESPRÄCH
Mit dem Produktionsteam sowie den Sängerinnen und Sängern
Leitung: Mag. Christoph Wagner-Trenkwitz
Ort: RadioKulturhaus, 1040 Wien, Argentinierstr. 30a, Kleiner Sendesaal
 
zurück