Minister beziehen Stellung zu den Entscheidungen vom Brüsseler Gipfel
Brüssel (aiz) - Unter Vorsitz der dänischen Landwirtschaftsministerin, Mariann Fischer
Boel, findet am Mittwoch und am Donnerstag der Agrarministerrat in Brüssel statt. Auf der Tagesordnung stehen
unter anderem die Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik und die Wiederherstellung der Kabeljaubestände in
der Nordsee. Weiters werden die Agrarminister über die Halbzeitbewertung der Gemeinsamen Agrarpolitik diskutieren,
wobei diesmal vor allem die so genannten horizontalen Aspekte (Entkoppelung und Modulation der Direktbeihilfen
sowie die cross-compliance) im Vordergrund stehen sollen. Beobachter rechnen damit, dass die Minister ihren Standpunkt
zur politischen Auslegung der Agrarentscheidungen des Europäischen Rates von Brüssel und dessen Folgen
auf die Vorschläge von Kommissar Franz Fischler darlegen. Mehrere Dossiers in Verbindung mit der Lebensmittelsicherheit
stehen ebenfalls auf der Tagesordnung: neue Vorschriften über genetisch veränderte Nahrungsmittel, Zoonosen
und Hygienevorschriften.
Neben der Reform der Fischereipolitik diskutieren die Agrarminister am Mittwoch über die Reform der GAP. Der
Vorsitz will den Mitgliedsstaaten einen Bericht und einen Fragebogen hinsichtlich der Positionen der Mitgliedsländer
zu den von der Kommission in deren Halbzeitbewertungsentwurf der GAP vorgesehenen horizontalen Maßnahmen
vorlegen. Außer einem eventuellen Meinungsaustausch zu den Folgen der Beschlüsse der Staats- und Regierungschefs
werden die Landwirtschaftsminister die diesbezüglichen auf Expertenebene des Sonderausschusses Landwirtschaft
erarbeiteten Positionen bekräftigen.
Mehrheit der Mitglieder gegen Entkoppelung
Was die Entkoppelung der Beihilfen betrifft, so ist die Mehrheit der Mitgliedsländer mit Ausnahme
von Deutschland, Großbritannien, Dänemark, Schweden und die Niederlande dagegen. Zehn Mitgliedsstaaten,
darunter Österreich, fordern von der Kommission die Veröffentlichung einer Studie über die Verträglichkeit
der wirtschaftlichen und sozialen Folgen. Mehrere Delegationen wollen Informationen über eine partielle Entkoppelung,
eine Lösung, die auch das Europäische Parlament favorisiert.
Dänemark, Schweden, Deutschland, Niederlande und das Vereinigte Königreich begrüßen die geplante
obligatorische Modulation, auch wenn einige dieser Länder eine tiefer gehende Reform mit Einsparungen im Gemeinschaftshaushalt
bevorzugt hätten. Diese Ländergruppe vertritt die Auffassung, dass das in Betracht gezogene System (jährlich
3%ige Reduzierung aller Direktbeihilfen über sieben Jahren, jedoch mit einer Freigrenze von EUR 5.000,-) in
verwaltungstechnischer Hinsicht zu aufwändig sei.
Österreich für höhere Freigrenze
Großbritannien wiederholte, dass es ein Franchisesystem ablehne. Mindestens acht Delegationen (Spanien,
Frankreich, Portugal, Griechenland, Belgien, Irland, Luxemburg und Österreich) sind gegen eine generelle allmähliche
Reduzierung der Direktzahlungen, wobei sich Österreich und Griechenland auch hier auf die Schlussfolgerungen
des Europäischen Rates von Brüssel beziehen. Österreich zufolge wäre die geplante Modulation
der Direktbeihilfen bis 2006 und ebenso für die Folgejahre zweifellos veraltet. Irland, Österreich und
Finnland haben zusätzlich eine Erhöhung der Höhe der Freigrenze gefordert, um eine Benachteiligung
kleiner und mittlerer Betriebe zu vermeiden.
Die Mehrzahl der Mitgliedsstaaten befürwortet das Konzept der Kommission zur cross-compliance, wonach ein
Zusammenhang zwischen der Bewilligung des Betrags der entkoppelten Einkommensbeihilfe und der Einhaltung von Umwelt-
und Tierschutznormen herzustellen sei. Unterstrichen wird allenfalls - unter anderem von Deutschland -, dass das
in Betracht gezogene System finanziell und verwaltungstechnisch zu aufwändig sei. Deutschland erklärte,
dass bei der Einführung dieses neuen Prinzips etwa 400 Gesetzestexte verändert werden müssten. Schweden
ist gegen das System, da dieses trotz positiver Aspekte nicht die Kontroll- und Verwaltungsprobleme löse.
Weiters hofft der dänische Vorsitz auf ein politisches Einvernehmen zum Entwurf einer neuen Regelung über
gentechnisch veränderte Lebensmittel für die menschliche oder tierische Ernährung. Im Ausschuss
der Ständigen Vertreter (AstV) wurde am Freitag vom Vorsitz vorgeschlagen, einen Schwellenwert von 0,5% anstatt
1% festzulegen. Der Vorsitz äußerte sich zuversichtlich, dass das von der Kommission vorgeschlagene
zentralisierte Genehmigungsverfahren Konsens findet.
Das Dossier mit den Vorschlägen hinsichtlich Zoonose-Überwachungsmaßnahmen wurde fast vollständig
beim AStV am Freitag abgearbeitet. Das politische Einvernehmen wird voraussichtlich ohne Debatte bestätigt
werden. Der Rat wird den Stand der Arbeiten zu den Vorschlägen erörtern, die Teil des Pakets zur Hygiene
der Lebensmittel tierischen Ursprungs sind. Kommissar David Byrne wird den Rat auch über die letzten Entwicklungen
hinsichtlich BSE informieren. |