Paris (esa) - Datenstaus im Internet könnten bald der Vergangenheit angehören,
wenn es der ESA gelingt, eine neue Technologie für die Sichtung naher erdähnlicher Planeten zu entwickeln.
Warum? Bei ihrer Suche nach neuen Wegen zur Entdeckung von Planeten kam der ESA die Idee, daß man statt voluminöser
Spiegel und Linsen im Weltraum miniaturisierte optische Systeme bauen kann, die auf einen Mikrochip passen. Eine
solche "integrierte Optik" könnte auch in Computernetzen auf der Erde zur Hochgeschwindigkeitsweiterleitung
von Daten eingesetzt werden.
Datenströme im Internet verhalten sich wie Verkehrsströme: Ein Auto kann zwar auf gerader Strecke schnell
gefahren werden, muß aber zur Richtungsänderung an einer Kreuzung stark abgebremst werden. Das gleiche
gilt für Datenautobahnen. Lichtstrahlen befördern die Daten mit hoher Geschwindigkeit entlang Glasfaserkabeln.
Wenn die Daten bei den Computern, den sogenannten Servern, ankommen, werden sie von ihnen zu ihrem endgültigen
Ziel umgeleitet. Zur Zeit müssen die Lichtimpulse hierzu in elektrische Signale umgewandelt werden, und das
verlangsamt alles.
Elektronen bewegen sich mit einer Geschwindigkeit von einigen Kilometern pro Sekunde durch einen Stromkreis, während
Licht sich mit fast 300 000 Kilometern pro Sekunde ausbreitet. Bei der integrierten Optik würden die Daten
Licht bleiben und lediglich über den Chip in die richtige Richtung gelenkt. Die Wissenschaftler nennen diese
Technik integrierte Optik, da die Chips auf einer Karte für integrierte Schaltkreise montiert sind. Anstelle
von miniaturisierter Elektronik würde jedoch miniaturisierte Optik in einen Mikrochip eingebaut.
Die ESA will Planeten außerhalb des Sonnensystems künftig mit technisch anspruchsvolleren Mitteln aufspüren.
Zwei geplante Entwicklungen beruhen auf der Bündelung des Lichts solcher Planeten in einer Reihe verschiedener
Teleskope. Es handelt sich um die Mission Darwin und ihren Vorläufer, das Bodengestützte Europäische
Nullungsinterferometer-Experiment (GENIE) der ESA und der ESO.
Zur Bündelung von Lichtstrahlen werden üblicherweise Spiegel und Linsen bewegt, um das Licht in die gewünschte
Richtung zu lenken. Wenn sich das System jedoch bewegt, kann es zerbrechen. "Zur integrierten Optik überzugehen,
die viel kleiner ist und keine beweglichen Teile hat, wäre äußerst wünschenswert", so
Malcolm Fridlund, Projektwissenschaftler für Darwin und GENIE.
So wünschenswert es wäre, so schwierig wäre es auch. Gegenwärtig ist die Wissenschaft der integrierten
Optik weit hinter der Technologie der integrierten Schaltung zurück. Aus diesem Grund finanziert die ESA zwei
Studien. Astrium wurde mit der Untersuchung eines herkömmlichen optischen Ansatzes beauftragt, während
Alcatel eine auf der integrierten Optik beruhende Lösung finden soll. "Wir werden in etwa einem Jahr
entscheiden, ob für GENIE die integrierte Optik eingesetzt wird", sagt Fridlund.
Bei Darwin, der ehrgeizigen Mission der ESA zur Suche nach erdähnlichen Planeten, könnte ebenfalls die
integrierte Optik Anwendung finden, jedoch unter Nutzung längerer Wellenlängen als bei GENIE. Dies ist
Neuland für die Technik der integrierten Optik. Fridlund prüft gegenwärtig Vorschläge von Industrieunternehmen,
die die Herausforderung annehmen möchten. "Was ich in diesen Vorschlägen sehe, stimmt mich sehr
optimistisch", sagt Fridlund. "Ich weiß zwar noch nicht, ob es für die integrierte Optik im
mittleren Infrarot kommerzielle Anwendungen geben wird, aber wenn wir sie nicht entwickeln, werden wir es nie erfahren."
Sollte dieses auf der integrierten Optik beruhende Konzept funktionieren, würde der Nutzen weit über
bloße Verbesserungen bei der Suche nach Planeten hinausgehen. Hier auf der Erde könnte es beispielsweise
für alle Nutzer von Heimcomputern die Geschwindigkeit der Internetverbindungen um das Hundert- bis Tausendfache
erhöhen. Ein so schnelles Surfen im Internet hätte Auswirkungen, die noch nicht abzusehen sind. |