Konkurs: EU-Kommission begrüsst Sachverständigenbericht  

erstellt am
10. 11. 03

Bericht empfiehlt Prävention und Rechtsreformen zur Verbesserung der Überlebenschancen von Unternehmen und zur Förderung des unternehmerischen Neubeginns
Brüssel (eu.int) - Die Kommission begrüsst den veröffentlichten Abschlussbericht zum Thema „Umstrukturierung, Konkurs und Neubeginn“, wo aufgeführt wird, welche Faktoren entscheidend sind, wenn ein Konkurs verhindert oder ein Neubeginn gefördert werden soll. Zu diesen Faktoren gehören die Beratung durch sachverständige Dritte, eine Umstrukturierungsoption, ein modernes und überschaubares Konkursrecht, das Vergleiche fördert, und eine klare juristische Unterscheidung zwischen betrügerischem Konkurs und nicht betrügerischem Konkurs.

Der Bericht wurde für die Kommissionerstellt, da in der Europäischen Charta für Kleinunternehmen eine Beurteilung des nationalen Konkursrechts gefordert wurde. In dem Bericht, dessen Autoren Sachverständige aus den EU-Mitgliedstaaten, Norwegen und den Beitrittsländern sind, wird untersucht, inwieweit das nationale Konkursrecht das Überleben von Unternehmen und einen unternehmerische Neubeginn behindert, und inwieweit Unternehmern, die in Konkurs gegangen sind, ein gesellschaftliches Stigma anhaftet, so dass sie keinen Neubeginn wagen. Der Bericht enthält Indikatoren, Benchmarks und Beispiele für vorbildliche Lösungen im Zusammenhang mit folgenden Themen: „Frühwarnsysteme“ für in Schwierigkeiten geratene Unternehmen, Rechtssysteme und Konkursverfahren, der unternehmerische Neubeginn und die Haltung der Gesellschaft zum Konkurs von Unternehmen. Im Vereinigten Königreich, Spanien und Norwegen wurde das Konkursrecht vor kurzem reformiert. In Finnland wird es derzeit einer Überprüfung unterzogen, und Italien und Portugal haben mit einer Überarbeitung ihres Insolvenzrechts begonnen. Man hofft, das von dem Bericht in dieser Hinsicht neue Impulse ausgehen werden.

Erkki Liikanen, der für den Bereich „Unternehmen“ zuständige EU-Kommissar, begrüßte den Bericht und erklärte: „In der Charta für Kleinunternehmen wird zu Recht darauf hingewiesen, dass gewisse Fehlschläge eine unvermeidliche Begleiterscheinung von verantwortlicher Initiative und Risikobereitschaft sind, und dass man aus ihnen in erster Linie etwas lernen kann. Die Europäer sind im Durchschnitt risikoscheuer und weniger bereit, sich als Unternehmer zu betätigen, als die Amerikaner.

Die Angst vor einem Konkurs ist in der EU ein Haupthindernis für unternehmerische Initiative und die Gründung von Unternehmen. Wenn ein Konkurs zu schwere rechtliche Folgen hat, kann dies die Unternehmer davon abhalten, einen Neubeginn zu wagen. Vorbildlichen Lösungen kommt bei Rechtsreformen eine entscheidende Rolle zu.“

Rechtzeitige Warnung: Wie kann ein Konkurs abgewendet werden?
In dem Bericht wird empfohlen, dass Unternehmen rechtzeitig von Außenstehenden beraten werden sollten, damit finanzielle Schwierigkeiten früher erkannt werden und die Chancen für eine erfolgreiche Umstrukturierung/Sanierung steigen. Es deutet einiges darauf hin, dass entsprechende Fortbildungskurse für Unternehmer, die einen Neubeginn wagen, und für Unternehmensberater bei der Verhinderung von Konkursen eine zentrale Rolle spielen können.

Rechtssysteme: Ist die Liquidation die einzige Lösung?
Die Rechtssysteme sollten eine Umstrukturierungsoption vorsehen. Nach Ansicht der Sachverständigengruppe können die Chancen für eine erfolgreiche Umstrukturierung durch folgende Faktoren vergrößert werden: bessere Informationen über die zur Verfügung stehenden Sanierungsmöglichkeiten, Senkung der Schwellenwerte für die Inanspruchnahme dieser Möglichkeiten, Einschaltung von Krisen-Managern, Ermutigung von Schuldnern, die erkennen, dass sie ihre Verbindlichkeiten nicht mehr begleichen können, zur Inanspruchnahme des Insolvenzverfahrens, einfachere, effizientere und schnellere Verfahren und ein geringerer Schutz für bestimmte Gläubigergruppen während des Verfahrens.

Angesichts der speziellen Merkmale von Insolvenzfällen könnten bei Gericht spezielle Insolvenzkammern eingerichtet werden.

Unternehmen, die eindeutig nicht lebensfähig sind, sollten unter Berücksichtigung der Interessen aller Gläubiger so rasch wie möglich und auf geordnete Weise liquidiert werden.

Neubeginn: Sollten in Konkurs gegangene Unternehmer einen Neubeginn wagen?
Unternehmer, die einmal in Konkurs gegangen sind, lernen in der Regel aus ihren Fehlern und sind beim nächsten Mal erfolgreicher. Wenn in Konkurs gegangene Unternehmer ermutigt werden, es erneut zu versuchen, wirkt sich dies positiv auf das Wirtschaftswachstum aus. Daher sollte der unternehmerische Neubeginn von Unternehmern, die ohne eigenes Verschulden in Konkurs gegangen sind, gefördert werden.

Die Chancen für die erfolgreiche Weiterführung oder für die Neugründung eines Unternehmens können vergrößert werden, wenn veraltete und schädliche Beschränkungen, Rechtsverluste und Verbote, die Konkursschuldnern auferlegt werden, aufgehoben werden und wenn die Restschulden unter bestimmten Bedingungen frühzeitig erlassen werden.

Lt. Ansicht der Sachverständigen im Bericht sollten die Vorteile eines Neubeginns und einer erneuten unternehmerischen Tätigkeit durch eine entsprechende europäische Kampagne aufgezeigt werden.

Die Haltung der Gesellschaft: Wie kann die Stigmatisierung von in Konkurs gegangenen Unternehmern verhindert werden?
Dem Flash Eurobarometer Nr. 134 zufolge würden mehr als 50 % der Europäer in ein Unternehmen, das bereits einmal in Konkurs gegangen ist, nicht investieren. Zur Bekämpfung der negativen gesellschaftlichen Einstellung zum Konkurs empfiehlt der Bericht Informations- und Bildungsprogramme.

Wenn offiziell festgestellt wird, dass bei einem Konkurs „kein konkretes Verschulden“ des Schuldners vorlag, sollte diese Information ferner kostenlos und öffentlich zugänglich sein.

Darüber hinaus empfehlen die Sachverständigen den Behörden, gegebenenfalls Unternehmen und Finanzkreise zu unterstützen, die einem Unternehmen, das sich in Schwierigkeiten befindet, das Überleben ermöglichen wollen.
 
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