Liebscher und Duchatczek berichten dem Finanzausschuss
Wien (pk) - Nationalbank-Gouverneur Klaus Liebscher und Vizegouverneur Wolfgang Duchatczek äußerten
sich am Freitag (07. 11.) vor dem Finanzausschuss in ihrem Bericht über die
geld- und währungspolitischen Maßnahmen im laufenden Halbjahr vorsichtig optimistisch hinsichtlich eines
wirtschaftlichen Aufschwunges in der Eurozone und in Österreich. Klaus Liebscher meinte, der historisch niedrige
Zinsstand, der Anstieg des Wachstums und der für die Entwicklung der Realeinkommen günstige Inflationstrend
ließen einen Aufschwung erwarten. Zu Optimismus gebe auch die amerikanische Wirtschaft Anlass, die im dritten
Quartal überaus dynamisch gewachsen ist. Ein Risiko könnte allerdings das US-Zwillingsdefizit aus Budget-
und Leistungsbilanzdefizit bedeuten. Insgesamt gehe die Nationalbank von einem Wachstum für den Euroraum im
laufenden Jahr in der Größenordnung von 0,4 bis 1 % aus und rechne für 2004 mit einem Wachstum
von 1,1 bis 2,1 %, teilte Liebscher mit. Was die Inflation betrifft, sprach Liebscher von einem rückläufigen
Trend. Für 2004 sollte seiner Einschätzung zufolge die Teuerung im Euroraum auf unter 2 % sinken.
Jüngste Entwicklungen in einzelnen europäischen Staaten erfüllten Liebscher, wie er sagte, mit Sorge.
So würde die Verletzung des Stabilitätspaktes durch Frankreich und Deutschland die Glaubwürdigkeit
der gesamten europäischen Fiskalpolitik gefährden, warnte er und forderte aus ökonomischen Gründen
eine absolute Einhaltung des Paktes.
Zur österreichischen Situation merkte Liebscher an, die heimische Wirtschaft sei gedämpft, aber rascher
als der Euroraum gewachsen. Die Eckpfeiler des kürzlich vorgelegten Konjunkturpaketes III der Bundesregierung
sollten mittelfristig stimulierend wirken, meinte er. Für dieses Jahr erwartete Liebscher ein BIP-Wachstum
von 0,8 bis 0,9 %. Im Jahr 2004 sei mit einer Beschleunigung auf 1,6 % zu rechnen.
Mit einer Defizitquote von 1,3 % liege Österreich durchaus gut im europäischen Rahmen, sagte Liebscher.
Dieser Wert dürfte auch nächstes Jahr gehalten oder sogar unterschritten werden. Liebscher betonte, dass
nur vier Euroländer 2003 eine bessere öffentliche Gebarung als Österreich aufweisen.
Die Pensionsreform müsse nach den ersten Schritten weitergeführt werden, mahnte Liebscher, ebenso bestehe
Handlungsbedarf bei der Gesundheitsreform und der Verwaltungsreform. Als Manko wertete Liebscher darüber hinaus
die geringe Verfügbarkeit von Risikokapital für innovative, junge Unternehmen. Sämtliche Maßnahmen
zur Stärkung des Kapitalmarktes wären deshalb zu begrüßen.
Vizegouverneur Wolfgang Duchatczek teilte zur Entwicklung auf dem Finanzsektor mit, der Aktien- und Anleihenmarkt
gehe parallel mit dem konjunkturellen Umfeld. Nachdem sich die Erwartungen leicht aufgehellt hatten, seien sowohl
Kurse als auch Zinssätze gestiegen. Sorge bereitete Duchatczek der überproportional hohe Anteil Österreichs
bei Fremdwährungskrediten.
Im Zusammenhang mit der Euro-Einführung zeigte sich Duchatczek überdies über den Umstand überrascht,
dass nach wie vor 12. Mrd. S nicht in Euro umgetauscht wurden. |