Hanreich: Stärkere Ausrichtung der österreichischen Vorschriften auf die EU-Neuerungen
ab 1.5.2004 II. Wettbewerbssymposium der Wirtschaftskammer
Wien (pwk) - Die Bedeutung der Wettbewerbspolitik und des Kartellrechtsvollzugs auf europäischer
und nationaler Ebene hat in den letzten Jahren wesentlich zugenommen. Die große Reform des gesamten europäischen
Wettbewerbsrechts erreicht mit dem 1. Mai 2004 ihren Höhepunkt. Dann treten auf EU-Ebene die neuen Verordnungen
über die Fusionskontrolle und das Kartellverfahren mitsamt einem umfassenden begleitenden Modernisierungspaket
in Kraft.
"Ab diesem Zeitpunkt wird die Welt des Kartellvollzugs auch in den Mitgliedstaaten nicht mehr die gleiche
sein", stellte der Leiter der Abteilung für Rechtspolitik in der Wirtschaftskammer Österreich, Doz.
Hanspeter Hanreich, am Freitag zur Eröffnung des II. Wettbewerbssymposiums ("Österreichische Wettbewerbspolitik
auf dem Weg zu neuen Ufern") im Haus der Wirtschaft fest. Hochrangige Experten, darunter der Generaldirektor
der Bundeswettbewerbsbehörde, Univ.Prof. Walter Barfuß, der stv. Vorsitzende der Wettbewerbskommission,
Univ.Prof. Gunther Tichy, Bundeskartellanwalt Dr. Alfred Mair und Dr. Erich Schwarzenbacher vom Oberlandesgericht
Wien, diskutieren im Verlauf der Tagung die Erfahrungen mit dem neuen österreichischen Kartellvollzug und
werfen einen Blick in die Zukunft, vor allem in Hinblick auf die Neuerungen auf EU-Ebene.
Zu den wesentlichen Neuerungen zählt, so Hanreich, die umfassende Anwendung des gesamten EU-Wettbewerbsrechtes
in den Mitgliedsstaaten auch durch die nationalen Wettbewerbsbehörden und Zivilgerichte, die umfassende Zusammenarbeit
der EU-Kommission und der nationalen Behörden im European Competition Network (ECN) sowie die weitgehende
Überlagerung des nationalen Kartellrechts durch das europäische Wettbewerbsrecht.
Aus Unternehmersicht sind die europäischen Reformen positiv zu bewerten, insoweit sie zu einer "Ökonomisierung"
des Wettbewerbsrechtes führen, d.h. nicht die äußere juristische Gestalt eines kartellrechtlichen
Sachverhaltes ist entscheidend, sondern die tatsächlichen wirtschaftlichen Wirkungen auf Markt und Verbraucher.
Problematisch ist allerdings die steigende Komplexität des Kartellrechts.
Auf österreichischer Ebene hat die Kartellgesetznovelle 2002 vor allem Veränderungen im institutionellen
Gefüge des heimischen Kartellrechtsvollzugs gebracht. "Die Reform ist ein Schritt in die richtige Richtung",
erklärt Hanreich. Kritik wird jedoch an der mangelnden Effizienz und Transparenz der neuen Wettbewerbsaufsicht
vorgebracht. Aus Sicht der Wirtschaftskammer könnte dieser Problematik in erster Linie dadurch begegnet werden,
indem die Position der antragstellenden Kartellbehörden personell und finanziell gestärkt wird.
Ziel einer (in Arbeit befindlichen) Reform des Kartellgesetzes müsse eine stärkere Ausrichtung der österreichischen
Vorschriften auf die europäischen Herausforderungen sein, die ab 1. Mai auf Österreich zukommen. Dazu
gehören eine Durchforstung der Bestimmungen (inwieweit diese noch zeitgemäß sind), eine Harmonisierung
der Verfahrensabläufe sowie die Sicherung der Möglichkeiten für in Österreich tätige Unternehmen,
durch entsprechende Antragsmöglichkeiten beim Kartellgericht weiterhin ein hohes Maß an Rechtssicherheit
erlangen zu können. |