Paris (esa) - Ein Projekt zum Einsatz von Erdbeobachtungs-Produkten als Hilfe zum
Schutz bedrohter Berggorillas hat in Paris bei einem Treffen der Nutzer der Daten über die entlegenen Regenwälder
Zentralafrikas einen Sprung nach Vorne gemacht.
Der Mensch hat sich als schlechter Nachbar für die bedrohten Berggorillas erwiesen, von denen angenommen wird,
dass nur noch ein paar Hundert überlebt haben. Die Gorillas siedeln in den hoch gelegenen Regenwäldern
Ruandas, Ugandas und der demokratischen Republik Kongo, konzentriert auf eine Reihe von Nationalparks, die über
diese drei Länder verteilt sind. Entwaldung und illegale Wilderung bilden eine Bedrohung für diese Habitate
- und für das Überleben der Gorillas.
Die Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) hat diese Nationalparks
zum Weltkulturerbe erklärt. Trotz ihres geschützten Status dringen die jahrelangen Unruhen in der Region
und damit einhergehende Flüchtlingsbewegungen in diese Gebiete ein, in denen Menschen Wald für den Ackerbau
oder als Brennstoff roden.
Ein gemeinsames Projekt der ESA und der UNESCO mit dem Namen BeGO - Build Environment for Gorilla - begann im vergangenen
April mit der Absicht, Satellitenbilder und Produkte dieser verstreuten und oft unzugänglichen Habitate den
Umweltgruppen und Behörden zur Verfügung zu stellen, die sich mit dem Schutz dieser Lebensräume
befassen.
In der letzten Woche fand ein dreitägiger BeGO-Workshop im UNESCO-Hauptquartier in Paris statt.
Versammelt waren dort Experten des International Gorilla Conservation Programme, der Wildlife Conservation Society
und des Dian Fossey Gorilla Fund International sowie des Institut Congolais de Conservation de la Nature.
Ebenfalls anwesend waren Vertreter des Great Ape Survival Project (GRASP) der Vereinten Nationen und Behördenvertreter
des Virunga National Parks im Kongo, der an Ruanda und Uganda angrenzt.
Sie trafen dort auf Vertreter der ESA und der UNESCO ebenso wie auf Techniker von Synoptics, dem in den Niederlanden
ansässigen Unternehmen, das die BeGO-Daten liefern soll.
Die Diskussionen umfassten verschiedene operationelle Aspekte des Projekts wie die Abstimmung der Anforderungen
der Nutzer – einschließlich der Festlegung auf eine geometrische Projektion, auf die alle Satelliten-gestützten
Produkte standardisiert werden müssen – sowie die Organisation der Kampagne zur Erfassung der Bodendaten.
"Es wird für alle, die in diesem Bereich arbeiten, von großem Wert sein, dass wir alle mit den
gleichen, zuverlässigen Karten mit Raumbezug arbeiten werden," sagt Professor H. Dieter Steklis von der
Rutgers Universität, wissenschaftlicher Leiter des Dian Fossey Gorilla Fund International. "Es wird die
übergreifende Zusammenarbeit und komplexe Analysen von Daten unterschiedlicher Herkunft wesentlich praktikabler
machen."
Eine derartige Standardisierung ermöglicht es, dass alle Ergebnisse in ein Standard-Geoinformationssystem
(GIS) übernommen werden können, um verschiedene Datensätze anzugleichen, ähnlich wie unterschiedliche
Karten übereinander gelegt werden können, um mehr über einen gegebenen Ort zu lernen.
Der Dian Fossey Fund benutzt GIS bereits zur Modellierung von Gorillabewegungen, Habitaten und Umweltfaktoren.
Als Eingangsdaten dienen GPS-Koordinaten, die Waldpatrouillen zu Gorilla-Aufenthaltsorten und Wilderungsaktivitäten
gesammelt haben. Allerdings basiert das GIS derzeit auf altem Kartenmaterial, das teilweise noch von 1936 stammt.
BeGO wird neue Karten im Maßstab 1:50000 schaffen, die als genauere GIS-Basis dienen werden.
"Besonders betont wurde die große Bedeutung genauerer Karten für die Schutzbemühungen,"
erläutert Mario Hernandez von der UNESCO. "Die GPS-Technologie erlaubt es Anwendern, vor Ort die Koordinaten
von Plätzen zu erfassen, an denen Gorillas siedeln - zur Zeit ist es jedoch so, dass sich bei Versuchen, diese
Punkte auf Karten einzuzeichnen, herausstellt, dass die Karten nicht stimmen."
"Selbst die genauen Grenzen von Staaten und Nationalparks sind auf dem Boden ungewiss. Es gibt Siedler, die
in einem Park leben und behaupten, sie befänden sich tatsächlich außerhalb des Parks. Genaue Karten
werden die Behörden wesentlich dabei unterstützen, die Grenzen mit lokalen Gemeinden zu diskutieren und
momentan bestehende Streitigkeiten beizulegen."
Übereinstimmung wurde auch darüber erzielt, welche Arten von Vegetationsklassen aus dem 10 Jahre umfassenden
Satellitenarchiv abgeleitet werden, um zu verstehen, wie sich die Habitate in den letzten 10 Jahren verändert
haben und welche Auswirkungen dies auf die Gorillas hatte.
"Eine detaillierte Vegetationsklassifizierung über das gesamte Gebiet ist etwas, an dem wir beim Dian
Fossey Fund starkes Interesse haben," sagt Steklis. "Es hilft dabei, offene Forschungsfragen zu klären,
wie sich Gorillas durch ihre Umgebung bewegen und diese nutzen, wo die maximalen Kapazitäten der Habitate
liegen und wie sich diese über die Zeit ändern. Diese Informationen sind naheliegenderweise auch für
lokale Behörden nützlich, die sich um die Gorillas kümmern."
Die Notwendigkeit, aus den Satellitendaten ein digitales Höhenmodell mit verbesserter Auflösung zu schaffen,
wurde ebenfalls hervorgehoben. Im Virunga Nationalpark in der demokratischen Republik Kongo zum Beispiel erstreckt
sich das Gelände vom Meeresspiegel bis auf Höhen von fast 5000 Metern. Bis jetzt wurden die existierenden
digitalen Höhenmodelle auf Basis der gleichen Karten aus der Zeit um 1930 erstellt, wobei einige ausgewählte
Bereiche auch durch Radardaten des Space Shuttle abgedeckt werden, die um die Mitte der 1990er Jahre erfasst wurden.
In diesem Jahre formalisierten ESA and UNESCO mit einer Unterschrift eine breit angelegte Initiative zur Nutzung
von Weltraumtechnologien zur Unterstützung der Weltkulturerbe-Konvention. Andere Weltraumagenturen haben sich
dieser Initiative angeschlossen: so plant das belgische PÖD föderale Wissenschaftspolitik den Einsatz
von Weltraumtechnologien zur Kartographierung aller Weltkulturerbe-Standorte in der demokratischen Republik Kongo.
Auf dem Workshop wurde angekündigt, dass Daten und Erfahrungen zwischen diesem Projekt und BeGO in vollem
Umfange ausgetauscht werden.
Zu den weiteren Nachrichten dieses Workshops zählt, dass die Ergebnisse der letzten Bestandsaufnahme der Berggorilla-Zahlen
am Boden in Kürze verfügbar sein sollen. Die vorherige Zählung ergab, dass die Gorillapopulation
im letzten Jahrzehnt einen leichten Anstieg von 620 auf ungefähr 677 verzeichnen konnte, was nahe legt, dass
die Schutzmaßnahmen greifen.
In der Folge dieses Workshops sollen die ersten BeGO-Produkte den Anwendern früh im nächsten Jahr ausgeliefert
werden. |