Die Rathaus-Skulpturen und ihre Modelle im Wien Museum
Wien (wienmuseum) - Das Wien Museum präsentiert den ersten Band des Bestandskatalogs seiner
Plastiken mit einer Ausstellung der Modelle zu den Rathaus-Skulpturen. Die Plastiken, die für ein besonders
wichtiges und interessantes Kapitel der Wiener Ringstraßenzeit stehen, sind im Rahmen der ständigen
Schausammlung vom 13. November 2003 bis 11. Jänner 2004 im Haus am Karlsplatz zu sehen.
Skizzen nach Gipsmodellen der Wappenträger von Kärnten und Tirol von Heinrich Fuss und eines Standartenträgers
für einen der kleinen Türme von Franz Gastell, 1880, Bleistift. 34 x 21 cm
© Museen der Stadt Wien |
Die Museen der Stadt Wien besitzen rund 1.600 Plastiken aus dem 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Diese sollen
nach und nach in einem mehrbändigen Katalog allgemein zugänglich gemacht werden. Für den ersten
Band dieser Reihe wurde ein Kernstück der Sammlung herausgegriffen: die über 80 Modelle zu den Rathaus-Skulpturen.
Gemeinsam mit Fotos der ausgeführten Statuen sind sie in einem von Traute Fabich-Görg erarbeiteten Katalog
publiziert. Der mit über 190 Abbildungen reich illustrierte Band ist im Böhlau Verlag, Wien 2003, erschienen.
Das Rathaus, neben der Stephanskirche und Schloss Schönbrunn eines der bekanntesten Wiener Wahrzeichen, wurde
zwischen 1873 und 1883 von Friedrich Schmidt erbaut. Das plastische Programm gehört zu den spannendsten Kapiteln
der Ringstraßen-Kunst. Die vielen Statuen an den vier Fassaden illustrieren öffentliche Botschaften
der Stadtverwaltung zur Zeit eines wirtschaftlich und politisch erstarkenden Bürgertums.
Selten hat man Gelegenheit, die in Skulpturen umgesetzte politische Vision hoch oben auf der Rathausfassade aus
der Nähe zu betrachten. Der Katalog wie auch die Präsentation ausgewählter Gipsmodelle im 2. Stock
des Wien Museums Karlsplatz ermöglichen die nähere Begegnung mit diesem Kapitel der Wiener Stadtgeschichte.
Die Gipsmodelle dienten als Entwürfe zu den Skulpturen, die dann mehr oder weniger verändert ausgeführt
wurden. Sie zeigen den großen künstlerischen Einsatz, der zur Schöpfung dieses Gesamtkunstwerkes
des Historismus beigetragen hat.
Errichtet wurde das "neue" Rathaus als Monument der bürgerlichen Emanzipation, als Symbol städtischer
Selbstverwaltung. Daher auch der Titel der Ausstellung "Wiener Stolz". Das alte Rathaus in der Wipplinger
Straße konnte lange schon nicht mehr den praktischen Herausforderungen der zunehmenden kommunalen Selbstverwaltung
wie auch dem gesteigerten Prestigebedürfnis des emanzipierten Bürgertums genügen. Ein Neubau wurde
notwendig.
Um das "neue" Rathaus zum Identifikationsobjekt für die Bürger Wiens werden zu lassen, ließ
Friedrich Schmidt die Fassaden und den Festsaal mit reichem Skulpturenschmuck ausstatten. In der Zeit der Erbauung
stellten die Plastiken die Verbindung zwischen dem Außen und dem Innen, der Stadt und ihren offiziellen Vertretern
dar. Vor allem die Hauptfassade ist steingewordenes Geschichtsbild: Die Figur der Vindobona inmitten der Kronländer
bestätigte Wien als Haupt- und Residenzstadt eines großen Reiches. Gewappnete Bürger verdeutlichten
deren Beitrag zu den für die Stadt politisch bedeutenden Ereignissen - den Türkenbelagerungen, den Franzosenkriegen,
der Revolution von 1848 und der Schlacht von Solferino 1859. Von der Ausdehnung der Stadt und dem Anwachsen zur
Metropole erzählen die Figuren der neu eingemeindeten Vorstädte. Statuen verschiedener Berufsgruppen
unterstreichen den Bürgerfleiß als Voraussetzung für die wirtschaftliche Blüte Wiens. Weibliche
Allegorien symbolisieren Aufgaben und Tugenden der Bürgerschaft.
26 Künstler waren an Entwurf und Ausführung der Modelle und Statuen beteiligt. In der Publikation sind
deren Leben und Beitrag zur Gestaltung der Ringstraße in kurzen Biografien aufgeführt. Dem eigentlichen
Katalogteil vorangestellt sind einleitende Kapitel zum geschichtlichen und politischen Umfeld, aus dem sich erst
Lesbarkeit und Verständnis für die Darstellungen ergeben. Archivmaterial, zeitgenössische Quellen
und Zeichnungen zur Programmgestaltung und zur Datierung zeigen die mehr als 10-jährige Entwicklung des Skulpturenprogramms
von konventionellen zu zeitgemäßen Inhalten der liberalen Ära der Ringstraßenzeit.
Eröffnung: Mittwoch, 12. November 2003, 18.00 Uhr
Ausstellungsort: Wien Museum Karlsplatz, 1040 Wien, Karlsplatz
Ausstellungsdauer: 13. November 2003 bis 11. Jänner 2004
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag und Feiertag 9.00 bis 18.00 Uhr
geschlossen am 25. Dezember 2003 und 1. Jänner 2004 |