Bonn (alphagalileo) - Wahre Fans haben den Termin schon vor Monaten im Kalender
rot angestrichen. Am kommenden Samstag, 8. November, hat ihr Sehnen ein Ende. Dann erscheint der fünfte Band
der Harry-Potter-Saga endlich auf deutsch. Für Uwe Baumann, Anglistik-Professor an der Universität Bonn,
steht der Erfolg von „Harry Potter und der Orden des Phoenix“ bereits fest. Und er weiß auch, warum: „Die
Autorin Joanne K. Rowling mischt sehr geschickt Charaktaristika des klassischen Bildungsromans mit Krimi- und Abenteuer-Elementen
und würzt das Ganze mit einer Prise Fantasy und Romantik.“ Diese Rezeptur scheine bei ihren Lesern blendend
anzukommen. „Anfang der 90-er Jahre feierte der historische Kriminalroman Erfolge, indem er beispielsweise Verbrechen
im alten Rom und im England des Mittelalters stattfinden ließ. Der besondere Pfiff Harry Potters liegt ebenfalls
in der innovativen Mischung traditioneller Elemente.“
Professor Baumann stieß durch seine beiden Söhne auf die Abenteuer des schwarzhaarigen Zauberschülers.
„Ich war vielleicht nicht so begeistert wie sie, aber jedenfalls sehr fasziniert.“ Vor allem davon, wie geschickt
Rowling an die Alltagsrealität ihrer kleinen Leser anknüpft; beispielsweise, indem sie ihre Geschichten
in einem – bei allen skurrilen Details – letztlich doch „typischen“ Internat ansiedelt. Oder indem sie die Zauberschüler
über Vor- und Nachteile der neuesten Rennbesen fachsimpeln lässt – „ein ausgesprochen hübsches Detail“,
schmunzelt der Anglist.
Rowlings Figuren sind zudem keine „Typen“, sondern komplexe Charaktere mit Zweifeln und Widersprüchen, und
bieten gerade dadurch Identifikations-Möglichkeiten für alle Altersgruppen. „Wer kennt ihn nicht, den
permanenten Sündenbock im Unterricht von Snape? Oder die Pubertäts-Probleme, die in Band 5 zunehmend
eine Rolle spielen – Harrys Selbstzweifel beispielsweise oder sein angespanntes Verhältnis zur bislang unantastbaren
Autoritätsperson Dumbledore?“ Die Protagonisten scheinen tatsächlich im Laufe der Bände zu altern
– der Harry aus Band 1 hat ganz andere Probleme als der aus Band 5 und drückt sie auch sprachlich ganz anders
aus. „Das macht Rowling einfach, aber sehr geschickt.“ Dazu komme ihr liebevoller Blick fürs Detail und ihre
Gabe, „unglaublich eindrucksvolle Gestalten“ wie den Wildhüter und Aushilfslehrer Hagrid zu erfinden.
Eine Kritik hat der Professor für englische Literatur und ehemals begeisterte Fußball- und Eishockeyspieler
denn doch, und zwar an der Zaubersportart Quidditch. „Der spielentscheidende ‚goldene Schnatz‘ kann seine Flugbahn
ohne jedes Zutun der Mitspieler nach magischen Regeln ändern. Über das Spielergebnis entscheidet dadurch
viel zu sehr der Zufall!“ |