Österreichische Hochenergie-Physiker sind an der Entdeckung eines ungewöhnlichen, subatomaren
Teilchens beteiligt.
Wien (oeaw) - Ein internationales Team von Wissenschaftern, darunter Forscher des Instituts für
Hochenergiephysik der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), hat am Japanischen Teilchenlabor
KEK in der Nähe von Tokio ein neues, subatomares Teilchen mit ungewöhnlichen Eigenschaften entdeckt.
Das Teilchen, dem die Physiker den Namen X(3872) gegeben haben, hat in etwa die Masse des Heliumatoms und zerfällt
nach dem Milliardstel einer Billionstel-Sekunde in langlebigere und weniger ungewöhnliche Teilchen. Obwohl
diese Lebensdauer nach unseren alltäglichen Begriffen unvorstellbar kurz ist, ist sie doch eine Ewigkeit für
ein Elementarteilchen dieser Masse. Die Entdeckung wurde vor kurzem vom Experiment CDF am Fermi-Lab in Illinois
(USA) bestätigt.
Üblicherweise ist die Entdeckung neuer Zustände (Teilchen) kein außergewöhnliches Ereignis.
X(3872) sorgt aber weltweit für besonderes Interesse unter Physikern, da es in kein bekanntes Schema zu passen
scheint. Normale Mesonen bestehen aus einem Quark-Antiquark-Paar, das von der starken Wechselwirkung zusammengehalten
wird. X(3872) lässt sich aber aufgrund seiner Masse und seiner Zerfallseigenschaften nicht in dieser Weise
deuten. Theoretische Physiker vermuten deshalb, dass das Teilchen einem neuen Typ von Mesonen angehört, die
aus zwei Quark-Antiquark-Paaren bestehen anstatt wie normalerweise aus einem einzigen.
Das neue Teilchen wurde unter den Zerfallsprodukten so genannter B-Mesonen gefunden, die im Elektron-Positron-Beschleuniger
am KEK in großer Anzahl produziert werden. Dort arbeitet ein Wissenschafter-Team aus insgesamt elf Ländern
am Belle-Detektor, der für die Erforschung subatomarer Teilchen konzipiert wurde.
Die Entdeckung wurde in der aktuellen Ausgabe von Physical Review Letters, einem der angesehensten physikalischen
Journale, publiziert. |