Verkehrspolitik / ÖBB-Reform  

erstellt am
21. 11. 03

 Gusenbauer: SPÖ lädt alle von der Regierung ausgeladenen Experten zu einem Hearing über ÖBB-Reform ein
Van Staa, Haider, Häupl und Präsidenten der AK und der WK sollen zu Wort kommen
Wien (SK) "Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses, SPÖ-Abgeordneter Kurt Eder wird für kommenden Montag vor Beginn der Verhandlungen im Verkehrs-Unterausschuss alle jene Experten zu einem Hearing über die ÖBB-Reform einladen, die von der ÖVP/FPÖ-Regierung abgelehnt und ausgeladen wurden", kündigte SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer Donnerstag in einer Pressekonferenz an. Zu diesem Hearing werden auch alle Abgeordneten aller Fraktionen des Verkehrsausschusses eingeladen, damit sie einen "möglichst hohen Informationsstand über die ÖBB-Reform erhalten", so Gusenbauer, am Donnerstag (20. 11.) in einer Pressekonferenz.

Eingeladen werden demnach die Landeshauptleute Van Staa, Haider und Häupl, die Präsidenten der Arbeiter- und Wirtschaftskammer Tumpel und Leitl, der britische Verkehrsexperte Jon Shaw, sowie die Chefs des Städte- bzw. des Gemeindebundes Pramböck und Mödlhammer. Die Einladungen werden heute verschickt. "Jetzt geht es darum, dass endlich über Verkehrspolitik diskutiert wird und nicht darüber, ob die Reform nun einen Tag früher oder später beschlossen wird", unterstrich Gusenbauer. Entscheidend könne sein, ob die ÖBB-Reform beispielsweise am 16. Dezember beschlossen wird und bis dahin zwei Wochen intensive Beratungen über diese wichtige Materie abgehalten werden.

Die SPÖ gebe den Experten das Wort, damit "endlich der Weg der Vernunft eingeschlagen werden kann", so Gusenbauer. Dieser Weg sei endlich wieder zu finden nach den "sinnlosen Konfrontationen über die ÖBB-Reform, die vermieden werden hätten können, wenn sich Kanzler Schüssel und die Bundesregierung vernünftiger verhalten hätten". Gusenbauer spricht sich dafür aus, dass die Zeit der "Hahnenkämpfe" nun vorbei sein müsse.

Die SPÖ trete für die Einheitlichkeit des Unternehmens ÖBB ein. Es soll nach Vorstellung der Sozialdemokratie eine operative Holding gebildet werden, darunter können dann eigenständige GesmbHs angesiedelt werden, allerdings müsse das Durchgriffsrecht der Holding erhalten bleiben. Und es solle endlich der Vorstand beauftragt werden, ein entsprechendes Konzept zu erarbeiten. Er, Gusenbauer, habe den Eindruck, dass der Aufsichtsrat und der Vorstand der ÖBB nicht viel bei der vorliegenden ÖBB-Reform zu reden gehabt haben. "Wenn man schon hochbezahlte Manager hat, dann sollen sie an der Reform auch mitarbeiten. Ich habe den Eindruck, dass sie das auch wollen", so Gusenbauer. Jedenfalls würde das SPÖ-Konzept eine höhere Wirtschaftlichkeit ergeben, den Erhalt der Einheitlichkeit des Unternehmens und den stärkeren Ausbau der Infrastruktur.

Gusenbauer analysierte im Zuge der Pressekonferenz auch den Begriff "Reform" nach Lesart der ÖVP-geführten Regierung und dabei komme heraus, dass dieser Begriff "Konfrontation, Stillstand, Zerschlagung und Chaos" bedeutet. Das sei die Reformbilanz der Regierung Schüssel. Man dürfe sich dann nicht wundern, wenn die Menschen beim Wort Reformen sofort ihr Geldbörsel festhalten. Die Politik der Regierung führe zu einer Diskreditierung des Begriffs Reform. "Es wird ein Reformunwillen, eine Reformmüdigkeit in der Bevölkerung erzeugt, und das ist schade und schlecht für Österreich, weil wir brauchen dringend Reformen", sagte Gusenbauer. Es müsse verstärkt über Inhalte und Zielsetzungen von Reformen gesprochen werden, das hat auch die Kritik des Rechnungshofes an der ÖBB-Reform zum Ausdruck gebracht. Denn der Rechnungshof habe schlanke Strukturen bei den ÖBB gefordert und herausgekommen sei das Gegenteil - eine Aufblähung der Führungsebenen, sodass Teile der ÖBB sogar konkursgefährdet werden.

Als Beispiel für Stillstand nannte der SPÖ-Chef die Gesundheitsreform, die seit langer Zeit angekündigt ist und die als Reform des Hauptverbands begonnen und als Ergebnis die Ambulanzgebühren gebracht habe. Mittlerweile sei die Hauptverbandsreform von Verfassungsgerichtshof wieder aufgehoben und die Ambulanzgebühren seien zurückgenommen worden. Das Ergebnis ist Stillstand, so Gusenbauer. Als Beispiele für Zerschlagung zählte der SPÖ-Vorsitzende die Voest und die ÖBB auf und als Beispiel für Chaos die Universitätspolitik, wo jetzt die Mittel fehlen, um einen regulären Universitätsbetrieb aufrecht zu erhalten. Zu diesen Definitionen kämen noch die Belastungspolitik und uneingelöste Versprechen wie bei der Pensionsreform, als versprochen wurde, im Herbst komme die Harmonisierung. "Wir warten immer noch darauf. Ohne Harmonisierung der Pensionssysteme bleibt die Pensionsreform nur eine einseitige Pensionskürzungs-Reform für die ASVG-Versicherten", so Gusenbauer.

In diesem Zusammenhang verwies Gusenbauer auf die Kritik von Experten an der ÖBB-Reform, wie die des Kanzlerberaters Wilfried Stadler, der einen strukturellen Fehler in der Gründung von Aktiengesellschaften sieht, da kein Durchgriffsrecht vorhanden ist und die Gefahr der Zerschlagung besteht. Der Vizerektor der Wirtschaftsuniversität, Ewald Nowotny, erklärte, dass die Reformpläne auf dem Stand europäischer Erfahrungen vor sechs Jahren basieren. "Das heißt, die Pläne sind veraltet und unmodern", so Gusenbauer. Der Geschäftsführer der Schienen Control GmbH, Gerhard Fuhrmann, wiederum sieht in der Teilung des Unternehmens den "Todesstoß für Österreichs Verkehrspolitik". Ewald Wallnöfer, Vorstand der Tiroler Wasserkraft AG, bezeichnet die Spaltung der Infrastruktur als "höchst unvernünftig" und es liege der Verdacht nahe, "dass man eine Struktur schaffen will, die man anschließend privatisieren möchte".

 

 Lopatka: Stillstand ist nur bei der SPÖ festzustellen
Während SPÖ von Stillstand spricht, wehrt sie sich beharrlich gegen notwendige Reformen
Wien (övp-pk) - Der Bundesregierung Stillstand vorzuwerfen, wie dies SPÖ-Vorsitzender Dr. Alfred Gusenbauer getan habe, sei "vollkommen haltlose Oppositionsrhetorik" sagte ÖVP-Generalsekretär Abg.z.NR Dr. Reinhold Lopatka am Donnerstag (20. 11.). In Wahrheit sei es die SPÖ, die den Stillstand zur obersten Maxime erhoben habe.

"Alleine im nächsten Jahr werden dank des Gesundheitspaketes 120 Mio. Euro im Medikamentenbereich eingespart, was die größte Entlastung der Geschichte für die Patienten, aber auch für das Gesundheitssystem insgesamt ist", betonte Lopatka. "Wenn Gusenbauer trotzdem von Stillstand in der Gesundheitspolitik spricht, zeigt dies, dass er in erster Linie an unqualifizierten Rundumschlägen in Richtung Regierung interessiert ist." Dass ihm das Thema kein wirkliches Anliegen sei, habe man bereits im Oktober feststellen können: "Während des damaligen Gesundheitsdialoges hat es Gusenbauer ja vorgezogen im Ausland zu verweilen, was wohl kein Zeichen für besonderes Engagement in dieser Sache ist", so Lopatka.

Bezüglich der ÖBB-Reform habe der ehemalige ÖBB- Infrastrukturvorstand Helmut Hainitz erst vor kurzem festgestellt, dass die Strukturreform schon viel früher hätte kommen müssen, so Lopatka. "Damit hat wieder einmal ein Experte bestätigt, dass der Weg der Bundesregierung der richtige ist", sagte Lopatka: "Wir werden die Bahn mit den gesamten Strukturreformen wettbewerbsfähig machen und sie vor einem 'Konsum'-Schicksal bewahren." Das sei notwendig und müsse so schnell als möglich erfolgen. Wenn Gusenbauer jetzt ein eigenes Expertenhearing ankündige, werde er die notwendigen Reformen trotzdem nicht verhindern können. "Das ist die Politik der SPÖ. Reformunwilligkeit, Besitzstandswahrung und der ständige Versuch, notwendige Reformen hinauszuzögern, indem man versucht der Bundesregierung zu unterstellen, keine Gespräche geführt zu haben", so Lopatka. "Wir haben Gespräche geführt, und auch die von Gusenbauer zusammengestellte Expertenrunde wird zu dem Ergebnis kommen, dass Reformen notwendig sind", so der ÖVP-Generalsekretär.

"80 Prozent der Österreicher stehen in der ÖBB-Frage hinter dem Reformkurs der Bundesregierung, daher werden wir ihn unbeirrt fortführen. Ich appelliere an die Vernunft der handelnden Oppositionspolitiker, in den Sitzungen des Unterausschusses Reformwillen zu zeigen, sonst droht es, zwei Verlierer zu geben: Die ÖBB und mit ihnen die gesamte österreichische Wirtschaft", sagte Lopatka abschließend.
     
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