Von Irrtümern, frommen Lügen, Manipulationen und Fälschungen
Linz (mag) - Über Irrtümer, fromme Lügen, Manipulationen und Fälschungen der
Geschichte handelt die bevorstehende Ausstellung des Nordico-Museum der Stadt Linz (21. November 2003 bis 29. Februar
2004) im Rahmen des Kooperationsprojekts „echt falsch“. Der zeitliche Rahmen erstreckt sich vom Mittelalter bis
zur Gegenwart, der regionale Rahmen beschränkt sich auf die europäisch beeinflusste Kultur, wobei regionale
Aspekte (Linz, Österreich, Kaiserreich) im Vordergrund stehen.
Zirka 180 Exponate sind Beweis dafür, dass die Grenze zwischen echt und falsch fließend geworden ist
und eine eindeutige Positionierung schwieriger als je zuvor geworden ist. In allen Abteilungen sind Objekte zu
sehen, die in der Öffentlichkeit bis jetzt noch nicht oder nur unter einem anderen Blickwinkel betrachtet
wurden. Leichtgläubige BesucherInnen werden zweifellos erschüttert sein, Skeptiker werden ihre Befürchtungen
übertroffen sehen.
Tricks der Evolution
Vom Chamäleon bis zum Kuckucksei, den harmlosen Schwebfliegen, die sich als gefährliche Wespen ausgeben,
bis zum Menschen, der mittels plastischer Chirurgie alles Mögliche versucht, um besser auszusehen, reicht
die Palette der biologischen Tarn- und Täuschungsversuche.
5000 Jahre Fälschungsgeschichte
Keine Kultur ist so gut geeignet wie die ägyptische, um die Fälschungsbemühungen des Menschen
aufzuzeigen. Von der bereits zeitgenössischen Damnatio Memoriae, der Auslöschung von Namen hochgestellter
Persönlichkeiten, bis zum Touristennepp dieser Tage reichen die Beispiele der an sich kriminellen Delikte.
Zu sehen sind Exponate aus dem großen Fundus der Ägyptischen Sammlungen des Kunsthistorischen Museums
in Wien - als Höhepunkt eine gefälschte Mumie aus dem 18. Jahrhundert.
Auf dem Prüfstand der Geschichte
Bis in das 10. Jahrhundert sind in Europa die bis heute andauernden Bemühungen zurück zu verfolgen, Schriftstücke
fälschungssicher zu machen: Chirogramm, Siegel, Unterschrift wurden zu diesem Zweck erfunden. Das elektronische
Zeitalter eröffnet neue Möglichkeiten der eindeutigen Identifizierung, ist aber noch immer auf der Suche
nach der echten, nicht manipulierbaren elektronischen Unterschrift.
· Mittelalter
Die zweifellos wichtigste Urkunde zur Geschichte Österreichs, das „Privilegium Maius“ von angeblich 1156 ist
eine Fälschung aus der Zeit um 1360. Rund um sie sind falsche Heilige, falsche Reliquien und vieles mehr gruppiert.
Wer würde schon annehmen, dass der Heilige Christophorus ebenso fiktiv ist wie beispielsweise der ganz ernsthaft
verehrte Heilige Primitivus?
· Renaissance
Der Jüngling vom Magdalensberg als hervorragende Plastik der römischen Antike galt lange Zeit als Zymelie
des Kunsthistorischen Museums. Erst in den achtziger Jahren entdeckte man, dass es sich dabei um eine Kopie des
16. Jahrhunderts handelt. Aus Liebe zur Antike haben ihre Wiederentdecker, die Humanisten, selbst zur Feder gegriffen
und so manches gefälscht, was heute noch als original gilt. Zweifelhafte Stücke zieren diesen Raum.
· Barock
Die Zeit des Barock gilt als Epoche der überbordenden Lebensfreude, die sich in Kleidung und Festen
ebenso manifestiert wie in Skulpturen, Kirchen und Schlössern. Vieles davon war Erfindung oder nur schöner
Schein. Die Apotheose, die Vergöttlichung der Herrschenden wurde zum Programm von Kunst und Kultur.
· Die Moderne
Wer glaubt, dass durch den allgemeinen Informationszugang im Zeitalter der Medien Fälschungen unmöglich
wären, sieht sich schnell getäuscht. Sie werden nun als Mittel der Manipulation eingesetzt. Stalins Retuschen
sind ebenso ein Beispiel wie Hitlers Propagandamaschinen.
· Die Phantomzeit
Als Spitze der Fälschungsvorwürfe gilt die Behauptung eines Münchner Gelehrten, dass die
Zeit von ca. 600 bis 900 nach Christi erfunden sei. Der letzte Raum geht dieser Frage auf unerwartete Weise nach.
Buch und Katalog
Für den Besucher empfiehlt sich die Lektüre des Buches „echt_falsch“, welches im Verlag Kremayr &
Scheriau/Orac zum Gesamtprojekt erschienen er-schienen ist.
Für die Ausstellung selbst steht ein kleiner Katalog mit eingehenden Objektbeschriftungen zur Verfügung.
Buch echt_falsch 25.- Euro
Katalog „Mystifikationen“ 10.- Euro
Beide zusammen 30.- Euro
Öffnungszeiten
Montag bis Freitag 9 bis18 Uhr
Samstag, Sonntag 14 bis 17 Uhr
(Feiertage geschlossen) |