Nach dem ÖBB-Streik  

erstellt am
20. 11. 03

Fischer: »Motto Speed-kills erhöht Fehleranfälligkeit«ÖBB-Reform: Vorgehen der Regierung beweist für Fischer "Schwäche der argumentativen Basis"
Wien (sk) - Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat die Novelle der Gewerbeordnung, die von FPÖ und ÖVP im Jahr 2000 beschlossen wurde, aufgehoben. Dies teilte der stv. SPÖ-Vorsitzende und II. Nationalratspräsident Heinz Fischer am Mittwoch (19. 11.) in einer Pressekonferenz mit. Der VfGH hat die Gesetzesnovelle auf Antrag der SPÖ geprüft, dem SPÖ-Parlamentsklub wurde das Urteil am Montag zugestellt. Es ist auf der Homepage der SPÖ unter www.spoe.at nachzulesen. Fischer übte in diesem Zusammenhang Kritik daran, dass die Regierungsparteien trotz ihrer auffallenden Fehleranfälligkeit weiterhin an ihrem Grundsatz "Speed kills" festhalten.

Zahlreiche wichtige Gesetzesmaterien, wie die Zivildienstnovellen, Ambulanzgebühren, Unfallrentenbesteuerung, Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz oder die Reform des Hauptverbandes, seien bereits vom VfGH aufgrund ihrer Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden, trotzdem halte die Regierung weiterhin an "Speed kills" fest, wie sich jetzt am Beispiel der ÖBB-Reform zeige. Der stv. SPÖ-Vorsitzende zeigte keinerlei Verständnis für das Vorgehen der Regierungsparteien bei der ÖBB-Reform. Am 11. November habe die Regierung den Ministerrats-Beschluss zur ÖBB-Reform gefällt und schon zwei Tage später haben FPÖ und ÖVP im Parlament einen Fristsetzungsantrag gestellt, um die Reform bereits im Dezember zu beschließen. Diese Vorgehensweise sei "unklug und provokant" und "ein Beweis für die Schwäche der argumentativen Basis", so Fischer.

Wer tatsächlich über gute Argumente verfüge, suche auch die Diskussion. Die Regierungsparteien "fürchten aber offensichtlich eine intensive Diskussion unter Beteiligung von Fachleuten", stellte der stv. SPÖ-Vorsitzende fest. In der Vergangenheit, so Fischer, habe es "trotz kompakterer Mehrheitsverhältnisse" mehr Mut gegeben, große Materien durchzuargumentieren. Schwarz-Blau würde aber lieber mittels Fristsetzungen agieren - auf diese Weise sei heuer auch das Budgetbegleitgesetz durch das Parlament gepeitscht worden.

Fischer stellte überdies fest, dass der Begriff "verhandeln" offensichtlich einem Bedeutungswandel unterworfen sei. Wenn die Regierung behaupte, sie hätte mit der Gewerkschaft ohnedies ausreichend über die ÖBB-Reform verhandelt, bedeute dies, dass man sich einige Male einem Ritual unterzogen habe, in dem man sich unter Beisein von Fernsehkameras um einen sogenannten Verhandlungstisch versammelt habe. Gleichzeitig sei aber immer betont worden, "dass die Eckpfeiler und Positionen unverrückbar sind", kritisierte Fischer. Mit dieser Haltung habe die Regierung auch dazu beigetragen, dass die Gewerkschaft ihre demokratisches Streikrecht nutzen musste, da man sie inhaltlich nicht ernst genommen habe.

Was die Unterausschuss-Beratungen zur ÖBB-Reform am 25., 26. und 27. November betrifft, zeigte sich Fischer wenig optimistisch: Wenn sich Staatssekretär Kukacka durchsetze, würden keine Experten zu den Beratungen eingeladen, "weil dies die Geduld der Regierungsparteien auf eine zu große Probe stellen würde". Außerdem dürfe sich nach den Vorstellungen von Kukacka auch an den Regierungsplänen zur Strukturreform nichts ändern - "trotz aller Warnungen von Expertenseite und trotz dem warnenden Beispiel Großbritannien", so Fischer.

 

 Lopatka: Opposition hat alle Möglichkeiten der Mitbestimmung
Fischer nach wie vor Chefideologe der SPÖ
Wien (övp-pk) - "Der Opposition sind bei der Gesetzesvorlage zur ÖBB-Reform alle Möglichkeiten der parlamentarischen Mitbestimmung unbenommen. Wenn sich die SPÖ auf konstruktive Arbeit konzentrieren würde, anstatt ständig gegen die Regierung zu polemisieren und mit vollkommen veralteten, aus den 70er-Jahren stammenden, ideologisch längst hinfälligen Instrumenten zu operieren, könnte sie ihre Möglichkeiten auch besser ausschöpfen", so ÖVP-Generalsekretär Abg.z.NR Dr. Reinhold Lopatka zu den jüngsten Aussagen des 2. Parlamentspräsidenten Heinz Fischer am Mittwoch (19. 11.). "Der präsumtive SPÖ-Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten" beweise mit seinen Aussagen erneut, dass er "nach wie vor der Chefideologe der SPÖ" sei.

Ein "Zeichen argumentativer Schwäche", wie Fischer es formuliert, sei nicht im Vorgehen der Bundesregierung zu finden, sondern vielmehr in der Ideen- und Inhaltslosigkeit der SPÖ. "Wer seine Parteigenossen in der Gewerkschaftsbewegung vorschickt, um die eigenen politischen Anliegen in der Öffentlichkeit glaubhafter präsentieren zu können, hat wohl kaum das Recht, anderen fehlende Glaubwürdigkeit zu unterstellen", so Lopatka.

"Letztlich erweisen sich auch die Vorwürfe die Aufhebung von Gesetzen betreffend als haltlos". Denn von 339 Anträgen seien nur 43 aufgehoben worden. "Davon sind 19 Landesgesetze und 18 Bundesgesetze, die vor der Regierung Schüssel I zustande gekommen sind." Nur sechs nach dem Jahr 2000 zustande gekommene Bundesgesetze, seien vom Verfassungsgerichtshof beanstandet worden. "Bleiben sie bei der Wahrheit, Herr Präsident. Im Interesse der gemeinsamen parlamentarischen Arbeit für die Österreicherinnen und Österreicher", so Lopatka abschließend.

 

 Bleckmann: Fischer leidet an Vorwehen des Präsidentschaftswahlkampfs
Parlamentarischer Fahrplan für ÖBB-Reform ausreichend
Wien (fpd) - "In den letzten Monaten wurde die ÖBB-Reform eingehend diskutiert. Daher ist der dafür vorgesehene Fahrplan im Parlament absolut ausreichend", betont FPÖ-General- sekretärin Magda Bleckmann am Mittwoch (19. 11.).

"Die ÖBB-Reform muss jetzt auf Schiene gebracht werden, damit die Bahn später nicht aus dem Gleis springt. Für eine weitere Verschleppung der Reformen, wie unter den SPÖ-Verkehrsministern jahrzehntelang praktiziert, stehen die Freiheitlichen sicher nicht zur Verfügung", so die FPÖ-Generalsekretärin.

Mit seiner Kritik am parlamentarischen Procedere stelle sich Nationalratspräsident Heinz Fischer selbst ein Armutszeugnis aus. Fischer leide derzeit offensichtlich bereits an den Vorwehen des Präsidentschaftswahlkampfs. Anders sei der Versuch des Nationalratspräsidenten auf seichten Niveau für die SPÖ parteipolitisches Kleingeld zu wechseln, nicht zu erklären, so Bleckmann abschließend.
     
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