Branchenbericht der Bank Austria Creditanstalt: Optimismus in den Unternehmer- erwartungen wächst,
Exporte legen zu und die Handelsbilanz verbessert sich
Wien (ba-ca) - Die aktuelle Konjunkturentwicklung der österreichischen Nahrungsmittelhersteller
und -verarbeiter ist stabil. Zu diesem Schluss kommt Günter Wolf im jüngsten Branchenbericht der Bank
Austria Creditanstalt (BA-CA) Konzernvolkswirtschaft. Die Branche blieb vom Konjunktureinbruch schon in den letzten
Jahren weitestgehend verschont. Produktions-leistung und Umsatz sind um 2 bis 3 Prozent gestiegen und damit rascher
als im Industriedurchschnitt. Dieser Wachstumsvorsprung bleibt 2003 voraussichtlich erhalten. Positive Signale
kommen vor allem vom Optimismus in den Unternehmererwartungen und vom Außenhandel. Bis Juli 2003 sind die
Exporte mit Nahrungsmittel um 3,2 Prozent und mit Getränken um 13,4 Prozent gestiegen. Das Importwachstum
lag deutlich darunter (plus 0,3 Prozent bzw. plus 5,5 Prozent), womit sich die Handelsbilanz mit Nahrungs- und
Genussmitteln im Gegensatz zur gesamten Handelsbilanz weiter verbessern konnte.
Bemerkenswert war der Beschäftigungszuwachs in der Nahrungsmittelindustrie im August 2003: Plus 0,1 Prozent
im Vergleich zum Vorjahresaugust ist zwar vernachlässigbar gering, war aber das erste positive Monatsergebnis
seit mehr als acht Jahren. "Ein Ende der Marktbereinigung und der Unternehmenskonzentration in der Branche
kündigt die positive Entwicklung 2003 allerdings noch nicht an", so Günter Wolf. Nicht nur weil
die Beschäftigung in der Branche im September wieder um 0,2 Prozent zurückgegangen ist.
Mit der Übernahme des EU-Handelsregime Mitte der 90er Jahre sind der Konkurrenz- und Preisdruck in weiten
Teilen der Branche massiv gestiegen. Bis 2002 fielen den folgenden Restrukturierungsmaßnahmen ein Fünftel
der Betriebe und gut 12 Prozent der Arbeitsplätze zum Opfer. In diesem Zeitraum ist der Umsatz der heimischen
Nahrungsmittelindustrie im Vergleich zu den Exporten und Importen mit Nahrungsmittel relativ schwach gestiegen.
Österreichs Nahrungsmittelindustrie hat also sukzessive Inlandsmarktanteile verloren, konnte aber parallel
dazu in einigen Teilbereichen Auslandsmarktanteile gewinnen. "Einfach formuliert, stecken die Unternehmen
der Nahrungsmittelindustrie noch im Prozess der Spezialisierung auf ihre komparativen Vorteile", sagt BA-CA
Ökonom Günter Wolf. Stärkere Veränderungen sind noch in der Fleisch- und Milchverarbeitung
zu erwarten, Sparten, in denen die Diskrepanz zwischen erfolgreichen, innovativen Unternehmen und Unternehmen,
die nur Standardprodukte anbieten, sehr hoch ist.
Längerfristige Perspektiven der Nahrungsmittelindustrie werden wesentlich von der Entwicklung im Einzelhandel
und den Veränderungen der privaten Konsumnachfrage geprägt. Während die Verarbeitungsbetriebe die
Preiseinbußen bei Nahrungsmittel nach dem EU-Beitritt noch durch niedrigere Rohstoffpreise überwiegend
kompensieren konnten, hat der Preisdruck im Lebensmitteleinzelhandel auf ihre Erträge durchgeschlagen. Insgesamt
waren die Entlastung bei den Rohstoffkosten und die Produktivitätsgewinne zu gering um die Ertragsprobleme
der Nahrungsmittelindustrie, die in der zweiten Hälfte der 90er Jahre auftauchten, zu lindern. Gemessen an
ihrer Umsatzrentabilität, zuletzt 1,6 Prozent laut einer Erhebung der Österreichischen Nationalbank,
konnte die Branche den erheblichen Ertragsrückstand zum Industriedurchschnitt (2,5 Prozent) nicht aufholen.
Vor 1995 war die Nahrungsmittelindustrie noch eine der bestverdienenden Industriebranchen. Günter Wolf von
der BA-CA Konzernvolkswirtschaft: "Die Ertragsentwicklung lässt vermuten, dass die positiven Effekte
der Strukturanpassung in der Branche großteils am neu entstandenen Konkurrenz- und Ertragsdruck, der nicht
nur von Seiten des Einzelhandels kommt, verpufft sind."
Für eine weitere Marktbereinigung in der Nahrungsmittelindustrie sprechen schließlich die bescheidenen
Nachfrageperspektiven. So wachsen die Ausgaben der Österreicher für Nahrungsmittel und Getränke
deutlich langsamer als die gesamten Konsumausgaben. In den letzten zwei Jahrzehnten erreichten die Ausgabenzuwächse
durchschnittlich 2,8 Prozent im Jahr, bzw. 4,4 Prozent für Essen und Getränke, die außer Haus konsumiert
wurden. Der gesamte Konsum stieg gleichzeitig um durchschnittlich 5,2 Prozent im Jahr. Neue Absatzchancen findet
die Branche noch auf Auslandsmärkten - vor allem Osteuropa gilt als Hoffnungsmarkt - und im Wandel der Nachfragestruktur.
Allerdings können von den Exportmöglichkeiten, und von der wachsenden Nachfrage nach Fertiggerichten
beispielsweise, nur Teilbereiche der Branche profitieren. |