Nach dem ÖBB-Streik  

erstellt am
19. 11. 03

 Darabos - Schüssel trägt Verantwortung für volkswirtschaftlichen Schaden von bis 1 Mrd. Euro
»Bewusste Eskalationsstrategie« Schüssels
Wien (sk) - SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos wirft der Regierung Schüssel eine "bewusste Eskalationsstrategie" vor. Der Regierung gehe es offensichtlich um die "Zerschlagung wichtiger Einrichtungen - etwa der Sozialpartnerschaft und der Gewerkschaft - und um die Schwächung der stärksten Oppositionspartei: "Man glaubt, wenn man auf die Eisenbahner hinschlägt, schlägt man auch auf die SPÖ hin". Darabos machte in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures den Bundeskanzler für den volkswirtschaftlichen Schaden aus dem ÖBB-Streik in der Höhe von 800 Millionen bis einer Milliarde Euro verantwortlich.

Mit dem Streikende sei klar geworden, dass die Gewerkschaft im Gegensatz zur Regierung auf Dialog setze. Darabos äußerte den Verdacht, dass die Versprechen der Regierung gegenüber der Gewerkschaft nur gemacht worden seien, um für ein Streik-Ende zu sorgen. In vielen Punkten habe es nur ein "Scheineinlenken" der Regierung gegeben. "Es läuft weiterhin auf eine Zerschlagung bis hin zur Privatisierung der ÖBB hinaus", so Darabos, der es als "unverantwortlich" sieht, dass die Regierung trotz der Kritik des Rechnungshofes auf Zerschlagungskurs bleibt. Dies gehe aus den jüngsten Wortmeldungen von Infrastrukturminister Gorbach und ÖVP-Staatssekretär Kukacka hervor. Nicht die Regierung habe eingelenkt, sondern die Gewerkschaften "aus Verantwortung um die Republik Österreich"; schließlich habe auch der Druck der Wirtschaft dazu geführt, dass Schüssel einigermaßen Gesprächsbereitschaft signalisiert habe.

Dialogverweigerung sei das politische Credo Schüssels, so Darabos weiter. Der SPÖ-Bundesgeschäftsführer erinnerte an die Verhandlungen um die Pensionsreform, die Steuerreform, das Durchpeitschen des Abfangjägerkaufs und die "dilettantisch vorbereitete Privatisierung der Voest".

Für Darabos ist es nicht verwunderlich, dass Schüssel nun Finanzminister Grasser noch stärker in die ÖVP integrieren will. Die beiden würden sich "im kalten Kurs der Belastung von Klein- und Mittelverdienern, der Entlastung von Besserverdienern und im neoliberalen Kurs treffen". Es sei aber ebenso wenig verwunderlich, dass sich mittlerweile einige ÖVP-Politiker, die noch auf christlich-sozialem Kurs seien, "relativ offen", etwa Niederösterreichs Landeshauptmann Pröll, dagegen wehren.

 

 Lopatka: ÖBB - vom Staatsbetrieb zum Wirtschaftsunternehmen
»Dialogverweigerung der Regierung« ist unhaltbare Behauptung des SPÖ-Bundes- geschäftsführers
Wien (övp-pk) - Mit einiger Verwunderung hat ÖVP- Generalsekretär Abg.z.NR Dr. Reinhold Lopatka am Dienstag (18. 11.) auf die Ausführungen des SPÖ-Bundesgeschäftsführers Mag. Norbert Darabos zur ÖBB-Reform reagiert. Der Regierung "Dialogverweigerung" vorzuwerfen, sei eine unhaltbare Behauptung einiger SPÖ-Vertreter.

"Insgesamt hat es zur ÖBB-Reform mehr als ein Dutzend Verhandlungen auf politischer und drei weitere auf betrieblicher Ebene gegeben", betonte Lopatka: "Wer angesichts dieser Fakten von Dialogverweigerung spricht, hat entweder die letzten Monate verschlafen, oder er sagt bewusst die Unwahrheit", so der ÖVP- Generalsekretär.

Wer den ÖBB ein Konsum-Schicksal ersparen ersparen möchte, muss es schaffen, aus einem unterdurchschnittlich produktiven Staatsbetrieb ein modern strukturiertes Wirtschaftsunternehmen zu machen, so Lopatka. Die ÖBB-Reform sei daher notwendig und erlaube kein weiteres Verschieben: "Der massive Handlungsbedarf bei der Neustrukturierung der Bahn ist augenscheinlich. Fast alle anderen europäischen Staaten haben die entsprechenden EU-Richtlinien zur Öffnung der Schienenwege für Schienenverkehrsunternehmen bereits umgesetzt. Es ist Zeit, auch den ÖBB-Schienenweg von Güter- und Personenverkehr zu trennen und sie in eigenständigen Unternehmen zu organisieren."

Schließlich ging Lopatka auf die Behauptung des SPÖ- Bundesgeschäftsführers ein, die Regierung habe Zusagen gemacht, nur damit der Streik beendet werde: "Die Regierung hat stets signalisiert, dass sie verhandlungsbereit ist, aber eben nicht, solange ein unnötiger Streik dem Unternehmen ÖBB und auch dem Wirtschaftsstandort schweren Schaden zufügt, so Lopatka. "Dass hat glücklicherweise auch die Eisenbahnergewerkschaft eingesehen und ihren Streik beendet", sagte der ÖVP-Generalsekretär. Aber diese letzten Endes verantwortungsvolle Entscheidung werde vom SPÖ- Bundesgeschäftsführer anscheinend nicht goutiert. "Nur so ist zu erklären, dass er in der jetzigen Situation, in der alle Beteiligten auf Gespräche setzen, den Eindruck erweckt, sich die Streik-Situation zurück zu wünschen", so Lopatka abschließend.

 

 Walch: ÖGB soll auch Nicht-Mitglieder entschädigen
ÖGB bekommt erhebliche Summen von AK, in der alle Mitglied sind
Wien (fpd) - "Ich fordere den ÖGB und den an seiner Spitze stehenden Fritz Verzetnitsch auf, aus der Gewerkschaftskasse auch Nicht-Mitglieder unter den ÖBB-Bediensteten für die Zeit des Streiks zu entschädigen", erklärte heute der stellvertretende FPÖ-Bundesparteiobmann Abg. Max Walch. "Immerhin wurden viele Mitarbeiter - ob sie nun Gewerkschaftsmitglieder sind oder nicht - gegen ihren Willen zum Streik mehr oder weniger gezwungen. Man kann es kurz vor Weihnachten doch niemandem zumuten, auf das gesamte Geld von dreieinhalb Arbeitstagen zu verzichten."

"Alle Arbeitnehmer sind aufgrund der Zwangsmitgliedschaft automatisch Mitglieder der Arbeiterkammer, die mit millionenschweren Summen die Gewerkschaft mitfinanziert. Geht es also tatsächlich um die Interessen der Arbeitnehmer und nicht um die Interessen der Gewerkschaft, so dürfte einer Entschädigung aller vom Streik betroffenen ÖBB-Bediensteten nichts im Wege stehen. Ansonsten sind die ÖGB-Subventionen von der Arbeiterkammer zu überdenken. Denn das Geld der AK muß schließlich allen ihren Mitgliedern zugute kommen", schloß Walch.

 

 ÖBB-Reform ist in geplanter Form falsch
Fahrplan der Regierung nicht akzeptabel - Schwarz-blau plant doppelte Verschlechterungen
Wien (grüne) - Die von der Regierung geplante Strukturreform bei den ÖBB ist für die Grünen der falsche Weg. Der stv. Klubobmann und Sozialsprecher Karl Öllinger erklärte, schwarz-blau gehe es nur um den Abbau von Arbeitsplätzen, ohne aber ein Konzept zu haben, wie "mehr Wachstum für die Schiene herbeigeführt werden könne. Davon ist nichts zu sehen. ÖVP und FPÖ planen damit eine doppelte Verschlechterung und das ist fatal".

Es müsse möglich sein, die Strukturreform in Frage zu stellen. "Drei Viertel der ÖsterreicherInnen tun das. Von der Vorarlberger Landesregierung über die Oppositionsparteien bis hin zum Rechnungshof. Alle sagen, dass das schwarz-blaue Konzept falsch ist. Das führt nicht zu einer Kostenminderung, sondern möglicherweise zu Mehrkosten. Und das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen", kritisiert Öllinger.

Dazu käme die Zerschlagung von Unternehmensstrukturen. "Das bedeutet unter Umständen, dass das Unternehmen nicht mehr lebensfähig ist". Die ÖBB wären nach der von der Regierung geplanten Reform "wahrscheinlich nach den britischen Eisenbahnen das nächste Unternehmen, das in ein paar Jahren in einzelnen Unternehmenssparten so marod ist, dass es wieder vom Bund saniert werden müsste".

Als "gute Vorleistung" für die Gespräche zur Dienstrechtsreform sieht es Öllinger, wenn Staatssekretär Helmut Kukacka, der den EisenbahnerInnen immer Privilegien vorhalte, "selbst mit gutem Beispiel voran geht. Kukacka soll über eine einzelvertragliche Regelung, die ihn selber betrifft, auf seine Pensionsprivilegien verzichten. Und Kukacka hat gewaltige Privilegien", so Öllinger.
     
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