»Europa landet auf dem Mars«  

erstellt am
27. 11. 03

Die ESA-Sonde Mars Express soll zu Weihnachten ihr Ziel erreichen
Paris (esa) - Die im Auftrag der ESA von einem europäischen Industriekonsortium unter der Leitung von Astrium gebaute Sonde war am 2. Juni mit einem russischen Sojus-Träger des Betreibers Starsem von Baikonur (Kasachstan) aus gestartet worden. Sie führt sieben wissenschaftliche Instrumente mit, die eine Reihe von Fernerkundungsexperimenten durchführen sollen, um uns neue Erkenntnisse über die Atmosphäre, die Struktur und die Geologie des Mars zu vermitteln. Insbesondere soll das in Großbritannien entwickelte Landegerät Beagle 2 mit seinen exobiologischen und geochemischen Untersuchungen entscheidend zur Suche nach Spuren von Leben auf dem Mars beitragen.

An Bord von Mars Express wurde inzwischen die Funktionstüchtigkeit der Instrumente überprüft. Die Sonde hat ihren ersten Stromversorgungstest nach der riesigen Sonneneruption vom 28. Oktober bestanden. Am 17. November wurde die Bordsoftware nach mehreren Aktualisierungen „eingefroren“, und die Sonde fliegt nun ruhig ihrem Ziel entgegen.

Die erste Herausforderung steht an, bevor der Mars-Express-Orbiter überhaupt in die Marsumlaufbahn eintreten und die Mission damit beginnen kann: Zunächst muß Beagle 2 sicher ins Ziel geführt werden. Diese Aufgabe, die am 19. Dezember beginnt, ist nicht ohne Risiko.

Um das Landegerät am vorgesehenen Punkt ausklinken zu können, befindet sich Mars Express auf einem Kollisionskurs mit dem Roten Planeten, da das Landegerät über kein eigenes Antriebssystem verfügt und daher bis zum genauen Abwurfpunkt „getragen“ werden muß. Dies bedeutet indes, daß der Orbiter sofort nach dem Ausklinken abdrehen muß, um nicht auf dem Mars einzuschlagen.

Während der Reise bekommt Beagle 2 seinen elektrischen Strom von der Muttersonde. Nach dem Ausklinken jedoch verfügt es bis zu dem Zeitpunkt, an dem es nach der Landung seine Solarzellenflügel voll entfaltet hat, lediglich über eine Batterie, die höchstens 6 Tage lang funktionsfähig ist. Deswegen muß Mars Express das Landegerät wie eine fürsorgliche Mutter genau zum richtigen Zeitpunkt ausklinken, um sicherzustellen, daß es genug Strom für seinen Abstieg zur Oberfläche hat.

Erst dann kann der Orbiter durch rasches Zünden seiner Schubdüsen seine Richtung ändern und von seinem Kollisionskurs in seine Zielbahn um den Mars einschwenken. Dieses Manöver - das Absetzen eines Landegeräts ohne Antriebssystem auf einem Planeten und der unmittelbar darauf folgende Eintritt in eine Umlaufbahn - ist eine Premiere.

Da all diese Manöver zeitkritisch sind und kaum Spielraum lassen, mußte das Bodenkontrollteam sämtliche möglichen Szenarien (darunter Pannen und Probleme an Bord und am Boden) durchspielen, um sicherzugehen, daß nichts dem Zufall überlassen wird.

Das Team übt seit September unter sehr realistischen Bedingungen und verwendet dabei die Computer und das Gerät, die in dieser Missionsphase zum Einsatz kommen werden. Zwar kann die Sonde nicht direkt mit einbezogen werden, aber ihr Verhalten wird mittels eines ausgeklügelten Computerprogramms unter Verwendung der echten Flugsoftware simuliert. Diese Übungen, die jeweils mindestens einen Tag dauern, decken alle denkbaren Fälle vom Ausfall eines Bordinstruments bis zu einem Brand im Kontrollraum ab. Eine der Simulationen findet während der Pressekonferenz am 3. Dezember statt.

Bei den Bodenkontrolleuren der ESA im ESOC hingegen ist eine Zeit höchster Aktivität angebrochen. Sie proben aktiv die Reaktionen auf sämtliche Fälle, die eintreten könnten, wenn Mars Express das Landegerät Beagle 2 ausklinkt und dann auf eine Marsumlaufbahn einschwenkt. „Die Mission Mars Express stellt höchste Anforderungen an die Betriebsmannschaft. Dank der in vielen Jahren mit experimentellen Missionen gewonnenen Erfahrungen sind wir auf unvorhergesehene Ereignisse vorbereitet. Die Satellitenkontrolleure werden diese neue Herausforderung meistern“, sagte Gaele Winters, der ESA-Direktor für Technische und Betriebliche Unterstützung.

Anläßlich der Ankunft der Sonde an ihrem Ziel finden vier Medienveranstaltungen statt. Die nächste ist für Mittwoch, den 3. Dezember im ESOC (Darmstadt, Deutschland) geplant (siehe Pressemitteilung Nr. 74-2003); dabei sollen das erste HRSC-Bild präsentiert und weitere Informationen über die wissenschaftlichen Erwartungen an die Mission bekanntgegeben werden. Sämtliche Hauptexperimentatoren werden ihre Instrumente und die ersten Test- und Betriebsergebnisse vorstellen (siehe beigefügtes Programm).

Die Veranstaltung kann in der ESA-Hauptverwaltung (Paris, Frankreich) sowie in den Niederlassungen ESTEC (Noordwijk, Niederlande) und ESRIN (Frascati, Italien) auch über Videokonferenz verfolgt werden. Interessierte Medienvertreter werden gebeten, das beigefügte Formular auszufüllen und per Fax an das Kommunikationsbüro der Einrichtung ihrer Wahl zu senden.
 
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