erstellt am
26. 11. 03

Schüssel: Österreicher waren immer auf der Seite des Europäischen Parlaments
Wien (övp-pk) - Zu Beginn seiner Wortmeldung in der Sitzung des EU-Hauptausschusses würdigte Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel am Dienstag (25. 11.) den Gast der Sitzung, den Präsidenten des Europäischen Parlaments Pat Cox und erinnerte an dessen positive Rolle im Jahr 2000. "Pat Cox hat uns damals als Leiter der europäischen Liberalen immer zugehört, uns beraten und geholfen. Das werden wir ihm nie vergessen", so Schüssel.

In der Folge ging der Bundeskanzler auf das europäische Hauptthema der nächsten Wochen, die europäische Verfassung, ein. "Die Österreicher waren immer auf der Seite des Europäischen Parlaments und haben darin immer einen ebenso natürlichen Allianzpartner gesehen wie in der EU-Kommission." Die heutige Ecofin-Sitzung sei ein Grund mehr, diese Institutionen zu stärken. Schüssel: "Ich halte es für außerordentlich bedauernswert, dass man für die Budgets von Deutschland und Frankreich eine politische Vorgangsweise außerhalb des Stabilitätspaktes gewählt hat. Das ist ein schwerer Schaden für die künftige Glaubwürdigkeit der europäischen Finanz- und Stabilitätspolitik." Im Inhalt sei die gefundene Linie zwar akzeptabel, diese hätte aber innerhalb der Spielregeln des Stabilitätspaketes gefunden werden müssen. "Es darf nicht sein, dass man Spielregeln außer Kraft setzt, nur weil es sich um die größten Länder der Europäischen Union handelt. Ich halte das für einen Sündenfall und der heutige Tag ist kein Tag der Freude", betonte Schüssel. Daraus ergebe sich auch Handlungsbedarf beim Verfassungsentwurf: "Hier ist der Konventsentwurf nicht perfekt, weil er eine solche Blockade ermöglicht."

Weiters kam der Bundeskanzler auch auf das Thema Verkehr und Transit zu sprechen. "Anfänglich hatte Österreich große Mühe, die Kommission und den Rat zu überzeugen, doch es ist einigermaßen gelungen. Daher hatten wir nicht erwartet, dass das Europäische Parlament wenig später hinter die Beschlüsse von Kommission und Rat zurückgehen würde. Jetzt hört das Parlament stärker auf unsere Argumente und einzelne Mitglieder des Rates verhärten sich. Ich bin daher für die Verhandlungen heute Abend sehr skeptisch. Einem Scheinkompromiss in Form eines teuren Zählsystems werden wir nicht zustimmen", kündigte Schüssel an. "Künftig brauchen wir eine neue, moderne Wegekostenrichtlinie, wobei über den Alpen die gleichen Wettbewerbsbedingungen herrschen sollten", sprach Bundeskanzler vor allem die Schweizer Bedingungen an. "Ich hoffe, dass unsere Argumente den europäischen Abgeordneten einleuchten werden."

Schließlich betonte Schüssel noch das Anliegen, auch den Euratom-Vertrag in die Verfassung zu integrieren. Österreich wird dies weiter thematisieren.

Als letzten Punkt sprach der Bundeskanzler auch das Thema Finanzen an. Die Finanzen der EU werden heute zu fast zwei Drittel aus den nationalen Beiträgen gebildet. "Die Union wird mit diesem Geld künftig nicht auskommen", so Schüssel. Es wäre daher klug, die nationalen Beiträge abzusenken und dafür eigene Finanzressourcen - etwa eine Kerosinsteuer oder eine Kapitalsteuer - einzuführen, die die EU finanzieren. Insgesamt könnte diese Vorgangsweise zu einer Entlastung der Bürger führen. "Ich erwarte mir zu diesen Vorschlägen eine längerfristige Diskussion", schloss Bundeskanzler Schüssel.

 

 Transit: Darabos wirft der Regierung Säumigkeit vor
»Bankrotterklärung der Umwelt- und Verkehrspolitik«
Wien (sk) - SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos wirft der Regierung in der Transit-Frage Säumigkeit vor. Es wäre für die schwarz-blaue Regierung genug Zeit gewesen, eine Nachfolgeregelung für den Transitvertrag auszuverhandeln. Dies sei aber nicht geschehen: "Der Schuldige ist Kanzler Schüssel, Leidtragende sind die ÖsterreicherInnen und Österreicher - und zwar nicht nur im Westen, auch im Osten", sagte Darabos am Dienstag (25. 11.).

Die Regierung habe kampflos aufgegeben, verwies Darabos am Dienstag in einer Pressekonferenz auf die jüngste Aussage von Kanzler Schüssel, wonach er nicht mehr viel Hoffnung auf eine Lösung habe. Der SPÖ-Bundesgeschäftsführer sprach von einer "Bankrotterklärung der Umwelt- und Verkehrspolitik".

Derzeit fahren 1,5 Millionen Lkw durch Österreich, im nächsten Jahr werden es 2,5 Millionen sein. Wenn man davon ausgehe, dass die Beitrittswerber in weiterer Folge durch die erhoffte Wohlstandssteigerung mobiler werden, werde sich die Verkehrssituation noch weiter verschärfen, sagte Darabos.

Die Behauptung der Regierung, dass frühere Regierungen nicht ordnungsgemäß gehandelt hätten, ließ Darabos nicht gelten. Die SPÖ-Verkehrsminister hätten den Transitvertrag ausgearbeitet, für die Regierung Schüssel sei genug Zeit gewesen, eine Nachfolgeregelung auszuverhandeln.

 

Rack: Alle Elemente für eine Transitlösung liegen auf dem Tisch
Letzte Verhandlungsrunde mit völlig offenem Ausgang
Brüssel (evp-ed) - "Wir haben ein Ziel vor Augen: Bis zum Inkrafttreten der EU-Wegekostenrichtlinie ein System in Österreich zu bekommen, das den Unternehmen Anreize für einen Umstieg auf umweltfreundlichere LKW bietet und damit einen echten umwelt- und verkehrspolitischen Steuerungseffekt bringt. Ob und inwieweit wir dieses Ziel erreichen, wird die heutige letzte Verhandlungsrunde des Transit-Vermittlungsausschusses in Brüssel zeigen", sagte der steirische Europaparlamentarier Univ. Prof. Dr. Reinhard Rack am Dienstag (25. 11.) vor Journalisten in Brüssel. "Die Elemente, die zu einer Lösung führen können, liegen auf dem Tisch. Jetzt muss sich zeigen, ob alle bereit sind, sich entsprechend zu Gunsten Österreichs zu bewegen", so der ÖVP-Abgeordnete.

Primäre Herausforderung für die heutigen Verhandlungen sei, die Basis der Verhandlungen so nahe wie möglich an das Zahlenmaterial für 2003 heranzubringen. "Eine effektive Reduktion der Gesamtanzahl der Ökopunkte ist nur auf Basis des jetzigen Jahres möglich. Nur so werden wir ein System erreichen können, dass genügend Technologieumstellungsanreize bietet, um ein reines Zählsystem zu vermeiden", so Rack.

In den Beratungen habe es auch den Vorschlag gegeben, diejenigen LKW, die fünf Ökopunkte pro Fahrt verbrauchen, auch schon 2005 und nicht wie bisher vorgesehen erst 2006 in das Ökopunktesystem einzubinden. "Für diesen Vorschlag werde ich mich gemeinsam mit meinem Kollegen Hannes Swoboda heute Abend massiv einsetzen", betonte Rack.

Am Ende müsse das Ziel stehen, so wenig Ökopunkte wie möglich im System zu belassen. Daher müsse man auch dafür sorgen, dass die Beitrittsländer zu den selben Bedingungen wie die jetzigen EU-Mitgliedstaaten in das Ökopunktesystem einbezogen werden. "Wir haben heute Abend einiges vor. ÖVP und SPÖ-Vertreter setzen sich in jedem Fall bis zur letzten Minute für eine halbwegs verträgliche Lösung ein. Für mich sehr enttäuschend ist jedenfalls das Verhalten der Grünen, die bereits jetzt schon ihre Ablehnung jeder Lösung angekündigt haben. Das wird Österreich erneut nicht helfen", so Rack abschließend.

 

 Bleckmann weist Darabos Äußerungen zurück
Wien (fpd) - Als völlig realitätsfern bezeichnete FPÖ-Generalsekretärin Magda Bleckmann die Aussagen von SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos am Dienstag (25. 11.). "Wenn ein Herr Darabos die Themenführerschaft der SPÖ zu verkaufen versucht, soll er einmal den Bürger auf der Straße befragen, wofür denn die SPÖ konkret steht. Grundsätzlich alles abzulehnen, ist noch lange kein Konzept", so Bleckmann.

30 Jahre lang Österreich in eine Schuldenfalle zu manövrieren und danach die notwendigen Reformen der Bundesregierung zu bekämpfen, zeuge von beispielloser Realitätsverweigerung der Damen und Herren Genossen. "Wer stolz darauf ist, durch Verunsicherung der Menschen und Angstmacher-Kampagnen Wahlen zu gewinnen, entlarvt sich selbst als nicht regierungsfähig", bekräftigte Bleckmann abschließend.

 

Van der Bellen warnt Regierung vor »Verschaukelung« der Bevölkerung
EU-Kompromiss wird zu explosionsartiger Zunahme des LKW-Transits führen. Grüne für innerstaatliche Maßnahmen
Wien (grüne) - "Die heute in Brüssel zur Diskussion stehenden Kompromissvarianten werden zu einer explosionsartigen Verkehrszunahme im LKW-Transit führen. Die Bundesregierung wäre gut beraten, dieses Debakel einzugestehen und den AnrainerInnen entlang der Transitrouten nicht länger Sand in Augen zu streuen", warnt der Bundessprecher der Grünen, Alexander Van der Bellen, am Dienstag (25. 11.) die österreichische Bundesregierung im Vorfeld des Vermittlungsausschusses vor einer Zustimmung zu einem "faulem Kompromiss und einer weiteren Verschaukelung der Bevölkerung in der Transitfrage". "Die Verkehrspolitik der letzten 15 Jahre hat Österreich in eine Sackgasse geführt. Die Regierung wäre gut beraten, wenigstens jetzt, 5 Minuten nach 12, und aus dem Versagen die einzig mögliche Konsequenz zu ziehen: nämlich die österreichische Verkehrs- und Transitpolitik auf völlig neue Beine zu stellen."

Ein Neustart der Verkehrspolitik muss nach Ansicht Van der Bellens - neben massiven Bahn-Investitionen - im LKW-Bereich auf innerstaatliche Maßnahmen setzen. "Die Bundesregierung ist bisher vor der heimischen Frächterlobby in die Knie gegangen. Bislang ist es nicht einmal gelungen, ein wirklich funktionierendes und mit ausreichend Personal ausgestattetes Kontrollnetz einzurichten. Ein Eindämmen der LKW-Transit-Lawine wird nur gelingen, wenn die Regierung endlich bereit ist, LKW-Obergrenzen einzuführen, die LKW-Maut drastisch anzuheben oder Nachtfahrverbote zu verhängen", so Van der Bellen.
     
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